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Nimm doch einfach mich

Titel: Nimm doch einfach mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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plötzlich das Gefühl, als wäre ihr ein zentnerschweres Gewicht von den Schultern gefallen. Sie nahm sich ein Sandwich aus einem der Kartons, biss davon ab und schloss genießerisch die Augen, als sich der Geschmack des weichen Käses in ihrem Gaumen ausbreitete.
    »Eigentlich nicht. Es geht nämlich immer noch eine Stufe beschissener«, sagte Sydney lachend. »Tja dann: auf den Aufstand der Jugend!« Sie prostete Baby mit einem Glas Wasser zu. »Der sollte nicht unterschätzt werden.«
    Hört, hört!

r auf dem weg zu sich selbst
    Rhys zog sein neues iPhone aus der Hosentasche, als sein Literaturlehrer Mr Shnarck anfing, über John Donne zu schwadronieren und dessen wichtigste biographische Daten an die Tafel zu schreiben. Seine Schüler nannten ihn nur Mr Schnarch und nutzten seine Stunden in der Regel dazu, SMS zu lesen und zu beantworten oder Hausaufgaben für andere Fächer zu erledigen – was Mr Shnarck nicht zu stören schien. Einmal war er sogar selbst eingenickt, während er der Klasse aus der »Ilias« vorgelesen hatte, und erst wieder aufgewacht, als sein Kopf auf der Platte des Lehrerpults aufschlug.
    Rhys vergewisserte sich, dass Mr Shnarck ihm den Rücken zukehrte, und senkte dann wieder den Blick auf das Display seines Handys.
    alles klar bei dir, alter? lust, heute abend auf n volley ballmatch der l'école-mädels zu gehen? du musst dringend mal auf andere gedanken kommen. junge, die tragen an geblich keine bhs unter ihren trikots …
    Rhys drehte sich zu Hugh um, der breit grinste und beide Daumen hochhielt. Er schüttelte den Kopf. Nicht einmal die Vorstellung, französischen Mädchen dabei zuzusehen, wie sie BH-los nach einem Volleyball hechteten, konnte ihn aus seiner Betäubung reißen.
    Als er sich wieder umdrehte, sah er, dass Mr Shnarck auf ihn zukam. Oh-oh. »›Kein Mensch ist eine Insel‹!« Er klopfte laut auf Rhys' Tisch, während er Donne zitierte; aus seinem Mund sprühten kleine Spucketröpfchen auf die Platte.
    »Sir?« Rhys rückte seinen Stuhl gerade und machte noch nicht einmal den Versuch, sein Handy zu verstecken. Was wollte der Typ von ihm?
    »Hätten Sie vielleicht die Güte, Ihre Privatangelegenheiten nach der Stunde zu erledigen und sich wieder mir und Mr John Donne zuzuwenden?«, fragte Mr Shnarck ironisch.
    »Entschuldigen Sie bitte, Sir«, murmelte Rhys. Mr Shnarck machte aber trotzdem keinerlei Anstalten zu gehen, sondern fing zur Belustigung der anderen Schüler auch noch an, theatralisch mit der Schuhspitze auf den Boden zu tippen.
    »Außerdem möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, Mr Sterling, dass wir literaturgeschichtlich noch nicht in der iPhone-Ära angekommen sind.« Er lachte keckernd über seinen lahmen Witz. »Aus diesem Grunde werde ich das Gerät vorläufig an mich nehmen.« Er streckte die geöffnete Hand aus. Ein paar Schüler aus den hinteren Reihen stöhnten genervt. Offiziell waren Handys an der Schule zwar verboten, aber alle anderen Lehrer drückten in der Regel ein Auge zu, wenn sie jemanden dabei erwischten, wie er eine SMS schrieb.
    »Mr Sterling?«, forderte Mr Shnarck Rhys erneut auf. Rhys seufzte und drückte ihm das Handy in die Hand. Dann stand er so abrupt auf, dass sein Stuhl mit einem dumpfen Aufschlag auf den Boden polterte.
    »Behalten Sie's. Ich bin jetzt nämlich weg«, brummte er, hängte sich seine abgewetzte Ledertasche von Tumi über die Schulter und verließ das Klassenzimmer.
    Und das im Literaturunterricht. Dabei heißt es doch immer, die jungen Leute von heute sollen mehr lesen.
    Er marschierte mit großen Schritten den Flur entlang, stürmte zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter und trat schließlich durch die Tür auf die East End Avenue. Sein Herz pochte hart gegen seine Rippen. Er war noch nie mitten im Unterricht abgehauen.
    Ohne nachzudenken schlug er den Weg Richtung Park ein und achtete weder auf rote Ampeln noch auf die beiden Mädchen in Constance-Billard-Uniform, die über die Straße gingen. Die größere der beiden zwinkerte ihm im Vorbeigehen verschwörerisch zu – sozusagen von Schulschwänzerin zu Schulschwänzer –, bevor sie mit ihrer Freundin in ein Taxi stieg. Doch im Gegensatz zu den beiden Mädchen, die glücklich und befreit aussahen, fühlte Rhys sich hundselend. Er konnte einfach nicht fassen, dass er seinem Lehrer das verdammte Handy gegeben hatte.
    Über sich selbst den Kopf schüttelnd, trottete er an einer Gruppe von Touristen vorbei, die sich auf den Stufen des Met sonnten,

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