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wünschen, daß man die Leiche des armen Mädchens nie finden werde. Nicht damit die Täter ungestraft davonkamen, sondern wegen der Tante, der netten alten Jungfer. Mademoiselle Julie glaubte doch tatsächlich, daß ihre Nichte bis ans Ende der Welt gegangen war, um die große Liebe mit einem Märchenprinzen oder einem Fakir zu finden... Fakir Burmah. Zum Totlachen! Magier Burma. Jetzt kapierte ich so langsam, welche Worte die Kleine in ihren Alpträumen von sich gegeben hatte. Mac Gee... Magier... der tote Mac Gee... und Burma. Nestor Burma, der in der Todesnacht des Schwarzen in dieses Viertel gekommen war. Nestor Burma, von dem bekannt war, daß er sich für den Mord interessierte... Und Taxi hatte bestimmt seinen Namen irgendwo gehört...
Also, von mir würde Mademoiselle Julie Caprond nichts über das traurige Schicksal ihrer Nichte erfahren. Ich würde ihr irgendein Lügenmärchen auftischen und den Auftrag zurückgeben. Und dann würde ich mit den andern abrechnen, mit allen andern. Die sollten mir für den Tod der unglücklichen Blonden bezahlen. Bestimmt hatte Roland Gilles ihr den tödlichen Schlag beigebracht... aber der Schlag kam von weiter weg, von sehr viel weiter weg...
Das Telefon riß mich aus meinen Träumereien.
„Ah! Sie sind da“, meldete sich Hélène. „Hab auf gut Glück angerufen. Hier ist ein dringender Rohrpostbrief für Sie. Ich les ihn mal vor.“
„Von wem?“
„Mademoiselle Julie Caprond, Rue Blaise-Desgoffe.“
„Und?“
„Cher Monsieur ; ich schreibe Ihnen den Brief, kurz nachdem Sie sich verabschiedet haben. Ich habe etwas Wichtiges vergessen...“
Nichts war mehr wichtig.
„... Wenn Sie bitte nochmal vorbeikommen könnten ...“
* * *
Die alte Dame schien furchtbar verlegen. Sie zupfte ständig an ihren tränenförmigen Ohrringen.
„Als Sie weggegangen waren, hatte ich sofort Gewissensbisse“, stammelte sie. „Ja, Gewissensbisse. Ich war mir richtig böse wegen meiner Prüderie...“
„Hören Sie“, unterbrach ich sie. „Ich weiß nicht, was Sie mir an Wichtigem mitteilen wollen. Aber vorher möchte ich Ihnen was mitteilen. Ich hab die letzten Stunden nicht vergeudet…“
Nein, hatte ich wirklich nicht.
„...und dabei bin ich zu dem Schluß gekommen, daß Ihre Nichte wohl nicht mehr in Paris ist. Und da ich ihr nicht durch ganz Frankreich hinterherlaufen kann, möchte ich Sie bitten, mich von dem Auftrag zu befreien.“
„Nicht mehr in Paris?“
„So ist es.“
Und ich tischte ihr ganz ofenfrisch das Märchen von einer „Flucht aus Liebe“ auf, das ich mir unterwegs zurechtgelegt hatte. Zum ersten Mal in meiner Laufbahn als Märchenerzähler wurde mir beim Märchenerzählen unbehaglich. Aber anders ging’s nun mal nicht.
„Und wissen Sie auch, mit wem sie davongelaufen ist?“ fragte Mademoiselle Caprond.
„Nein.“
„Hoffentlich ist das ein anständiger Junge!“
„Keine Ahnung.“
Sie rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, zupfte wieder an den Ohrringen.
„Ich sollte Ihnen jetzt erzählen... was ich neulich verheimlicht habe... übrigens gehört mir das nicht... und ihr bestimmt auch nicht... und ich möchte es nicht mehr hier im Hause haben... hab’s Ihnen dummerweise verheimlicht... und dann hatte ich Gewissensbisse... Ich weiß nicht, in welchen Kreisen meine Nichte verkehrt... obwohl... sich zur Miß Müll wählen zu lassen... das hat schon was zu sagen... aber es gibt sicher Schlimmeres... Kurz und gut, ich hab etwas unter Catherines Sachen gefunden... etwas zu Wertvolles, als daß es nicht gestohlen ist...“
„Was denn?“
„Hier...“
Auf dem niedrigen Tischchen zwischen uns stand ein Kästchen. Sie öffnete es, und ich erblickte... Nein, das überraschte mich nicht sehr. Im Gegenteil, das paßte gut. Das klärte, das erklärte so einiges. Nein, überraschen tat mich das ganz und gar nicht.
In dem Kästchen funkelten vier grüne Steine. Die Ohrringe der Marquise de Forestier-Cournon. Die Smaragde, die in unserer Sammlung noch fehlten.
* * *
Ich ging nach Hause. Dort legte ich erst mal den Hörer neben das Telefon, um nicht gestört zu werden, und die Ohrringe in eine Schublade. Detektive wie mich mußte Monsieur Grandier erst mal suchen! Ich zündete meine Pfeife an und nahm mir die Flasche mit der Panthermilch wieder vor. Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, 2 und 2 zusammenzuzählen, dann 4 und 4, schließlich 8 und 8. Zwischen zwei Rechenoperationen sah ich mir die Schallplatte näher an, die meine
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