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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aric Davis
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dasBeinahe-Elendsviertel, zu dem die Vorstadt so schnell werden kann, wie ein Streit in einer Kneipe hässlich enden kann. Ich war nicht immun dagegen; ich war bloß daran gewöhnt. Ich bog in die Duiker Road ein und fuhr rasch einmal bis ans Ende, rollte an Nummer 77 und Nummer 92 vorbei und wieder zurück. Ich machte mein Fahrrad an einem Stoppschild fest und ging zu Fuß in die Straße. Ich spürte Blicke auf mir ruhen, aber das war normal in der Vorstadt. Die Häuser hier waren nicht so heruntergekommen wie manche anderen, aber es gab einige, die auf dem besten Wege dazu waren. In der Nähe von Nummer 77 lag ein Karton auf der Straße, der vor leeren Bierdosen überquoll.
    In der Einfahrt standen zwei Autos, ein alter Ford Pick-up und ein neuer Minivan. Im Garten hinter dem Haus entdeckte ich ein Stelzenspielhaus. Der Garten war halbwegs gepflegt, der Rasen gemäht und das Haus benötigte keinen frischen Anstrich. Im Innern war Licht, und ich sah das Leuchten, das vom großen Gott der Wohnzimmer ausgeht. Das Ganze war so durchschnittlich wie nur irgendwas. Ich ging weiter zur Nummer 92.
    Es hätte sich nicht stärker von Nummer 77 unterscheiden können, ohne aufzufallen. Ein Auto – ein neuerer Ford mit Doppelkabine. Der Rasen wirkte gefegt, nicht gemäht, fast so, als hätte der Wind ihn niedergedrückt. Ich wusste, woran das lag: Der Rasenmäher hatte stumpfe Schneiden. Ich ging an der Einfahrt vorbei, blieb auf der Straße. Beobachtete. Es gab mindestens einen Hund, und zwar einen großen. Im Vorgarten lagen Hundehaufen, im Garten hinterm Haus noch mehr – ich konnte sie durch den Maschendrahtzaun sehen. Kein Schild,das vor dem Hund warnte, kein Pfosten oder Hundezwinger. Zwei Schuppen im hinteren Garten, beide im gleichen Verfallszustand wie Haus und Garten. Ich konnte Shelby praktisch um Hilfe schreien hören. Ich spazierte ein Stückchen an der Seite des Geländes entlang, nicht auf dem Rasen, aber gleich daneben. Kniete mich hin, tat so, als müsste ich einen Schuh zubinden.
    Ich kehrte zur Straße zurück. Ein paar Häuser weiter fand ich, was ich suchte. Ein Haus mit einem Zu-verkaufen-Schild im Vorgarten. Ich schaute mich um und schlüpfte dann zwischen den Häusern hindurch. Hinten grenzten sie an eine weitere Häuserzeile an, aber dazwischen standen Bäume. Ich hielt mich dicht an den Bäumen und ging bis zur Nummer 92. Soweit ich wusste, wurde ich nicht beobachtet.
    Dann ging ich zwischen den Bäumen hindurch auf die andere Seite. Ich wusste sofort, dass ich richtig war. Zwischen zwei massiven Kiefern kniete ich mich hin. Jetzt konnte ich den Garten gut sehen.
    Der Rasen vor dem Haus war schon ungepflegt gewesen, aber hinter dem Haus gab es gar keinen mehr. Die Schuppen standen in den Ecken, gut sieben Meter auseinander und beide schwarz angestrichen. An der Rückseite des Hauses verkündete ein Schild: »Unbefugte werden erschossen!« Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass Shelby sich im Haus oder in einem der Schuppen befand, aber auch nichts, was dagegen sprach. Ich musste gründlich sein, ins Haus gehen, die Schuppen durchsuchen. Ich brauchte Hilfe. Arrow.
    Ich ging zurück zum Fahrrad. Ich hatte alles gesehen, was ich bei diesem Licht hatte sehen können, und es wurde Zeitabzuhauen. So schnell wie möglich fuhr ich nach Hause, ging hinein, holte das Wegwerfhandy aus der Tasche und rief sie an. Ich brach damit eine meiner Regeln.
    »Hi! Sag nichts, okay? Kannst du morgen die Schule schwänzen?«
    »Ja. Warum?«
    »Nein. Wir treffen uns an der Tankstelle gleich außerhalb von Four Oaks, um neun Uhr morgens. Zieh was Bequemes an, nimm dein Fahrrad und einen Rucksack mit.«
    »Sonst noch was?«
    Bring zwei Revolver mit, hilf mir, die bösen Jungs zu schnappen und deine Schwester lebendig zu finden, und dann heirate mich. Wir ziehen ans Meer und leben wie die Könige. Ich werde einen Hund haben und irgendwann bekommen wir zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Du kannst sie nennen, wie du willst. Und nach einem langen und wunderbaren Leben sterben wir gemeinsam.
    »Ja. Morgen könnte es übel werden. Kannst du damit umgehen?«
    Schweigen. Dann energisch: »Ja.«
    Sie legte auf. Ich holte meine Kriegskiste – meine Fluchtaus-der-Stadt-Garantie – und ging damit zu meinem schmutzigen Küchentisch. Wenn das alles vorbei war, würde ich putzen und einkaufen gehen. Falls ich konnte.
    Ich stellte die Kiste auf den Boden und öffnete sie. Leerte meine Taschen auf den Tisch, zog die Startpistole

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