Nick Stone 07 - Schattenkiller
amerikanische Feldanzüge, deutsche Parkas, hohe Lederstiefel und verschiedene Pelzmützen. Jeder von ihnen trug eine automatische Waffe.
Beide Türen wurden geöffnet. Die Männer zogen uns von den Sitzen und vor den Wagen, wo sie uns im Scheinwerferlicht sehen konnten. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass wir Gefangene waren - die Burschen kontrollierten uns nur.
Ich hielt die Arme in der Kruzifixposition ausgestreckt und begann in der Kälte zu zittern, als man mir den Gürtelbeutel abnahm und mich abtastete. Jemand holte meine AK aus dem Wagen. Eine Stimme sprach auf Serbokroatisch, aber ich verstand nur das Wort »Ramzi«.
Ich gab mir alle Mühe, die Sache zu erklären. »Krankenhaus. Bumm! Peng! Doktor.« Ich wusste nicht, ob sie auch nur eine blasse Ahnung hatten, wovon ich sprach, aber ich wagte es nicht, meine Worte mit Gesten zu untermalen.
Man nahm Jerry die Pistole und die zusätzlichen Magazine ab, außerdem auch die Gürteltasche. Einer der Männer drückte meine Hände nach unten und schien mir zu sagen, ich solle mich entspannen. Sie hatten jetzt alles unter Kontrolle.
Es waren insgesamt vier, und sie schienen ein ganzes Stück älter zu sein als Salkic, eher Nasirs Jahrgang. Sie waren alt genug, um den Krieg erlebt zu haben, und das sah man ihnen an. Zwei hatten Narben im Gesicht, und in ihren Augen wies etwas auf schreckliche Erlebnisse hin, über die sie lieber nicht sprachen. Ich fragte mich, ob ihnen Finger fehlten.
Die Waffen waren ganz offensichtlich gut geölt und gewartet: AKs und Heckler & Koch G3s, ein Sturmgewehr mit Kaliber 7.62 und einem Zwanzig-Schuss-Magazin.
Einer von ihnen, offenbar der Anführer, hatte dichtes, krauses Haar, das unter einer russischen Pelzmütze bis über die Schultern hinweg reichte. Ein Motorola knisterte irgendwo in seinem dicken Schafpelzhandschuh. Erneut wurde gesprochen, und ich hörte »Ramzi« und »Nick Stone« in dem Kauderwelsch. Schließlich reichte mir der Bursche das Gerät und deutete auf die Sendetaste.
»Hallo? Sind Sie Nick Stone?« Die Stimme eines Mannes, gebildet und voller Autorität.
Ich drückte die Taste. »Ja. Jeral al-Hadi begleitet mich. Der Fotograf.« Ich dachte, dass es besser klang, einen Muslim im Schlepptau zu haben.
»Wo ist Ramzi?«
Wussten sie nicht, was passiert war?
»Er lebt. Ebenso Benzil. Sie sind in der Stadt.«
Ich erzählte kurz von den Ereignissen bei der Höhle.
»Warten Sie bitte eine Minute.«
Ich hoffte, dass es nicht viel länger dauerte, denn ich hatte das Gefühl, bald zu erfrieren.
Ich gab das Motorola dem Handschuh zurück und stand einfach da, während die Kälte in jeden Quadratzentimeter meiner Haut biss. Es war wie eine Rückkehr in die Schafsmulde. Ich stampfte mit den Füßen, und Jerry tat es mir gleich. Der Mann mit dem Motorola richtete einige Worte an die anderen, die daraufhin zwischen den Bäumen verschwanden. Der Langhaarige bot uns beiden eine Zigarette an. Ich hatte nie in meinem Leben geraucht, doch diesmal geriet ich fast in Versuchung, wenn auch nur wegen des Wunsches, die Hände um ein brennendes Streichholz zu wölben.
Die Männer kehrten zurück und reichten uns zwei grüne deutsche Parkas. Man brauchte uns nicht extra aufzufordern, sie anzuziehen und die Kapuzen hochzuklappen. Diese Jungs wussten, was es bedeutete, nass und hungrig zu sein und zu frieren, und so etwas wünschten sie nur ihren Feinden. Wozu wir ganz offensichtlich nicht zählten.
Wir warteten weitere zehn Minuten, bevor es im Mo- torola-Lautsprecher wieder knackte, und daraufhin bedeutete man uns, hinten in den VW zu steigen und dort den Dieselkanistern Gesellschaft zu leisten. Ich hatte Recht: Hier war es viel wärmer. Der Langhaarige setzte sich ans Steuer und lenkte den Wagen an den Holzigeln vorbei.
Eine Zeit lang führte der Weg geradeaus, zweigte dann nach rechts ab. Weiter vorn sah ich eine schmutzig weiße Mauer, etwa drei Meter hoch, darin ein Tor mit zwei Türflügeln aus massivem Holz, die nach innen schwangen, als wir uns näherten.
92
Der VW hielt mit einem Ruck an. Der Langhaarige stieg aus und öffnete die Schiebetür. Licht flackerte auf der anderen Seite des Tors, und ein kleiner Mann mit langem schwarzem Mantel, Pelzmütze und Schafpelzstiefeln erschien, eine Öllampe in der Hand. Es war Nuhanovic. Kragen und Mütze verdeckten einen großen Teil seines Gesichts, aber ich sah, dass er den Bart aufgegeben hatte. Es schien kaum einen Unterschied zu machen: Er wirkte noch immer wie ein
Weitere Kostenlose Bücher