Nina 04 - Nina und das Raetsel von Atlantis
werden wir Graf Karkon Ca d’Oro und seinen Gefolgsleuten auf dem Markusplatz den Prozess machen. Um über die Strafe zu entscheiden, brauche ich eure Meinung. Lasst mir bis Mitternacht eure Forderungen zukommen. Aber denkt gut nach. Die Strafe soll keine Rache, sondern wohlüberlegt sein. Die Erwachsenen werden von uns lernen, was es heißt, Gerechtigkeit zu üben.«
Abertausende Kinder jubelten Nina zu. Endlich zählte ihre Stimme. Ihre Gedanken waren von Bedeutung. Und die Erwachsenen würden das begreifen.
Nina streichelte Platon und Adonis und ging zum Anleger. Bevor sie aufs Boot stieg, drehte sie sich noch einmal um und sagte zu ihren vier Freunden: »Wir sehen uns morgen früh um zehn in der Villa Espasia. Heute Nacht können wir endlich wieder in unseren Betten schlafen. Wir müssen erholt und ausgeruht sein für den Urteilsspruch.«
An diesem Abend war in Venedig kein Laut zu hören. Die unzähligen Kinder, die die Gassen und Plätze bevölkerten, waren damit beschäftigt, ihre Vorschläge aufzuschreiben. Alle dachten darüber nach, welches Urteil das gerechteste für den schwarzen Magier wäre.
Als Nina, Adonis und Platon in die Villa Espasia traten, war das Haus freundlich erleuchtet. Vera stand gemeinsam mit Carmen am Herd, während Giacomo und Andora den Tisch im Rosensaal mit dem kostbaren Geschirr aus russischem Porzellan deckten. Ljuba und Carlo hatten es sich im Orangensaal gemütlich gemacht und plauderten entspannt bei einem Glas Wein.
Es war das erste Mal, dass Nina sah, wie ihre Kinderfrau sich eine Pause gönnte.
»Ninotschka, sobald es mir wieder besser geht, werde ich dir etwas Deftiges kochen«, sagte die liebe Sahnetorte und streichelte über das Gesicht des Mädchens. »Du brauchst regelmäßige Mahlzeiten und hast in letzter Zeit viel zu wenig gegessen.«
»Ich weiß, Ljuba, aber jetzt ruh dich aus. Mama kocht und das Abendessen wird bestimmt auch lecker sein.«
»Da ist noch etwas, das Carlo und ich dich fragen müssen«, sagte Ljuba.
»Was ist denn nun mit Professor José?« Carlos Frage ließ Nina erstarren.
»Nun also, Professor José ... ist gegangen. Aber ich weiß nicht wohin.« Die Antwort des Mädchens war nicht besonders überzeugend.
»Das ist ja eigenartig. Er schien dich so gern zu haben, Nina«, sagte Ljuba.
»Er war in letzter Zeit seltsam gereizt. Bestimmt hat er seine Entscheidung gut durchdacht«, war die ausweichende Antwort der jungen Alchimistin.
Nina sah zu ihrem Vater. Er lächelte schweigend. Giacomo hatte keinen Verdacht geschöpft. Schnell versuchte Andora das Thema zu wechseln und fing an, mit Carlo über die Blumen im Park zu reden, die gerade erblüht waren und nach seiner langen Abwesenheit Pflege nötig hatten.
Alles in der Villa Espasia schien wieder zur Normalität zurückgekehrt zu sein. Das Mädchen vom Sechsten Mond streckte sich auf dem Sofa aus und betrachtete das Bild der Großmutter. Ihr Herz klopfte aufgeregt. Nur noch wenige Stunden und Karkon würde verurteilt werden.
»Nina, wo ist denn diese merkwürdige Frau aus Metall hin?«, fragte Vera, die mit einer Schüssel Nudeln in den Orangensaal gekommen war.
»Ich weiß es nicht«, antwortete das Mädchen erneut verlegen.
»Ich glaube ja, sie ist zu diesem seltsamen Kerl, der an Heiligabend als Weihnachtsmann verkleidet war, gegangen. Erinnert ihr euch?«, sagte Andora lächelnd.
»Ja, was für lustige Freunde du hast, Nina. Ich versuche immer noch dahinterzukommen, wie deine Mutter und ich in Venedig gelandet sind, ohne auch nur etwas von der Reise mitzubekommen. Im Ferk suchen sie uns bestimmt schon«, fügte Giacomo nachdenklich hinzu.
»Ihr werdet doch nicht wieder nach Moskau gehen, oder?«, fragte Nina beunruhigt.
»Nein. Wir haben entschieden, hierzubleiben. In dieser Villa zu leben, scheint mir noch abenteuerlicher, als ins All zu fliegen«, beruhigte Vera ihre Tochter und blickte lächelnd zu ihrem Mann.
Alle setzten sich an den Tisch und verschonten Nina mit weiteren Fragen.
Es war wirklich ein besonderer Abend, nicht nur wegen der bevorstehenden Ereignisse. Denn als sie gerade ins Bett gehen wollten und Vera und Giacomo ihrer Tochter einen Gutenachtkuss gaben, klingelte es an der Tür.
Es war genau zweiundzwanzig Uhr. Nina erschauerte. Ein Gedankenblitz durchfuhr sie und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Vera sah erschrocken ihre Tochter an und eine Träne rann ihr die Wange hinab.
»Mama ... aber ... heute ist es genau ein Jahr her, dass Opa Mischa
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