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Nichts als Erlösung

Nichts als Erlösung

Titel: Nichts als Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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gibt schließlich auch seine Taten. Die Tatorte. Die Opfer und nun endlich auch ein plausibles Motiv. Es ist völlig unmöglich, dass er nicht doch einen Fehler gemacht hat, der ihn überführt. Vorerst hat er die Nase allerdings vorn, und wie um ihnen zu beweisen, wie doof sie sind, schickt er ihnen auch noch ominöse Briefe mit Fotos. Warum das, und warum adressiert er die ausgerechnet an Judith Krieger? Noch so eine Frage, die sich nicht beantworten lässt. Noch so eine Frage, die sie aber dennoch ganz dringend beantworten müssen.
    Oben im KK 11 tippt Manni einen ersten Bericht und bringt den Antrag auf einen Durchsuchungsbeschluss auf den Weg, damit sie möglichst schnell Zugriff auf die Personaldaten des Jugendamts bekommen, die die Schwab nicht herausrücken wollte. Danach holt er sich eine große Flasche Cola, legt die Füße auf den Schreibtisch und überfliegt die Kopien, die sie ihm mitgegeben hat: eine Artikelserie aus dem Magazin Spiegel und den Entwurf einer Studie, die der Landschaftsverband Rheinland in Auftrag gegeben hat, um die Geschichte der Heime aufzuarbeiten.
    Das alles fängt ja gerade erst an, hat Elke Schwab erklärt, man hatte von den Missständen in den Heimen ja lange nichts gewusst. Erst seit ganz kurzer Zeit brechen einige ehemalige Heimkinder ihr Schweigen. So ist das eben bei Traumata, die Seele braucht Jahre, meist sogar Jahrzehnte, die Verletzungen zu verwinden. Zuerst geht es einfach ums Überleben, man steht unter Schock, ist nicht in der Lage zu reflektieren, was einem geschah, drängt es beiseite, macht einfach weiter. Das trifft doch auf die Kriegsgeneration genauso zu. Jetzt werden die alt, auf einmal kommen Erinnerungen hoch, sie weinen plötzlich und reden drüber, was ihnen damals geschehen ist. Oder auch nicht, denkt Manni, und dann geht es trotzdem irgendwann nicht mehr, dann platzen die alten Wunden auf, entladen sich in Gewalt. Solche Storys hat er schon in zig Vernehmungen gehört.
    Rastlosigkeit treibt ihn wieder raus aus dem Büro, zurück in den Wagen. Der Tag geht zu Ende, ohne dass sie wesentlich weitergekommen sind. Vielleicht wird es morgen einen Durchbruch geben, vielleicht finden die Kriminaltechniker doch noch etwas, vielleicht sagt Lea Wenzel auf Samos der Krieger irgendetwas, das sie weiterbringt.
    If you love me, I’ll make you the star of my universe. Wieder läuft dieser Song im Radio, zum dritten Mal seit gestern schon, fast wie der Soundtrack in einem Road-movie kommt ihm das vor. Er fädelt sich in den Verkehr Richtung Severinsbrücke, erreicht Sonjas Wohnung in fünf Minuten. Sie öffnet nicht auf sein Klingeln, geht auch nicht an ihr Handy. Seit Sonntag hat er sich nicht mehr bei ihr gemeldet, seitdem steht seine Antwort auf ihre Frage noch aus, auf einmal wird ihm das klar. Seine Antwort, die ihm noch immer nicht über die Lippen will. Er dreht sich um, will wieder gehen, als der Türöffner doch noch summt. Der Anflug von Erleichterung zerplatzt jäh und wandelt sich in etwas, das er lieber nicht genau definieren will. Manni stößt die Haustür auf und nimmt die Treppen zu Sonjas Etage im Laufschritt.
    Sie sieht schrecklich aus, fix und fertig und übernächtigt. Ihre Haare sind strähnig, die Augen verquollen und rot, als hätte sie stundenlang geheult.
    »Sonni, verdammt, was ist passiert?«
    »Ich schaff das nicht.« Sie tastet nach der Wand, lehnt sich dagegen. »Muttersein, Scheiße, wie soll das gehen?«
    Bleib. Bleib jetzt hier. Irgendeine Stimme, die er so nicht kennt, befiehlt ihm das. Langsam, ganz vorsichtig, zieht er Sonja in seine Arme. Fühlt, wie sie sich erst steif macht, fühlt, wie sie dann doch nachgibt und zu zittern beginnt.
    ›Leben‹. Das hat er der Krieger nicht gesagt. Dass das chinesische Zeichen auf seinem Arm einfach Leben bedeutet. Dass es Sonjas Zeichen ist. Sein Bekenntnis zu ihr. Doch als er es tätowieren ließ, hatte er nicht an ein Kind gedacht, hatte das nicht geplant, genauso wenig wie Sonja.
    Es ist stickig hier in der Wohnung. Viel zu warm. Viel zu düster. Draußen vor dem Fenster reflektiert die Abendsonne im Laub der Platanen, jemand ruft etwas auf der Straße, lacht und hupt.
    »Du musst hier mal raus, Sonni, du brauchst frische Luft.«
    »Ich kann nicht.«
    Er legt den Arm um sie, schiebt sie wieder Richtung Tür.
    »Hast du heute schon was gegessen?«
    »Nicht richtig.« Sie schluchzt auf, wischt mit dem Handgelenk über ihre Augen. Tastet nach ihrem Bauch.
    Also Pizza, entscheidet er. Pizza zum

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