Nick aus der Flasche 3
ihm laut in den Ohren.
Plötzlich ertönte eine Lautsprecherdurchsage und Ginger wich zurück.
»Mrs. Lamont!« Es war Phil, der Kapitän. »Ich glaube, ich habe sie gefunden!«
***
»Habt ihr endlich eine Entscheidung gefällt?«, knurrte Cumberland und griff nach dem Bedienteil der Seilwinde. »Ich warte nicht …«
Auf einmal drang eine wilde Melodie an ihre Ohren. Nick erkannte sie sofort: Jemand rief auf Julies Handy an. Sie hatte es sich in die Rocktasche gesteckt.
»Was …« Mit düsterer Miene starrte Cumberland auf Julie. »Du hast ein Telefon dabei? Sie können dich orten!«
Sie schüttelte den Kopf, die Augen panisch aufgerissen. »Nein, das ist bestimmt nur Martin, der …« Als sie urplötzlich nach unten stürzte, stieß sie einen spitzen Schrei aus. Nick hörte, wie es platschte. Julie war ins Wasser gefallen!
»Was tun Sie?« Cumberland hatte auf den Knopf gedrückt. Nicks Herz raste, Flecken waberten vor seinem Blickfeld. Julie war gefesselt, sie würde ertrinken! »Holen Sie sie raus!«
Der Mistkerl machte keine Anstalten, sie zu retten. Im Gegenteil: Er murmelte einen Spruch, der das Seil durchtrennte. Julie war verloren.
Nein! Nick mobilisierte all seine Kräfte und robbte auf die Reling zu. Bitte, Julie durfte nicht sterben! Vor seinem geistigen Auge sah er sie unter Wasser mit ihren Fesseln kämpfen, wobei sie tiefer und tiefer im Meer versank, eingeschlossen von Kälte und Druck, allein mit ihrer unbändigen Angst. Er musste hinterher, musste sie herausholen! Egal, wie schwach er war, er würde es probieren oder bei dem Versuch mit ihr sterben.
Gerade, als er mit einer Hand nach dem Geländer gegriffen hatte, um sich daran hochzuziehen, riss Cumberland ihn zurück. »Du wirst ertrinken, du Idiot! Auf die Kleine kann ich verzichten, auf dich nicht.« Er packte ihn am Haar und zerrte ihn mit sich, doch Nick spürte den Schmerz kaum. All seine Gedanken galten Julie, die dort unten um ihr Überleben kämpfte. Wie lange konnte sie die Luft anhalten? Es war bestimmt schon eine halbe Minute vergangen, vielleicht mehr. Nick hatte sein Zeitgefühl verloren. »Sie können sie nicht sterben lassen«, rief er in seiner Verzweiflung, und erkannte Cumberland kaum vor lauter Tränen.
Nick erinnerte sich an den Hahnenkampf mit Martin und Evan, als Julie untergetaucht war. Sie bekam unter Wasser schnell Panik. Er hatte ihr damals versprochen, niemals zuzulassen, dass sie ertrank. Und er hatte ihren Eltern versprochen, sie zu beschützen.
»Komm endlich«, sagte Cumberland, »wir müssen hier weg, bevor sie uns finden. Und in der Zwischenzeit kannst du mir die Zutaten sagen.«
Der Kerl war wirklich kein bisschen besser als Solomon, für ihn zählte ein Menschenleben nichts.
Nick befiel eine gewaltige Übelkeit. Sein Magen verkrampfte sich, er bekam kaum Luft. Als er sich übergeben musste, ließ Cumberland ihn los.
»Verdammt, ich dachte, es würde dir besser gehen, wenn sie stirbt? Sag mir die Zutaten!«
Nick krümmte sich am Boden zusammen und wollte weiterhin ins Wasser springen, aber er fühlte sich erschöpft wie nie. Was konnte er noch tun?
Verzweifelt wünschte er sich, Julie würde am Leben bleiben, es irgendwie an die Oberfläche schaffen und dort etwas vorfinden, woran sie sich festhalten konnte. Einen Rettungsring, ein Stück Treibholz – egal! Doch er bezweifelte, dass sich sein Wunsch erfüllte. Er war mit seinen Kräften am Ende.
Auf einen Schlag waren seine Schwäche, der Druck auf den Brustkorb und die Gliederschmerzen verschwunden. Befreit atmete er auf.
Was war passiert?
Langsam setzte er sich auf. Er fühlte sich wie neu geboren, nur die Sorge um Julie war geblieben. Aber körperlich ging es ihm hervorragend.
Er wunderte sich, wie das möglich war – dann wusste er es, denn es gab bloß eine Lösung für dieses Phänomen: Julie war tot.
Ertrunken …
Nein … Er sah ihr lachendes Gesicht vor sich, wie sie am Strand herumgealbert hatten, wie sie auf seinem Schoß gesessen hatte, wie sie ihn gehalten hatte, als er mit dem Ast im Körper am Baum gestanden hatte, wie er sie gekitzelt und wild geküsst hatte … Das waren nur noch Erinnerungen. Er hatte Julie verloren. Genau wie Emma.
»Nein!« Er brüllte auf und warf sich auf Cumberland, der offenbar nicht mit einem Angriff gerechnet hatte.
»Was …« Der Magier landete auf dem Boden.
Nick rammte ihm die Faust ins Gesicht, hörte, wie die Nase brach und schlug immer weiter auf ihn ein, bis er Schmerzen in seiner
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