NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)
dachte nur, es würde dich interessieren«, jammerte er und klang wieder wie ein Junge, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte.
»Ein andermal, ja?«
»Okay.« Er konzentrierte sich wieder auf die Straße und verschränkte die Arme vor der Brust.
Nach einer Weile erkundigte sich Dani nach seinen Lieblingsfilmen, um sein missmutiges Schweigen zu brechen.
Sofort besserte sich seine Laune. » Blutgericht in Texas ist mein absoluter Lieblingsstreifen.«
»Meiner auch.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Wie hat es dir gefallen, als er das Mädchen auf den Fleischerhaken gehievt hat?«
»Ich habe mich gekrümmt. Ich konnte es regelrecht am eigenen Leib spüren.«
»Ja, ich auch. Und der alte Kerl mit dem Hammer?«
»Igitt.«
Dani stellte fest, dass sie ihre kleine Fachsimpelei wider Erwarten genoss. Während sie über den Crescent Heights zum Pico Boulevard kurvte, diskutierten sie über Tobe Hoopers andere Meisterwerke. Anschließend verlagerte sich das Gespräch auf Filme von Wes Craven, George A. Romero, David Cronenberg und John Carpenter. Sie redeten über ihre Lieblingsszenen, wobei Dani manchmal kurz andeutete, wie bestimmte Effekte erzeugt wurden.
»Was ist mit der Duschszene in Die Augen des Wahnsinnigen? «
»Oh, den hast du gesehen?«
»Viermal«, gab Tony euphorisch zurück. »Wie habt ihr das mit dem Schürhaken gemacht?«
»Er ist in Wirklichkeit in eine Ganzkörperattrappe von Jenny eingedrungen, die wir vorher präpariert haben – eine Puppe.«
»Es hat so verdammt echt gewirkt.«
»Na ja, wir haben einen Abguss von ihr angefertigt. Im Wesentlichen mit derselben Technik, die wir heute Vormittag bei dir verwendet haben, nur dass bei ihr der komplette Körper im Spiel war.«
»Nackt?«
»Ja.« Sie dachte an Ingrid.
»Was waren die Eingeweide?«
»Eingeweide.«
»Echte Eingeweide?«
»Schweinedärme. Wir bekommen sie günstig von einem Schlachthaus.«
Tony schüttelte den Kopf. »Du machst solche kranken Sachen, aber von meiner Leichenkutsche willst du nichts hören.«
»Genau. Immer noch nicht.«
»Was ist da der Unterschied?«
»Filme sind nicht echt.«
»Schweinedärme sind schon echt.«
»Dieser Teil der Arbeit macht mir auch keinen Spaß. Er ist bloß ein notwendiges Übel. Außerdem lasse ich den Großteil der wirklich ekligen Sachen von Jack erledigen.«
» Mir würde das nichts ausmachen.«
»Glaub ich dir aufs Wort. Aber wie auch immer, genau das ist der Unterschied. Filme sind Fantasieprodukte. Jenny Baylor wurde nicht wirklich mit einem Schürhaken aufgespießt. Am Ende des Drehtags ging sie nach Hause zu ihrer Familie und landete nicht im Leichenschauhaus.«
»Aber den Zuschauern hat die Szene eine Heidenangst eingejagt. Sie waren angeekelt.«
»Das ist nur ein Spiel mit ihrem Vorstellungsvermögen. Ich meine, sie lassen selbst zu, dass sie die Handlung des Films für echt halten, aber tief in ihrem Inneren wissen sie, dass es nicht stimmt.«
»Also haben sie nicht wirklich Angst.«
»Sie spielen mit ihrer Angst.«
»Deshalb finde ich das echte Leben besser«, meinte Tony und sah sie an, als rechne er mit entschlossenem Protest.
»Menschen abstechen?«
»Nein, dafür sorgen, dass es ihnen eiskalt den Rücken runterläuft. Ich habe noch nie jemanden verletzt. Ich erschrecke Menschen nur schrecklich gern. Hast du das selbst schon mal gemacht?«
»Ich bin schon das eine oder andere Mal aus der Dunkelheit hervorgesprungen und hab ›Buh!‹ gerufen.«
»Ist das nicht toll?«
»Hin und wieder ist es ganz lustig.«
»Erregt es dich nicht auch ein bisschen, wenn du dich in einer finsteren Ecke versteckst und nur darauf wartest, zuzuschlagen?«
Dani zuckte mit den Schultern.
» Mich törnt das voll an.«
»Jeder, wie er mag«, murmelte Dani und rangierte den Wagen in eine freie Parklücke. Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Noch fünf Minuten.«
Auf dem Weg zum Kartenschalter öffnete sie ihre Handtasche.
»Ich bezahle«, erinnerte sie Tony. Er schien keinen Widerspruch zu dulden.
Dani runzelte die Stirn. Sie bezweifelte, dass er allzu viel Geld zur Verfügung hatte, außerdem gefiel ihr der Gedanke nicht, dass sie ihm etwas schuldig war. Andererseits würde eine Weigerung möglicherweise seine Gefühle verletzen. Bei solchen Dingen konnten Männer manchmal ausgesprochen kompliziert sein. »Also gut«, willigte sie ein und rang sich ein Lächeln ab. »Aber dafür spendiere ich uns das Popcorn.«
»Abgemacht.«
Mein Gott, dachte sie. Das klingt allmählich
Weitere Kostenlose Bücher