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wieder auf den Stapel.
„Was halten Sie davon, Burma?“
„Tja, vielleicht ist er tatsächlich der Mörder. Oder er ist vor dem wirklichen geflüchtet. Oder das ist alles purer Zufall.“
„Wir möchten, daß Sie das rausbekommen.“
Ich schüttelte den Kopf.
„Tut mir schrecklich leid, Monsieur. Aber ich kann unmöglich in dem Hotel rumschnüffeln. Kommissar Faroux leitet die Untersuchung. Wenn ich dem dabei in die Quere komm, weiß er sofort Bescheid. Er ist ein Freund von mir. Aber an erster Stelle ist er Flic. Wär gar nicht gut für alle Beteiligten.“
„Hm...“
Ein seltsames Schnalzen verriet mir, daß mein Gegenüber den Einwand ab wägte.
„...Vielleicht haben Sie recht... Und was nun?“
„Ich glaube, wir sollten warten. Wenn irgendetwas rauszukriegen ist, dann werden’s die Flics schon rauskriegen — leichter als ich.“
„Die haben sich doch von Anfang an geirrt“, brummte Grandier. „Schon seit dem Diebstahl. Warum sollte sich das ändern?“
Er war zwar von Berufs wegen nicht gegen die Polizei, vertraute ihr aber auch nicht blindlings. Ziemlich komisch.
„Andererseits“, fuhr er fort, „wenn Roland Gilles seinen Freund getötet hat, um Ihre Prämie alleine zu kassieren, dann wird er sich bestimmt bei Ihnen melden. Sollte er aber vor dem wirklichen Mörder fliehen, wird er das auch tun.“
„Und wenn wir weder von ihm noch von sonst jemandem hören, was dann?“
„Gedulden wir uns ein paar Tage. Hat sich Gilles nicht gezeigt, sagen wir bis Montag, dann gehe ich der Sache weiter nach. Aber im Augenblick, mit dem ganzen Haufen Flics, die sich in Saint-Germain-des-Prés rumtreiben, halt ich mich lieber abseits.“
Seufzend erhob sich Monsieur Grandier.
„Gut“, willigte er ein. „Außerdem, ein paar Tage mehr oder weniger, jetzt...“
„Genau, das wäscht jetzt auch keinen Mohren mehr weiß.“ Wir zwei hatten uns nichts mehr zu sagen. Ich verabschiedete mich.
Zu Hause angekommen, hatte ich nur noch einen Wunsch: Schlafen, nichts als schlafen. Wie ein Toter.
Ich legte mich ins Bett. Nicht alleine. Neben mir schlummerte die Hoffnung, Florimond Faroux möge bis Montag den Mörder, den Schmuck der Marquise und alles finden, was er sonst noch wollte. Zum Teufel mit dem ganzen Kram. Wollte nichts mehr davon hören. Wenn ich nur dran dachte, kam’s mir hoch.
Aber vielleicht war das auch nur von der Müdigkeit oder dem Kater. Oder dem Geruch aus dem Totenzimmer, den ich immer noch in der Nase hatte. Nichts in dem ganzen Durcheinander schien mir sauber, offen und ehrlich zuzugehen. Irgendetwas war hier oberfaul, zum Kotzen. Es gibt so Tage, an denen bläst die Trübsal den Zapfenstreich.
5.
Der wache Schläfer
Man ändert sich nie.
Ich wartete natürlich nicht bis zum nächsten Montag, um mich wieder hinter den Fall zu klemmen. Dabei verdiente dieser Montag durchaus Beachtung. Er fiel auf den 13., das Fest des Hl. Antonius von Padua, des lieben Jungen, der für die verlorenen Sachen zuständig ist. Der Tag konnte einem also schon gefallen. Ich hätte mich wirklich bis dahin gedulden können. Aber das ist leicht gesagt. Freitag nachmittag , zwei Tage nach meinem Gespräch, am 10. also, bekam ich einen Anruf. Ich blätterte gerade die Zeitungen durch. Marcelle war am Apparat.
„Hab vielleicht was für dich.“
„In Zusammenhang damit?“
„In Zusammenhang womit? Ach ja! Bin ich blöd? Hab nicht gleich kapiert. Ja, in Zusammenhang damit.“
„Interessant?“
„Glaub schon.“
Klang nicht sehr überzeugend. Verdammter Struwwelpeter! Ich sah sie in ihren ausgelatschten Schuhen vor mir. Wollte sich bestimmt elegantere kaufen. Na ja...
„Und was genau hast du für mich?“
„Können wir uns nicht treffen?“
Klar, Geld kann man schlecht durchs Telefon schieben. Wir mußten uns schon gegenübersitzen.
„Wenn du willst.“
„Ich bin um sechs im Échaudé.“
„Gut. Hattest du keinen Ärger?“
„Nein.“
„Um so besser.“
„Bis heute abend.“
„Ja.“
Interessant! Von wegen. Sollte sie warten!
Ich nahm mir wieder meine Zeitungen vor. Seit dem 8. Juni las ich ständig Zeitung. Die Ermittlung im Fall Diderot-Hôtel kamen nicht vom Fleck. Von Fingerabdrücken war nicht mehr die Rede. Waren wohl zwischen dem Boulevard Saint-Germain und der Tour Pointue verlorengegangen. Dafür hielten es die Journalisten für immer wahrscheinlicher, daß der Schmuck der Marquise eine Rolle bei dem Mord gespielt hatte. Man munkelte, Charlie Mac Gee habe den Dieben
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