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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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Lily. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen. Ich hab dich lieb, und ich vermisse dich, und wenn du willst, dann kannst du meinen Bruder heiraten.
     
In Liebe, Deine Eve
***
    Lily war verzweifelt, weil Scott sich weigerte, seinen Vater zu verlassen und bei ihr einzuziehen. Er setzte sie in ziemlich deutlichen Worten auf dem Gehsteig vor der Werkstatt seines Großvaters davon in Kenntnis, dass er alt genug sei, um selbst zu entscheiden, wo er leben wolle, und dass er sich für seinen Vater entschieden habe. Er wollte mit ihr, mit ihrem neuen Haus, ihrem neuen Mann und ihrem neuen Leben nichts zu tun haben, und so traurig es auch war, Lily blieb nichts anderes übrig, als seinen Standpunkt zu akzeptieren. Bitte verzeih mir, Scott. Ich vermisse dich so sehr.
    Eve hatte nicht so viel Verständnis für ihn. Unverschämter kleiner Scheißer . Sie musste mit ansehen, wie es Lily förmlich innerlich zerriss, und selbst Clooney konnte ihren Schmerz nicht lindern.
    «Das Haus ist mit Sicherheit kalt und leer. Wie soll er dort denn leben? Merkt er nicht, dass Declan nie da ist? Was glaubt Scott denn, an wem sein Vater seine Launen auslassen wird? Declan wird ihn mürbemachen und auf ihm rumtrampeln, er wird sein Gift versprühen und dafür sorgen, dass mein Sohn mich hasst. Vielleicht verliere ich ihn für immer.»
    Clooney war mitfühlend und tröstete sie. Eve hingegen hatte langsam genug von Lilys Wehklagen.
    «Jetzt mach mal ’nen Punkt, Lily! Der kommt schon noch.»
    «Das kannst du doch nicht wissen.»
    «Natürlich weiß ich das», sagte Eve, als wäre sie ein Orakel, das sich auf die menschliche Psyche spezialisiert hatte.
    Lily hielt dagegen und warf Eve vor, dass Eve zwar in ihrem Unternehmen immer alles richtig gemacht habe, dass Menschen aber komplexer waren als Unternehmen und sie mit keinerlei Erfahrung aufwarten konnte, wenn es darum ging, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu verstehen. Das wiederum ließ Eve nicht gelten. Sie widersprach und sah sich ganz im Gegenteil in der perfekten Situation, um die Welt durch die Augen von Lilys Kindern zu sehen.
    «Sie sind egozentrisch und selbstgerecht», sagte sie und deutete auf sich. «Ich bin ebenfalls egozentrisch und selbstgerecht, und deshalb halte ich mich durchaus für geeignet, mich in sie hineinzuversetzen.»
    Eve hatte Lily zwar versprochen, sich nicht einzumischen, doch sie ging trotzdem in die Werkstatt, um mit Scott zu sprechen. Jack bot ihr eine Tasse Tee an. Eve lehnte höflich ab und bat ihn, sich ein paar Minuten ungestört mit Scott unterhalten zu dürfen. Jack war gern dazu bereit, seinen Enkel mit Eve auf einen Kaffee zu entlassen, vorausgesetzt, er brachte ihm auf dem Rückweg auch einen Becher mit.
    Sie setzten sich in ein Café und starrten einander missmutig an.
    «Du siehst deiner Mutter ähnlich», sagte Eve schließlich.
    «Hab ich schon mal gehört.»
    «Glück gehabt.»
    «Was wollen Sie von mir?»
    «Hat dein Vater von dir verlangt, dass du bei ihm bleibst?»
    «Nein. Und das geht Sie auch nichts an.»
    «Stimmt, tut es nicht. Ich will nur sichergehen, dass du freiwillig bei ihm bleibst.»
    «Und warum interessiert Sie das?»
    «Als ich in deinem Alter war, dachte ich, ich hätte den Durchblick, und deiner Mutter ging es genauso. Aber die Sache ist die: Wir hatten keinen blassen Schimmer. Wir verstanden die Welt und die Menschen um uns herum nicht mal ansatzweise.»
    «Tja. Ich bin aber nicht Sie, und wir leben nicht mehr im achtzehnten Jahrhundert.»
    Eve musste lachen. «Lustig», sagte sie.
    «Ich bleibe bei ihm, weil er mein Vater ist, weil ich dort zu Hause bin und weil ich nicht gehen will.»
    «Ich würde gerne etwas sagen, um ein bisschen Licht in die Sache zu bringen, aber ich weiß beim besten Willen nicht, welchen Teil der Geschichte ich beleuchten soll.»
    «Sie hören sich an wie die Irre, die jeden Morgen mit ihrem Plakat an der Werkstatt vorbeigeht. Darauf ist ein Bild von einem Fötus, und sie schreit ständig irgendwas von Händen und Füßen.»
    «Die kenne ich. Sie hat mir gestern den Stinkefinger gezeigt», sagte Eve, und Scott lächelte.
    Er konnte nichts dagegen machen, aber er mochte sie. Er sah, wie schön sie war, und auch die Krücken konnten ihrer Anmut nichts anhaben.
    Eve seufzte. Sie hatte die Sache nicht richtig durchdacht. Sie hasste Declan, aber sein Sohn liebte ihn, und sie war natürlich nicht die herzlose Zicke, die sie gerne zur Schau stellte. Sie wollte sichergehen, dass Declan sich an die

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