Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
gehen
musste. Er musste wissen, wo die Geldabholer mit ihrer Jacht anlegen würden – und später erfahren, wo sie das Geld in Empfang nehmen würden. Meine Umgebung
wurde sehr rasch sehr elegant. Luxushotels, die an riesige Hochzeitstorten erinnerten, säumten die Küstenstraße, die Croisette, und Gucci-Shops verkauften alles von Pelzen bis zu Baseballmützen für Hunde. Ich kippte die
Bettlaken in einen Abfallkorb, behielt aber den Müllsack.
Als ich weiterging, zerriss ich darin die Zeitung, die ich aus Fettkloß’ Apartment mitgenommen hatte, in kleine Fetzen.
Dies mochte der eleganteste Teil von Cannes sein, aber buchstäblich alles, was aus dem Pflaster ragte, zum Beispiel ein gusseiserner Poller oder ein Baum, war mit frischer Hundepisse und ein paar braunen Klumpen
verziert.
Neue Autos, Motorräder und Motorroller parkten an allen möglichen und unmöglichen Stellen, und ihre Besitzer, die Gäste der Cafés, wirkten mit ihren
Designer-Sonnenbrillen äußerst cool und elegant,
während sie rauchten, tranken und dabei ganz allgemein posierten.
Gleichzeitig waren hier viele Obdachlose zu sehen.
Das war nur logisch: Als Penner hätte ich auch gern an einem warmen Ort geschlafen, an dem viele gut
aussehende Menschen unterwegs waren – vor allem,
wenn sie Leute waren, die Obdachlosen manchmal ein paar Francs zuwarfen. Eine Gruppe von vier oder fünf Pennern, die zwei Bänke besetzt hielt, hatte einen ungepflegten alten Hundemischling bei sich, der ein rotes Halstuch mit ehemals weißen Punkten trug. Einer der Kerle hatte eine offene Bierdose in der Jackentasche, und als er sich nach vorn beugte, um den Hund zu tätscheln, lief die Dose teilweise aus. Seine Saufkumpane
beobachteten diesen Vorgang sichtlich entsetzt.
Ich war noch nie in diesem Internetcafé gewesen, um online zu gehen; normalerweise fuhr ich zum Cap 3000
hinaus, einem gigantischen Centre commercial am Stadtrand von Nizza. Die Fahrt dorthin dauerte bei Einhaltung aller Geschwindigkeitsbeschränkungen, die ich strikt beachtete, nur etwa eine Dreiviertelstunde, und das Einkaufszentrum war immer überlaufen. Diesmal musste ich George jedoch sofort mitteilen, was ich erfahren hatte. Da ich Cannes jetzt ohnehin verlassen würde, brauchte ich nicht mehr hierher
zurückzukommen.
Im Café Mondego herrschte ziemlicher Betrieb, was mir nur recht war. Coole Mittzwanziger mit Designer-Lederjacken und Rayban-Sonnenbrillen posierten in der Nähe ihrer Motorräder und Motorroller oder saßen auf glänzenden Aluminiumstühlen und tranken kleine Biere.
Die meisten hatten eine Packung Marlboro oder Winston mit einem Wegwerffeuerzeug darauf vor sich liegen –
neben ihrem Handy, das alle paar Sekunden zur Hand genommen wurde, damit sein Besitzer ja keine SMS
verpasste.
Ich schlängelte mich durch diesen Tempel der
Coolness, an dessen Wänden langweilige graue PCs
standen, und erreichte die schwarze Theke mit
Marmorplatte, auf der unter Neonreklamen für alle möglichen Getränke eine große dampfende
Kaffeemaschine stand.
Ich deutete auf den nächsten PC und versuchte, die wummernde Musik zu übertönen. »Ich möchte online
gehen … äh … parlez-vous anglais ?«
Der Kerl hinter der Theke sah nicht mal von der
Geschirr-Spülmaschine auf, die er ausräumte. »Klar, logg dich ein, zahlen kannst du später. Was zu trinken?« Er trug Schwarz und sprach mit skandinavischem Akzent.
»Café crème.«
»Kommt sofort. Setz dich schon mal.«
Ich ging zu einer freien PC-Station, setzte mich auf den sehr hohen Hocker und meldete mich an. Die
Bildschirminformationen waren alle auf Französisch, aber ich kannte mich inzwischen damit aus und wechselte sofort zu Hotmail über. George hatte mir einen in Polen registrierten Account einrichten lassen. Mein
Benutzername lautete BB8642; George war BB97531 –
eine Zahlenfolge, die sogar ich mir merken konnte. Er war so paranoid wie ich und hatte sich größte Mühe gegeben, um sicherzustellen, dass niemand unsere
Korrespondenz zurückverfolgen konnte. Ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn er veranlasst hätte, dass Bill Gates persönlich unsere Nachrichten löschte, sobald sie gelesen waren.
Nachdem ich mich angemeldet hatte, verkleinerte ich den Schriftgrad auf acht Punkte, damit niemand über meine Schulter hinweg mitlesen konnte, und öffnete meine Mailbox. George bekam alle Informationen über diesen Job ausschließlich von mir. Ich war sein einziger Informant; alles andere wäre zu
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