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die Beute rechtmäßig zu besitzen, hätte er sie Ihnen danach zukommen lassen. Er wußte ja, daß Sie ihm den Schmuck aushändigen würden...“
„Richtig. So ist er raus aus dem Schneider. Hat das Zeug von einem Privatflic, den er zu eben diesem Zweck engagiert hat. Genau das wird er erzählen, wenn er gezwungen ist auszupacken. Hat mich sozusagen engagiert, damit ich in dem Spielchen den Affen spiele.“
„Aber das ist doch Wahnsinn“, rief Hélène wieder. „Immerhin, Monsieur Grandier...“
„...hat verflucht viel Zeit gebraucht, um den Hörer abzunehmen. War womöglich grad erst nach Hause gekommen... von hier...“
„Das hat doch nichts zu sagen. Nein, Chef, das kann ich einfach nicht glauben.“
Nach einer kurzen Pause rief ich:
„Ach, Scheiße! ... Ja, stimmt. Völlig verrückt. In meinem Kopf...“
Ich schüttelte ihn.
„...da oben in meinem Kopf paßte alles herrlich zusammen. Aber wenn Sie diese Theorie laut aussprechen, merk ich, wie verrückt das alles ist... Trotzdem... Grandier wußte als einziger, daß ich mich damit beschäftigt hab. Wer sonst hätte mir das Paket vor die Tür legen können? Je mehr ich darüber nachdenke, desto undurchsichtiger wird die Geschichte...“
„Moment!“ rief Hélène. „Nehmen wir einmal an, Mac Gee ist aus einem anderen Grund umgebracht worden? Er hat mit Drogen gehandelt, vergessen wir das nicht! Sein Mörder läßt den Schmuck mitgehen, kann ihn aber nicht loswerden. Also...“
„...legt er ihn mir vor die Tür. Da wären wir wieder am selben Punkt angelangt. Woher wußte der Mörder, daß ich der Versicherung den Ramsch wiederbringen sollte? ... Und der Flic in Witwergestalt? Dieser eiskalte Engel, der gefeuerte Hotelportiers kaltmacht?“
Ich mußte selbst darüber lachen. Die Müdigkeit. Und die Nerven.
„Wir sollten besser ins Bett gehen“, schlug Hélène seufzend vor.
Sie stand auf und strich ihren Rock glatt. Ich gähnte.
„Was haben Sie da grade gesagt?“
„Wir sollten besser ins Bett gehen“, wiederholte sie.
„Wir?“
„Jeder für sich natürlich ,“ präzisierte sie.
Ich sah auf meine Uhr.
„In fünf Minuten geht die erste Metro. Ich werd hier schlafen. Bis Montag. Hab’s dringend nötig. Gehen Sie, mein süßer Engel. Charmante Träume.“
„Träume in Rosa. Und weit und breit kein Privatdetektiv.“
Bevor mir was Passendes einfiel, war sie schon geflüchtet.
Ich legte mich flach. Bevor ich die Augen schloß, grübelte ich noch über das ganze Durcheinander nach. Wenn Grandier nicht die Hauptperson war, dann wußte irgendeiner genauestens über meine Rolle in dem Spiel Bescheid. Der geheimnisvolle Unbekannte. Das war mir gar nicht lieb. Überhaupt nicht.
8.
Hoffnungsschimmer und tausend Sterne
Ich träumte, ich wär der berühmte Uhrendieb aus der Zeit des Wilden Westens, dessen Pferd von dem höllischen Lärm verrückt wurde, den die Beute des Betrügers in den Satteltaschen machte. Es hetzte sich zu Tode. Ich dagegen war dem Laster verfallen, einen ganzen Haufen von Weckern so einzustellen, daß sie nacheinander klingelten. Ein verrückter Traum. Gefiel mir gar nicht. Hatte das unbestimmte Gefühl, daß irgendwann während meines Traums so was wie ein Dieb (noch einer!) in mein Büro drang und einen anderen Traum verscheuchte. Diesmal einen wohltuenden, allerdings noch ziemlich undeutlichen Traum. Unmöglich, diese teuflischen Uhren zum Schweigen zu bringen.
Ich wachte auf und stieß als erstes einen lauten Fluch aus. Eine feine Art, den Tag zu begrüßen... oder die Nacht zu verabschieden. Es war nämlich noch dunkel. Das Klingeln hörte und hörte nicht auf. Es waren keine Wecker, sondern das Telefon. Zum Teufel mit diesem Höllenapparat! Ich befreite mich von dem Bettlaken, streckte den Arm aus und kriegte mit unsicherer Hand den Apparat zu fassen. Lahm, sehr lahm brachte ich den Hörer an mein Ohr. Ich gähnte mein „Hallo“ in die Muschel und sah auf die Leuchtziffern meines Weckers (meines einzigen!): halb drei. Dienstag, 21. Juni. Nein Mittwoch, 22. Juni. Seit hundertfünfzig Minuten. Eine Minute für jede Million, die der Schmuck der Marquise de Forestier-Cornon wert war! Und 22: Achtung, Polente!
Seit Monsieur Grandier vier Tage zuvor die funkelnde Beute mitgenommen hatte, war nichts — oder fast nichts — passiert. Keine böse Überraschung für Nestor, entgegen meinen Befürchtungen. Vielleicht war jetzt eine fällig.
„Hallo? Nestor Burma?“
„Ja.“
„Hier Grandier.“
„Hört
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