Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
Bettkante. Big Al spielte weiter mit dem Laptop.
»Ich bin letzte Woche ins Haus ihrer Eltern
gekommen«, berichtete ich. »Alle sind tot gewesen. Er ist bei der DEA gewesen und von Leuten umgebracht
worden, die er gekannt hat.« Ich zeigte auf den
Bildschirm. »Hier haben wir Daddys Boß im Gespräch mit Vertretern des Drogenkartells. Das läßt vermuten, daß es innerhalb der DEA Korruption gibt, die den Drogenschmuggel quer durch Florida zu irischen
Terroristen betrifft, die den Stoff dann über Gibraltar nach Europa eingeschleust haben. Allerdings scheint es dabei Ende 1987 gewisse Probleme gegeben zu haben.«
Aber Sabatino hörte kaum richtig zu. Die Vorstellung, ein leitender DEA-Mitarbeiter könnte korrupt sein, nahm ihn sofort gefangen. »So ist’s richtig! Du enttarnst den Hurensohn hoffentlich?«
»Ich weiß noch nicht, was ich tun werde.«
»Scheiße, du mußt ihn enttarnen, Nicky! Ich hasse 436
sämtliche Cops! Ich hasse die DEA! Ich hasse alle Scheißkerle, die mein Leben ruiniert haben. Ihretwegen muß ich wie ein gottverdammter Einsiedler leben. Das ganze Zeugenschutzprogramm des FBI kann mir
gestohlen bleiben!«
Ich fürchtete, die gesamte Frustration der vergangenen fünf Jahre könnte sich jetzt entladen. Dafür hatte ich keine Zeit. »Frankie, ich brauche ein Auto.«
Aber er hörte mir nicht zu. »Sie haben mich ausgenutzt und dann weggeworfen wie einen …«
»Ich brauche ein Auto.«
Er kam langsam wieder auf die Erde zurück. »Okay, für wie lange?«
»Zwei Tage, vielleicht drei. Und ich brauche Geld.«
»Bis wann?«
»Sofort.«
Big Al war ein bißchen komisch und eine traurige
Gestalt: zu weich und unbedarft, um sich in dieser Welt behaupten zu können. Trotzdem tat er mir leid. Mein unerwartetes Aufkreuzen war vermutlich das schönste Erlebnis, das er seit Jahren gehabt hatte. Ein Dasein ohne Freunde und in ständiger Angst vor einem Mordanschlag mußte beschissen sein. Aber auch mir stand ein solches Hundeleben bevor, wenn ich’s nicht schaffte, Simmonds dieses Zeug zu bringen.
Big Al benutzte unser Zimmertelefon, um einen
Autoverleih anzurufen. Da der Wagen erst in ungefähr einer Stunde zugestellt werden würde, machten wir zu dritt einen kleinen Spaziergang zu einem Geldautomaten.
Dort hob er 1200 Dollar von vier Konten ab. »Man weiß 437
nie, wann man mal auf die Schnelle mucho dinero braucht«, erklärte er mir grinsend. Vielleicht war er doch nicht so unbedarft.
Als wir wieder im Zimmer waren und auf den
Leihwagen warteten, spürte ich, daß Big Al noch etwas auf dem Herzen hatte. In der vergangenen halben Stunde hatte er offenbar intensiv über etwas nachgedacht.
»Möchtest du etwas Geld verdienen, Nicky – richtig Geld?«
Ich war dabei, mich zu vergewissern, daß ich alles wieder eingepackt hatte.
»Womit? Willst du’s mir schenken?«
»Gewissermaßen.« Er kam heran und blieb neben mir stehen, während ich den Reißverschluß meiner Tasche zuzog. »Die Diskette enthält die Namen einiger
Bankkonten, auf denen massenhaft Drogengeld liegt.
Überlaß sie mir zwei Minuten, damit ich die Angaben kopieren kann, um diese Konten abräumen zu können.
Diesen Scheiß beherrsche ich im Schlaf.« Er legte mir einen Arm um die Schultern. »Nick, nur zwei Minuten auf deinem Laptop, dann sind wir beide reich!« sagte er beschwörend. »Na, was hältst du davon?« Er starrte mich durchdringend an.
Ich ließ ihn noch etwas zappeln. »Wer garantiert mir, daß ich meine Hälfte wirklich bekomme?« Er wollte gleich wissen, welchen Anteil ich mir vorstellte.
»Ich kann dir das Geld überallhin überweisen. Und sei unbesorgt, sobald ich die Konten abgeräumt habe, weiß niemand, wohin das Geld verschwunden ist.«
Ich mußte unwillkürlich grinsen. Geldwäsche war
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natürlich Frank de Sabatinos Spezialität. »Komm schon, Nicky Two, was sagst du dazu?« Er breitete mit großer Geste seine Arme aus, als spiele er wieder einmal den Paten.
Ich ließ ihn den Laptop benutzen und schrieb ihm die Nummer des Bankkontos auf, auf das er meinen Anteil überweisen sollte. Scheiße, Kellys Ausbildung würde bestimmt eine Menge Geld kosten, und ich selbst wollte eine kleine Entschädigung für meinen jahrelangen Kampf gegen diese Leute. Die Aussicht, so zu Geld zu kommen, war erfreulich; außerdem war das Ganze eine rein
geschäftliche Transaktion.
Big Al war jetzt mit der Arbeit fertig. Auf seinem Gesicht lag ein ernsthafter, konzentrierter Ausdruck.
»Wohin wollt ihr
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