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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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Vororten Manhattans kamen, aber die meisten waren schwarz, braun oder hellhäutig. Es gab alle Schattierungen; man sollte uns die Regenbogenrasse nennen, dachte sich Byron.
    Es erschien ihm wunderbar, dass er ein ähnliches Ziel hatte wie all diese Menschen, und dennoch kannte er keinen Einzigen von ihnen. Vielleicht sind sogar, überlegte er sich, ihre Ideen und ihr Denken völlig unterschiedlich. Ich bin diesen Unbekannten ebenso unähnlich wie meinen Freunden. Wir haben unterschiedliche Charaktere und Ansichten. Jeder hat seine Art des Denkens und des Verhaltens, aber dennoch zwingt uns diese gewaltige Kraft des Vorurteils, zusammen in Reih und Glied zu stehen. Für die weiße Welt sind wir eine ununterscheidbare Masse …
    Was würde mit dieser Masse geschehen? War es nicht möglich, dass die Rassenvorurteile allmählich, automatisch und unbewusst eine Kraft schaffen würden, die schließlich, wenigstens nach außen hin, eine solide Masse ergäbe, die kämpferisch wäre? Oder würde der Druck des Vorurteils diese Masse schließlich sprengen und zerstreuen?
    Da war zum Beispiel Dick. Es war eine Lösung, eine leichte, angenehme Lösung für Menschen mit Dicks Hautfarbe, und was Dick getan hatte, hatten Hunderte vor ihm getan und würden Tausende nach ihm tun. Byron sagte sich, dass er während seiner kurzen Zeit in New York so viele farbige Menschen fast weißer Hautfarbe gesehen hatte, dass der Gedanke nahelag, diese Rasse könnte eines Tages ihre Identität verlieren. War das ihr Schicksal?
    Er dachte an eine andere Alternative. Wenn eine farbige Familie eine Wohnung bezog, flüchteten die weißen Familien. Wenn zwei farbige Familien in einen Häuserblock zogen, gingen die weißen Bewohner dort weg. So war Harlem eine afrikanische Stadt geworden. So wuchs Harlem, nach Osten und Westen, nach Norden und Süden, wuchs und wuchs langsam. Könnte es denn schließlich nicht geschehen, dass immer mehr Schwarze aus dem Süden und dem Westen zuwanderten, um die Vorzüge dieser neuen Metropole zu leben? Könnte es denn schließlich nicht sein, dass sie immer mehr auf weißes Territorium vordringen, bis Manhattan, das bereits einmal im Besitz der Indianer, Holländer und Engländer und schließlich der Schmelztiegel aller Nationen gewesen war, eine Negerinsel werden würde? Byron kicherte bei der Vorstellung, wie der letzte weiße Bewohner in einem Ruderboot von der Südspitze der Insel abstieß, während die schwarze Flagge über dem Aquarium und vom Dach jedes Wolkenkratzers wehte. Oder würden Grund und Boden in Harlem so teuer werden, dass es praktischer sein würde, den Besitz zu verkaufen und fortzuziehen? Oder wäre es jemals möglich, dass Weiße und Schwarze friedlich nebeneinanderlebten und miteinander teilten und tauschten? Dies war, wie Byron sich eingestehen musste, in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. »42 th Street!«, gellte der Schaffner. Byron stieg aus.
    Das Cletheredge Building war eine riesiges Bürohaus, das über vierzig Stockwerke hoch in den Himmel ragte, und die oberen Stockwerke befanden sich auf Terrassen. Der Haupteingang, den finstere Steindrachen bewachten, sah düster und unheilverkündend aus. Als Byron ihn betrat, dachte er an die Inschrift, die Dante über die Pforten der Hölle gestellt hatte.
    In einem geräumigen, unterirdischen Raum entdeckte er eine Gruppe junger Schwarzer, die lachten, schwatzten und Zigaretten rauchten, während sie ihre Uniformen anzogen. In einer Ecke würfelten drei junge Männer.
    »Achtung!«, rief einer, »da kommt der Neue.«
    »Wo kommste her?«, fragte ein anderer. Es stellte sich heraus, dass es Joel war, bei dem sich Byron melden sollte.
    »Harlem«, sagte Byron.
    »Hab dich dort nie gesehen«, Joel sah Byron argwöhnisch an. »Na, komm mit und hol deine Uniform.« Joel führte Byron zu einem Spind. »Die hat ein anderer getragen, der gerade gefeuert wurde. Schließ sie besser weg. Da ist der Schlüssel. Ich kann für die Typen hier nix garantieren.« Während Byron sich auf einer Bank die Hose auszog, plapperten die Jungen auf den Nachbarbänken weiter. Sie redeten ungeniert über ihre Liebesabenteuer, Würfelspiele, Lotterie und Kaschemmen in Harlem. Er hörte sich auch Berichte über die Heldentaten von Tiger Flowers und Leanshanks Pescod an. Die Atmosphäre war Byron irgendwie widerlich. Aber du willst Schriftsteller werden, und das hier ist wahrscheinlich erstklassiges Material. Trotzdem war sein nächster Gedanke, dass er nie über dieses Leben

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