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Nichts als Erlösung

Nichts als Erlösung

Titel: Nichts als Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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notiert und Sieverts Adresse per Halterabfrage ermittelt. Als Polizist war das kein Problem. Auch seine Spuren am Tatort fielen ja nicht auf.
    Ein paar Sekunden lang herrscht Ruhe bei den Kollegen, als Manni diesen Schnelldurchgang beendet hat, dann bricht die Hölle los: Unglaube, Betroffenheit und Wut. Gebrüll und Gerenne. Hektische Telefonate. Eine Anfrage beim Flughafen. Ein Hilfegesuch in Athen und auf Samos. Dringend, sehr dringend. Bereits gestern Morgen, direkt nachdem er die letzte Fotosendung an die Krieger eigenhändig in die KTU gebracht und mit ihr telefoniert hatte, hat Schneider sich krankgemeldet. Jetzt ist er nicht zu erreichen. Genauso wenig wie Judith Krieger und Lea Wenzel.
    Er ist auf Samos, denkt Manni, deshalb hat er uns das Meerfoto hinterlassen, einen zynischen Gruß. Er hat den letzten Akt seines Spiels eingeläutet, nein, er ist schon mittendrin, ist uns weit voraus, nicht mehr zu stoppen. Er war längst auf Samos, als Lea bei Judith anrief. Er hat Lea gezwungen, den Lockvogel zu spielen, und hat inzwischen auch die Krieger in seiner Gewalt. Zwei Menschen, drei, wenn man das Kind mitrechnet. Leas und Jonas’ noch ungeborenes Kind, der letzte Nachfahre der Familie Vollenweider. Aber was hat er mit der Krieger vor? Will er sie töten, weil er sie für seine Exfrau hält?
    Sie fahren mit mehreren Einsatzwagen zu Schneiders Wohnung, die kaum zwei Minuten entfernt vom Polizeipräsidium in der Taunusstraße liegt. Gremberg heißt dieser Stadtteil offiziell, aber das Proloviertel Kalk liegt gleich um die Ecke. Hier zieht man nur hin, wenn man keinen Wert auf Kinos, Theater und gehobene Gastronomie vor der Haustür legt, sondern aufs Praktische setzt: Eckkneipe, Schnellimbiss, Kiosk, Discounter. U-Bahn und S-Bahn fast vor der Nase. Das Haus ist ein Altbau, Schneider wohnt nach hinten raus, im zweiten Stock. Nichts rührt sich drinnen, als sie Sturm klingeln. Natürlich nicht, denkt Manni, wie denn auch, Schneider ist nicht mehr hier.
    Sie brechen die Tür auf und gehen rein, sichernd, man kann ja nie wissen. Ein schmaler Flur ohne Tageslicht, direkt links am Eingang das WC, die nächste Tür links führt in einen Raum, der als Schlafzimmer dient, von dort gelangt man in ein Bad, in dem so gerade eben Waschbecken und Duschwanne Platz fanden.
    »Sauber!«, brüllen die Kollegen, die durch den Flur in den hinteren Teil der Wohnung gerannt sind.
    Manni schiebt seine Walther zurück ins Holster. Schneiders Schlafzimmer ist ein Männerzimmer, penibel aufgeräumt, ohne jeden Charme. Schwarz, Blau und Grau dominieren. Das Bett wirkt wie ein Feldbett, Decke und Kissen sind so akkurat glatt gezerrt, dass jeder Bundeswehrausbilder, der mit Neuzugängen zu tun hat, in Freudentränen ausbrechen würde. Ein Kopfkissen nur.
    Ein Nachttisch mit Wecker, Halogenspot und Fernbedienung, ein Fernseher an der Wand gegenüber. Kleiderschrank, Herrendiener und eine Universalfitnessbank sind die einzigen anderen Einrichtungsgegenstände. Neben der Fitnessbank liegen Hanteln. Den Minibalkon vor diesem Zimmer hat Schneider vermutlich kaum je betreten, Moos und Herbstlaub kleben auf dem Boden, unten im Hof reihen sich Mülltonnen aneinander. Im Bad ist alles blank gewienert und aufs Allernötigste reduziert. In der Duschkabine gibt es nicht mal Shampoo oder Duschgel, nur ein Stück Seife, was merkwürdig altmodisch wirkt. Der Abfalleimer ist leer.
    Er läuft zurück in den Flur, prallt dort um ein Haar gegen einen Kollegen von der Streife, der schon wieder auf dem Rückweg ist.
    »Du musst dir das Zimmer hinter der Küche ansehen«, sagt der. »Das ist krank, richtig krank.«
    Krank, ja natürlich. Gestört. Pathologisch. Was soll man auch sonst von einem Mann erwarten, dessen Mission es ist, eine ganze Familie auszulöschen. Manni läuft weiter, der Flur endet in einer aseptisch wirkenden Küche. Zwei Stühle, Tisch, Küchenzeile, Kühlschrank, nicht mal ein Teelöffel liegt in der Spüle, nirgendwo Schnickschnack, kein einziges Bild an der Wand, genau wie im Schlafzimmer. Er denkt an seine eigene Wohnung, der die viel gerühmte weibliche Handschrift ebenfalls fehlt. Aber bei ihm gibt es Anzeichen von Leben, und in Stressphasen regiert unweigerlich das Chaos: Schmutzwäsche, Altglas, Pizzakartons, Spülberge. Nichts, was Frauen besonders schätzen, auch sein Sandsack ist Geschmackssache. Außer Sonja hat kaum eine seiner Eroberungen mehr als einmal bei ihm übernachtet, nach der ersten Nacht hieß es meist: Komm doch zu

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