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Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Titel: Nick Stone - 01 - Ferngesteuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Kanada hatte er versehentlich den Paß eines Fremden eingesteckt, mit dem er sich in Montreal ein Hotelzimmer geteilt hatte; da er den Paß nicht mehr umtauschen konnte, hatte er ihn einfach als seinen vorgezeigt. Niemand hatte auch nur mit der Wimper gezuckt.
    Wir warteten geduldig. Ich trug den Laptop jetzt über der rechten Schulter und hielt Kelly an der linken Hand.
    Während wir miteinander redeten, lächelte ich ihr manchmal zu – aber nicht zu oft, denn das wäre
    verdächtig gewesen, und ich wußte genau, daß wir auf Monitoren und durch Einwegspiegel beobachtet wurden.
    Der Geschäftsmann vor uns passierte die Paßkontrolle mit einem knappen Winken und einem Lächeln zu der Beamtin. Dann waren wir an der Reihe. Wir traten an den Durchgangsschalter.
    Ich legte der Beamtin meine Papiere hin. Sie überflog die Eintragungen auf der Karte. Von ihrem erhöhten Platz aus sah sie auf Kelly herab. »Hallo, willkommen in England.«
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    »Hi!« antwortete Kelly sehr amerikanisch.
    Ich schätzte die Beamtin auf Ende Dreißig. Ihre Haare waren dauergewellt, aber mit der letzten Dauerwelle war irgend etwas leicht schiefgegangen.
    »Na, ist der Flug schön gewesen?« fragte sie.
    Kelly ließ Jenny oder Ricky mit einer Hand am Ohr baumeln, und der andere Bärenkopf ragte oben aus ihrem Rucksack. »Ja, sehr schön, danke«, sagte sie.
    Die Beamtin setzte das Gespräch fort: »Und wie heißt du?« fragte sie, während sie weiter die Eintragungen auf der Karte las.
    Sollte ich darauf vertrauen, daß Kelly den richtigen Namen sagen würde, oder sollte ich mich einmischen?
    Kelly lächelte und sagte: »Kelly!«
    Eigentlich lachhaft. Wir hatten einen so weiten Weg hinter uns, hatten so viele Gefahren überwunden – nur um durch eine Antwort aufzufliegen, die aus einem B-Movie hätte stammen können.
    Ich lächelte Kelly zu. »Nein, so heißt du nicht!«
    widersprach ich nachdrücklich. Ich wagte nicht, die Beamtin anzusehen. Ich ahnte, daß ihr Lächeln verblaßte, und bildete mir ein, ihr Blick bohre sich seitlich in meinen Kopf.
    Danach entstand eine Pause, die mir wie eine kleine Ewigkeit vorkam, während ich fieberhaft überlegte, was ich als nächstes tun oder sagen sollte. Ich stellte mir vor, wie der Zeigefinger der Beamtin nach dem versteckt angebrachten Alarmknopf tastete.
    Kelly kam mir zuvor. »Natürlich nicht, ist nur ein Scherz gewesen«, kicherte sie und hielt ihren Teddybären 515
    hoch. »Das ist Kelly! Ich heiße Louise. Und wie heißen Sie?«
    »Margaret.« Die Beamtin lächelte wieder. Wenn sie geahnt hätte, wie nahe sie daran gewesen war, uns zu enttarnen …
    Sie schlug den Paß auf. Sie warf einen Blick auf das Paßbild und verglich es mit meinem Gesicht. Dann legte sie meinen Paß aufgeschlagen auf ein Gerät hinter dem Schalter, und ich erkannte das typisch blaue Leuchten einer UV-Prüflampe. Schließlich sah sie mich wieder an und fragte: »Wie alt ist dieses Paßbild?«
    »Ungefähr vier Jahre, schätze ich.« Ich lächelte
    schwach und fuhr halblaut fort, als solle die Kleine nicht mitbekommen, was ich sagte: »Wissen Sie, ich habe eine Chemotherapie hinter mir. Die Haare wachsen gerade wieder nach.« Ich rieb mir den Kopf. Meine Kopfhaut war feucht und kalt. Ich konnte nur hoffen, daß ich noch immer todelend aussah. Die Tabletten bewirkten
    jedenfalls, daß ich mich so fühlte. »Ich will mit Louise die Eltern ihrer Mutter besuchen, weil sie auch eine schwierige Zeit hinter sich hat. Meine Frau ist bei unserem Jungen geblieben, der im Augenblick krank ist.
    Manchmal kommt eben alles zusammen!«
    »Oh«, sagte sie. Das klang aufrichtig mitfühlend. Aber sie gab mir meinen Paß nicht zurück.
    Dann folgte erneut eine längere Pause, als warte sie darauf, daß ich mich zu einem Geständnis durchrang.
    Oder vielleicht überlegte sie nur, was sie Freundliches, Humanes sagen könnte. »Angenehmen Aufenthalt«,
    wünschte sie uns zuletzt und legte die Papiere auf den 516
    Schalter.
    Ich mußte mich beherrschen, um sie nicht an mich zu reißen und mit ihnen zu flüchten.
    »Vielen Dank«, sagte ich, griff nach den Papieren, steckte Paß und Karte in die Innentasche meiner Jacke und knöpfte sie zu, weil das jeder umsichtige
    Familienvater getan hätte. Erst dann wandte ich mich an Kelly. »Los, Baby, komm!«
    Ich setzte mich in Bewegung, aber Kelly blieb einfach stehen. Scheiße, was hatte sie?
    »Goodbye, Margaret«, strahlte sie. »Schönen Tag
    noch!«
    Das war’s dann. Wir waren fast am Ziel. Ich

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