Nichts Als Ärger
dabei möglicherweise nur um eine dreiste Lüge handelte, so erzielte er damit dennoch die erwünschte Wirkung, denn Subar war Feuer und Flamme. Das Adrenalin schoss bei ihnen allen derart intensiv durch die Adern, dass die Durchführung des Coups bereits Belohnung genug zu sein schien und die Erlangung der Ware beinahe nebensächlich wurde.
Das Gebäude, in dem die Goalaa-Gesellschaft ihren Sitz hatte, gehörte zusammen mit Dutzenden ähnlicher unscheinbarer Bauwerke zu einem von zahlreichen Industrieblöcken, die die Randbezirke von Malanderes gewaltigem Raumhafen okkupierten. Um zwei Uhr früh war selbst der Geschäftsverkehr zum Erliegen gekommen. Der Tagesdunst hatte dem nächtlichen Nebel Platz gemacht, der von der nahegelegenen See hergetragen wurde. Am Himmel waren keine Monde zu sehen, da diese bereits vor Stunden hinter dem finsteren Horizont versunken waren. Für das, was Chaloni und seine Freunde vorhatten, schien es die perfekte Nacht zu sein.
Ganz allein ging Subar auf die Westseite des Gebäudes zu. Es störte ihn nicht, keine Gesellschaft zu haben, da es für ihn nichts Ungewöhnliches war, außerdem hatte Chaloni gesagt, dass alle anderen auch alleine vorgehen würden. Seine Lage war also nicht besser als die von Sallow Behdul, Zezula oder Chaloni selbst. Dennoch fühlte er sich ein wenig unsicher. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als hineinzugehen, wenn ihm seine Uhr sagte, dass die Zeit dafür gekommen war.
Die Konsequenzen, wenn er seine Gefährten jetzt, zu diesem überaus kritischen Zeitpunkt, verließ, wären schlimmer gewesen als alles, was ihm im Inneren dieses Gebäudes zustoßen konnte.
Falls er überhaupt hineingelangte.
Auf der Straße, die das Goalaa-Lager vom gegenüberliegenden Depot trennte, war es totenstill. Keine Transportmittel fuhren herum, keine Skimmer waren auf den Luftwegen über den Dächern unterwegs. Das hatten sie nur dieser späten Stunde zu verdanken. In dem Negsuit, den Chaloni für ihn gekauft hatte, huschte Subar über die Straße zu dem Lkw-großen Plastikcontainer, der direkt vor der Wand des Gebäudes stand. Der industrielle Abfall wurde zwar korrekt verbrannt und vor Ort komprimiert, doch das daraus entstandene, pulverisierte Material besaß noch immer einen recycelbaren Wert. Immer wenn ein vorgegebener Füllstand erreicht war, informierte der Speicherbehälter ein automatisches Abholfahrzeug, dass die Zeit für die Entleerung gekommen war.
Als er den knallorangen Behälter erreichte, wäre er fast aus seinem eng anliegenden neuen Kleidungsstück gesprungen, da in diesem Moment ein Paar Xuelms vorbeiwirbelte. Die nachtaktiven Fleischfresser, die dank ihrer dunkelgrauen Farbe mit der Finsternis verschmolzen, rollten und hüpften die Straße hinunter und streckten mehrere Dutzend ihrer fingerlangen Fühler aus, während sie die Augen aus Schutz vor dem Kontakt mit dem Pflaster geschlossen hatten. Berührte ein Fühler etwas Warmes und Lebendiges, veränderten die Xuelms augenblicklich ihre runde Gestalt, um es einzuwickeln und zu verschlingen. Da sie nebeneinander herglitten, waren sie außerdem in der Lage, einen größeren Teil der Straße abzudecken, als wenn sie allein auf die Jagd gingen.
In den Ebenen von Visaria war es nicht ungewöhnlich, Rudeln aus Dutzenden oder mehr dieser Wesen zu begegnen, die rasch dahinrollten und in langer, gerader Linie ein ausgewähltes Feld abdeckten. Die meisten hielten sich in den weniger entwickelten und besiedelten Vororten auf, aber einige hatten sich auch in die Stadt hineinbewegt und lebten dort, wo sie von der Bevölkerung entweder ignoriert oder toleriert wurden. Da sie sich nicht zu größeren Rudeln zusammenschließen konnten, ohne von den Behörden bemerkt und verfolgt zu werden, stellten ein paar jagende Xuelms für niemanden, der älter als zehn Jahre war, eine wirkliche Gefahr dar. Mit etwa einem Drittel Meter Durchmesser war auch keine dieser beiden Kreaturen eine Bedrohung für Subar. Sie hatten ihn zwar erschreckt, doch daraufhin änderten sie die Richtung, um sich von dem jungen Mann zu entfernen, der für sie gefährlicher werden konnte als sie für ihn.
Sauer auf sich selbst, dass er sich von den unbedeutenden Xuelms hatte aus der Ruhe bringen lassen, drehte sich Subar wieder zu der glatten Oberfläche um und begann zu klettern, indem er die aktivierten Saugpads, die an seinen Händen und Knien angebracht waren, einsetzte. Solange ihre Energie ausreichte, konnte er an jeder vertikalen
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