Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
Aufenthalt in den Vereinigten Staaten wünschte.
Die automatische Tür öffnete sich, und ich trat ins Ankunftsgebäude hinaus, in dem hektischer Betrieb herrschte. Fahrer hielten mit Filzschreiber beschriftete Namensschilder hoch, Familien hielten Blumen und Teddybären umklammert, und alle musterten hoffnungsvoll jedes neue Gesicht, das durch die Tür kam. Ich hatte nur das Bedürfnis nach einer großen Dosis Koffein.
Ich schlenderte zu Starbucks hinüber und holte mir einen Riesenbecher Cappuccino. Damit setzte ich mich in eine Ecke, holte den Psion 3C und mein Mobiltelefon heraus und schaltete beides ein. Nachdem ich die gesuchte Nummer gefunden hatte, wartete ich eine Ewigkeit, bis mein auch hier funktionierendes Dual-Band-Telefon seine Netzsuche beendet hatte. Ich tippte die Nummer ein.
»Hallooo, hier ist Michael«, flötete eine ziemlich hohe Stimme, die eher zum Moderator einer Fernsehshow als zum persönlichen Assistenten einer ranghohen Mitarbeiterin des »anderen Außenministeriums« gepasst hätte.
»Mein Name ist Nick Snell«, sagte ich.
»Ah, ich habe schon auf Ihren Anruf gewartet.« Aus seiner Stimme sprach eine Mischung aus Freude, Wärme und Aufregung, als seien wir alte Freunde. »Wie geht’s Ihnen?«
Ich war ein wenig verblüfft. Wir kannten uns überhaupt nicht, und seiner Stimme nach hätte ich nicht einmal eine gebrauchte Waschmaschine von ihm kaufen wollen, aber trotzdem redete er mit mir, als sei ich seit vielen Jahren sein bester Kumpel. »Danke, gut«, sagte ich und merkte, dass ich dabei unwillkürlich lächelte. »Und wie geht’s Ihnen?«
»Oh, wunderbar, einfach wundervoll!«, versicherte er mir. Dann bemühte er sich um einen ernsthafteren Tonfall. »Also, wo wollen wir uns treffen?«
»Das überlasse ich Ihnen«, sagte ich. »Schließlich ist dies hier Ihre Stadt.«
»Und was für eine Stadt!« Er konnte es anscheinend kaum erwarten, sie mir zu zeigen. Nach einer kurzen Pause schlug er vor: »Gut, dann treffen wir uns in der Bread and Chocolate Bakery. Das ist ein Coffee Shop an der Ecke M und 23 rd Street. Dort gibt’s einen fantastischen Mokka, und wir haben’s nicht weit bis zum Apartment. Wissen Sie, wo die Kreuzung M und 23 rd Street liegt?«
Ich kannte diese Gegend und konnte einen Stadtplan lesen. Ich würde hinfinden. »Ich muss mir erst einen Leihwagen besorgen«, sagte ich, »und bin in ungefähr zwei Stunden dort. Passt Ihnen das zeitlich?«
Aus nur ihm bekannten Gründen imitierte er plötzlich die gedehnte Sprechweise eines Texaners. »Aber klar doch, Nick.« Er lachte. »Ich bin der Wasserball mit dem blauen Hemd und der roten Krawatte; Sie können mich gar nicht übersehen.«
»Ich trage Jeans, ein kariertes Hemd und eine blaue
Pilotenjacke«, sagte ich.
»Gut, dann sehen wir uns dort. Übrigens sind Parkplätze dort um diese Zeit absolute Mangelware, deshalb wünsche ich Ihnen alles Gute. Also dann bis später. Byeee!«
Ich drückte auf die rote Taste und schüttelte den Kopf. An was für einen Verrückten war ich da geraten?
6
Ich hatte nur noch zwei Blocks weit zu fahren, als der Verkehr plötzlich stockte. Mit seinen hohen Gebäuden und schmalen Straßen erinnerte das Gebiet um M und 23 rd Street an die besseren Viertel von New York. Sogar das Wetter war ähnlich wie im Big Apple: wolkig, aber warm. Natürlich wohnt Sarah hier, dachte ich, aber tatsächlich war das nur vernünftig. Dieses Viertel lag nicht weit von der Massachusetts Avenue entfernt, die Washington etwa von Nordwest nach Südost teilt und an der praktisch alle Botschaften, Missionen und Konsulate liegen.
Als ich mich langsam weiterschob, sah ich, wo das Problem lag. Die Kreuzung vor uns wurde von Motorradpolizisten abgesperrt, die uns nach rechts umleiteten. Als ich eben abbog, rasten mehrere schwarze Lincolns mit getönten Scheiben über die Kreuzung. Begleitet wurden sie von mehreren Chevy- Geländewagen und zwei Krankenwagen - für den Fall, dass der prominente Gast sich in den Finger schnitt. Anscheinend war Netanjahu oder Arafat schon eingetroffen.
Das Washingtoner Straßennetz zeichnet sich dadurch aus, dass die Straßen mit Buchstaben in Ost-West-Richtung und die mit Zahlen in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Ich fand die gesuchte Kreuzung mühelos, konnte dort aber nirgends halten. Der Einbahnverkehr auf der M Street nahm mich unaufhaltsam weiter mit, und Metal Mickey hatte Recht: Die Parkplatzsuche war eine Katastrophe. Beide Straßenseiten waren lückenlos mit Autos
Weitere Kostenlose Bücher