Nimm doch einfach mich
Mutter sie vorgeschlagen hatte, aber das war natürlich nicht der einzige Grund dafür gewesen, dass sie das Gesicht der Loft-Werbekampagne geworden war.
Jiffy nickte abwesend, holte eine Flasche Wodka aus dem Eisfach, nahm vier brandneue Riedel-Gläser aus einem der Schränke und begann auf der Schieferarbeitsplatte die Drinks zu mixen.
»Wenn ihr wollt, könnt ihr ein paar von den Päckchen aufmachen«, bot Jack Sarah Jane und Genevieve großzügig an, die gerade jeden Winkel des Apartments taxierten, als wäre es eine zum Verkauf stehende Immobilie. Sarah Jane nahm eine Soja-Kerze in die Hand, roch an ihr und rümpfte die Nase.
»Herzlichsten Dank.« Genevieves Stimme troff vor Sarkasmus.
Jack tat so, als hätte sie es nicht bemerkt, stellte sich an die Fensterfront und blickte zum millionsten Mal auf das frisch enthüllte Riesenplakat auf der anderen Straßenseite. Es zeigte sie in einem fließenden grünen Kleid von Oscar de la Renta mit verträumtem Blick und einem Gänseblümchen in der Hand, als wollte sie gleich dessen Blütenblätter abzupfen und »Er liebt mich, er liebt mich nicht« spielen. Sie sah glücklich und verliebt aus. Die Bildunterschrift lautete: »LEBEN UND LIEBEN IN GRÜN«. Das klang zwar irgendwie ziemlich idiotisch, aber das kümmerte sie nicht. Warum sollte es auch? Sie sah von der gigantischen Werbetafel auf Manhattan herab wie eine überlebensgroße Königin, die mit gütigem Blick ihre Untertanen betrachtet.
Sie war zurück.
Sarah Jane stellte sich neben sie. »Absolut umwerfend.« Sie hatte immer noch eine dieser seltsam riechenden Kerzen in der Hand, die sie von einem Sideboard genommen hatte. »Und das ist alles aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt?« Sie betrachtete skeptisch einen Lederclubsessel, der am Fenster stand. Ihre Mutter war die Chefredakteurin des Mode- und Einrichtungsmagazins Bella , weshalb sie sich für eine Expertin auf dem Gebiet der neuesten Designtrends hielt.
»Glaub schon.« Jack zuckte die Achseln. Wen interessierte das schon? »Was hab ich sonst noch bekommen?« Sie ließ sich neben Genevieve auf einen der Stühle fallen und sah einen Stapel bunter Einladungen durch.
Wir freuen uns, Sie und Ihre Gäste bei der Premiere von … begrüßen zu dürfen … Bitte besuchen Sie das Din ner im Daniel zu Ehren von … Das Whitney Museum und die Vogue hoffen, Sie bei der Gala …
»Dann zückt mal eure Timeplaner, Ladys!« Jack hob grinsend einen der Drinks, die Jiffy gemixt hatte, und nahm einen tiefen Schluck. Den hatte sie sich verdient. »Es warten jede Menge Events auf uns.«
Eine wahrhaft gütige Königin, die sich ihren Untertaninnen gegenüber als überaus großzügig erweist!
Plötzlich hörte Jack Schritte vor der Tür. Sie warf Jiffy einen finsteren Blick zu. Wahrscheinlich hatte sie es sich nicht verkneifen können, eine ihrer langweiligen Freundinnen aus der Zehnten einzuladen.
Die Tür schwang auf und J.P. kam herein. Er trug perfekt gebügelte Khakis, ein blaues Hemd von Thomas Pink und ein breites Grinsen im Gesicht.
»Was willst du denn hier?«, fragte Jack und zuckte im gleichen Moment innerlich zusammen. Sie hatte nicht so zickig und anklagend klingen wollen, aber sie hatte nun mal geplant, den Nachmittag mit ihren Freundinnen zu verbringen und ein bisschen – oder auch ein bisschen mehr – mit ihrer tollen neuen Wohnung anzugeben. Wenn J.P. dabei war, konnte sie sich das abschminken.
»Das Poster sieht großartig aus. Mein Vater hat mir schon erzählt, wie begeistert alle von der Kampagne sind.«
J.P. gab ihr einen Kuss. »Hat dein Vater dir einen Schlüssel gegeben?«, fragte Jack irritiert.
Bevor J.P. antworten konnte, erschien Henry, der Portier, mit zwei Matchbeuteln von Tumi über der Schulter in der Tür.
»Ihr Gepäck, Sir«, sagte er höflich und stellte es zu J.P.s Füßen ab.
»Du ziehst hier ein?«, fragte Jack fassungslos.
»Was schaust du mich so an? Willst du mich etwa nicht hier haben?«, neckte er sie lachend und stellte die beiden Beutel neben das Bett. »Ich dachte nur, dass ich ja ein paar Sachen hierlassen könnte. Besser als jedes Mal Taxi zu fahren. Ist schlecht für die Umwelt.« J.P. zwinkerte.
Jack nickte skeptisch, obwohl sie nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte. Allein und ohne elterliche Aufsicht in einem coolen und edel eingerichteten Apartment zu wohnen war eine Sache – mit ihrem Freund, mit dem sie erst vor Kurzem wieder zusammengekommen war, die Wohnung zu teilen, eine
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