Nie mehr ohne deine Küsse
Apartment hinaufstieg, musste Ethan fast lachen. Vielleicht könnte sein Großvater ihn und Lily darüber aufklären, was da eigentlich zwischen ihnen passierte. Er wusste schließlich eh immer alles besser.
„Komm rein“, rief Lily von drinnen, nachdem er geklopft hatte.
Ein wenig unsicher öffnete Ethan die Tür. Wie würde sie auf ihn reagieren? Lily saß mit angezogenen Beinen auf dem kleinen Sofa und hielt ein Buch in der Hand. Im Apartment war es sehr ruhig, und bis auf die kleine Lampe auf dem Tischchen neben dem Sofa angenehm dunkel.
Sie schien nicht im Geringsten überrascht, ihn zu sehen. Offenbar hatte sie sich beruhigt, denn sie schaute ihn nicht mehr verärgert an. Erfreut sah sie allerdings auch nicht aus. Ihre Stimme und ihr Gesichtsausdruck blieben neutral, als sie ihn begrüßte.
„Was führt dich denn hierher?“, fragte sie.
„Ich wollte dir dein Buch bringen. Du hast es vorhin liegen lassen.“
„Danke. Ich hatte schon Angst, es irgendwo verloren zu haben.“
„Na wenigstens hast du noch ein anderes zum Lesen.“
Nachdem sie das Buch auf den Tisch gelegt hatte, setzte sie sich auf. Ihre kurzen Pyjamahosen endeten über ihrem Knie und gaben den Blick auf ihre schlanken Unterschenkel frei.
„Ich habe mir heute gleich mehrere Bücher in der Bücherei ausgeliehen.“
Die Ruhe in ihrem Apartment machte ihre Gesprächspausen noch unangenehmer. Und trotz seiner guten Vorsätze fiel es Ethan schwer, das Thema anzusprechen, das ihn hergeführt hatte. Lily wartete geduldig. Offensichtlich war ihr bewusst, dass er etwas auf dem Herzen hatte.
„Ich vergesse manchmal völlig, wie ruhig es hier draußen sein kann bei Nacht“, sagte er.
„Ich mag die Stille.“
Sie strich ihr Haar hinter die Ohren, und er sah, dass es noch nass vom Duschen war. Er nahm sogar den frischen Duft ihres Shampoos wahr. Scheinbar war sie gerade erst aus dem Bad gekommen. Augenblicklich erschien ein Bild von Lily unter der Dusche vor seinen Augen. Außerdem bemerkte er, dass der Stoff ihres verwaschenen T-Shirts so dünn war, dass er fast nichts verbarg. Er spürte, wie sich etwas in seiner Jeans regte.
Als Lily wieder sprach, wusste er im ersten Moment gar nicht, was sie meinte. „Wenn man mal ein paar Jahre mit lauten Mitbewohnern gelebt hat, weiß man die einsame Stille umso mehr zu schätzen.“
Wenn das ein Hinweis sein sollte, dann wusste er nicht viel damit anzufangen. Lily war wirklich nicht leicht zu durchschauen. Ihr Gespräch war zwar ziemlich oberflächlich, aber immerhin schien die Stimmung zwischen ihnen nicht übermäßig feindselig zu sein.
Andererseits hatte sie ihm aber auch keinen Sitzplatz angeboten, was nicht gerade auf eine unbändige Freude über seinen Besuch hindeutete. Nicht, dass es eine große Auswahl an Sitzmöglichkeiten in ihrem Apartment gäbe: auf der Couch neben ihr, was sicher nicht gut ankäme, auf dem Bett, was in seiner derzeitigen Verfassung fatale Folgen haben könnte, oder auf einem der beiden kleinen Stühle am Tisch. Das Apartment war klein und zweckmäßig, nicht gerade das, was er als komfortabel bezeichnen würde.
„Ich hätte erst anrufen sollen … Aber in der Kontaktliste in Großvaters Büro ist deine Nummer nicht aufgeführt.“
„Ich habe kein Telefon.“
Seine Überraschung war ihm wohl anzusehen, denn sie lachte. „Ich weiß, es ist kaum zu glauben, aber es ist tatsächlich so. Einen Computer habe ich auch nicht.“
Ungläubig sah Ethan sich um, als hoffte er, doch noch in irgendeiner Ecke einen zu entdecken. „Aber wie …“
„Ich weiß, du bist sicher vollkommen abhängig von deinem Computer. Aber es gibt immer noch eine Menge Leute, die auch wunderbar ohne leben können. Ich muss nicht in ständigem Kontakt mit dem Rest der Welt stehen.“
Ständig brauchte Ethan den auch nicht, aber es war doch schön, immerhin die Option zu haben, seine Freunde zu kontaktieren, wenn einem danach war. Außerdem hatte er noch nie eine Frau getroffen, die kein Handy besaß.
„Aber was machst du im Notfall?“, fragte er.
Lily lächelte. „Wann gibt es denn schon mal einen echten Notfall? Außerdem haben alle anderen Leute ein Handy und können für mich den Notruf wählen.“
„Und wie bleibst du mit deiner Familie in Kontakt? Und mit deinen Freunden?“
„Ich habe nicht viele Angehörige, und zu meinem Vater habe ich kein so gutes Verhältnis. Die meisten meiner alten Freunde habe ich aus den Augen verloren. Und ich bin in letzter Zeit so oft
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