Niewinter 01 - Gauntlgrym
profitierte. Jedenfalls zahlte jemand ganz ordentlich, um diesen Schutz zu gewährleisten.
Barrabas sah sich um und überlegte, ob er sich davonmachen sollte. Jetzt verstand er, warum Erzgo Alegni ausgerechnet nach ihm geschickt hatte. Allerdings überlegte er auch, ob der Tiefling sein Scheitern womöglich bewusst in Kauf nahm.
Mit diesem Gedanken im Kopf schob Barrabas sich vorwärts. Eine solche Befriedigung würde er Alegni nicht gönnen.
Der Mörder schlängelte sich die Mauer hoch und spähte über den Hof, wo ihm insbesondere eine Patrouille auffiel, zwei Wachen, die beide einen sehr großen, aggressiven Hund führten.
»Wunderbar«, hauchte er.
Zurück auf der Erde umrundete er das Gelände einige Male. Es gab nur einen denkbaren Zugang, einen Baum, dessen Zweige über Hugo Babris’ Hof ragten. Allerdings konnte man nur mit einem großen Sprung von dem Ast zum Haus gelangen, und dabei musste er auf einem bewachten Balkon landen.
Wieder überlegte Barrabas, ob er nicht noch einmal mit Erzgo Alegni sprechen sollte.
Doch auch diesmal ließ ihn schon der Gedanke, dem Tiefling seine Grenzen einzugestehen, auf den Baum und in dessen höhere Äste steigen. Von dort aus beobachtete er die Runden auf dem Hof und auf den Balkonen, bis er die optimale Gelegenheit gefunden hatte. Es schien ein verzweifelter, geradezu lächerlicher Plan zu sein, aber das war er letztlich gewohnt.
Er lief mit Schwung über den Ast, sprang los und erreichte die Brüstung des Balkons im zweiten Stock an der Hausecke. Blitzschnell duckte er sich hinter die Ecke, als der Posten um die gegenüberliegende Ecke bog. Barrabas steckte direkt unter dem Balkon, während der Mann vorbeischritt. Dann schwang er sich auch schon über das Geländer, kletterte die Mauer hoch und gelangte über den nächsten Balkon zu einem schmalen Fenstersims im dritten Stock.
Er griff in seinen scheinbar leeren Beutel, bei dem es sich in Wahrheit um einen extradimensionalen Raum handelte, und zog zwei Saugnäpfe an schmalen Stäben heraus, die über eine dünne Schnur miteinander verbunden waren. Sobald er sie auf der Scheibe platziert hatte, öffnete er mit einem Finger den Riegel eines seiner Ringe, der einen Draht entließ, welcher auf der einen Seite an dem Ring hing. Auf der anderen Seite saß eine Diamantspitze.
Mit dieser Spitze begann Barrabas, einen Kreis auf das Fenster zu malen, der mit jeder Umdrehung etwas tiefer in das Glas einschnitt. Er arbeitete zügig. Wenn unten Wachen vorbeikamen, verbarg er sich, ging danach jedoch sofort wieder ans Werk. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Glas so dünn war, dass er nach den Saugnäpfen greifen und den Kreis mit dreimaligem leichtem Klopfen herausbrechen konnte. Er schob ihn nach innen und stellte das Glas mit Hilfe der Stäbe vorsichtig an der Wand ab. Nachdem er sich mit einem raschen Blick vergewissert hatte, dass der Raum leer war, krallte Barrabas die Finger oben um den Fensterrahmen, hob kraftvoll seine Beine an und steckte sie geschmeidig durch das Loch.
Er schaukelte einmal nach hinten, bis seine Füße das Loch fast wieder verließen, und schnellte dann mit Schwung durch die Öffnung, ohne dabei den Rest der Scheibe zu streifen oder auch nur das geringste Geräusch zu verursachen.
Natürlich wusste er, dass der Spaß gerade erst losging, denn Hugo Babris hatte auch viele Wachen innerhalb des Hauses, doch nun war er fest entschlossen und ganz auf sein Ziel fixiert. Er war wie ein Geist: ätherisch, stumm und unsichtbar. Er musste perfekt sein. Deshalb hatte Erzgo Alegni ausgerechnet ihn gerufen.
Von Barrabas dem Grauen hieß es, er könnte unbemerkt mitten im Zimmer stehen, doch natürlich stand er eben nicht genau dort. Er wusste, wohin ein aufmerksamer Posten schaute, und darum wusste er, wo er nicht sein durfte. Wenn sich das optimale Versteck hinter oder über der offenen Tür, hinter oder vor einem Baldachin befand, erkannte Barrabas diesen Ort. Wie oft hatte ein Posten schon direkt an ihm vorbeigeschaut?
Graf Hugo Babris hatte Wachen, und zwar so viele, dass Barrabas inzwischen anders vorgehen wollte als geplant, um den Mann zum Umdenken zu zwingen. Seine Wachen konnten das unausweichliche Vorrücken von Barrabas dem Grauen jedoch allenfalls verzögern.
Bald darauf saß Barrabas auf dem Rücken einer bewusstlosen Wache, die quer über Hugo Babris’ Schreibtisch lag. Barrabas starrte den nervösen Grafen an, der hilflos in der Falle saß.
»Nimm das Gold und geh, ich … ich bitte
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