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wohnt. Treibt sich irgendwo an der Côte d’Azur rum. Wenn er sich
extra herbemüht, muß sich das wohl lohnen.“
„Bestimmt.“
„Und wenn sich das lohnt...“
„...werd ich Sie nicht
vergessen. Aber wo ich Sie schon mal an der Strippe hab... Produzent, sagen
Sie? Hoffentlich nicht so einer wie Laumier...?“
„Um Himmels willen, nein!
Ziemlich jung, intelligent, reich. Macht dem französischen Film alle Ehre. Im
Moment soll er ein Superding drehen, drei- oder vierdimensional, mit Tony
Charente. Für sie aber nicht interessant. Gehört zu seinem Job, nicht zu
Ihrem.“
„Kommt drauf an“, sagte ich
nachdenklich. „Tony Charente, sagten Sie?“
„Ja.“
„Der Name sagt mir was.“
„Ach wirklich?“ lachte der
Journalist. „Sonst wären Sie auch der einzige, der den nicht kennt. Er hat den
harten Jungen in Métro-Schnee gespielt.“
Ich sagte „Ach so“, dachte aber
an was anderes als an den Gangsterfilm.
„Vielen Dank erst mal, mein
Lieber“, verabschiedete ich mich. „Werd dann mal auf diesen Anruf warten. Ich
sag Ihnen Bescheid.“
Wir legten auf. Ich zündete mir
meine Pfeife an und machte es mir im Sessel bequem. Vielleicht hatte ich ja
beim Film eine Zukunft. Laumier... Montferrier... Das Läuten des Telefons riß
mich aus den schönsten Träumen.
„Hier Nestor Burma.“
„Hier Sekretariat Jean-Paul
Montferrier, Montferrier-Globe-Films“, meldete sich eine goldene Stimme.
„Mademoiselle Annie. Sie sind Nestor Burma...“ Anscheinend hatte sie Notizen
vor ihrer Nase liegen. „...Privatdetektiv, Leibwächter von Grace Standford?“
„Ja, Mademoiselle.“
„Sie haben heute nacht die letzten Minuten von Lucie Ponceau miterlebt?“
„Ja, Mademoiselle.“
„Marc Covet vom Crépuscule hat uns Ihre Telefonnummer gegeben.“
„Ich weiß. Und daß Monsieur
Montferrier mit mir sprechen will, weiß ich auch.“
„Ja, Monsieur. Monsieur hat
einen Auftrag für Sie. Könnten Sie heute nachmittag um... sagen wir... fünfzehn Uhr in die Résidence Montferrier kommen, nach
Neuilly?“
Sie gab mir die genaue Adresse.
„Heute nachmittag um fünfzehn
Uhr also?“ fragte ich nach.
„Ja, Monsier.“
„Ich dachte, Monsieur
Montferrier wär an der Côte d’Azur?“
„Monsieur befindet sich auf dem
Weg nach Paris. In seinem Privatflugzeug.“
„Sehr schön! Also fünfzehn Uhr,
heute nachmittag.“
„Ich kann Ihnen einen Wagen
schicken, Monsieur.“
„Vielen Dank, aber ich hab
einen eigenen.“
„Wunderbar. Auf Wiedersehen,
Monsieur.“
„Auf Wiedersehen,
Mademoiselle.“
Ich legte den Hörer auf die
Gabel und grinste ihn an. Privatflugzeug! Donnerwetter!
* * *
Die Nachmittagssonne brannte
heiß auf die Résidence Montferrier. Ein prächtiges Anwesen, schätzungsweise
kaum kleiner als ein durchschnittliches Département. Die hohe Mauer war mit
Pflanzen bewachsen. Auf der anderen Seite wurde das Gründstück durch einen
richtigen Mischwald begrenzt. Ich hielt vor dem gewaltigen schmiedeeisernen
Tor. Ein Pförtner öffnete und wies mir den Weg zum Haus, das man am Ende einer
asphaltierten Allee erahnen konnte. Die Allee war so breit wie eine
ausgewachsene Nationalstraße. Das Laub der Bäume bildete ein kühles Gewölbe.
Ich parkte meinen Wagen vor einem ockerfarbenen Kasten. Die Verwirklichung des
Traums eines kubistischen Meisters. Schon das Erdgeschoß hatte nichts von einer
Überschwemmung zu befürchten, so hoch lag es. Eine breite Treppe mit mehreren
Absätzen führte zum Eingang. Insgesamt wenigstens vierzig Stufen aus dickem,
meergrünem Glas. Man hatte den erfrischenden Eindruck, daß ständig Wasser
darunter plätscherte. Trauerweiden weinten darüber, daß sie unterhalb dieses
Bauwerks angepflanzt worden waren. Eine richtige Filmkulisse.
Ich stieg aus und wagte mich
auf die Glastreppe. Die Eingangstür öffnete sich, und vor mir stand ein
klassischer Diener. Unangenehm weißblond, fast wie ein Albino. Schien mir
aufgelauert zu haben. War ich Nestor Burma? Ja, war ich.
„Monsieur erwartet Sie. Wenn
Monsieur mir folgen wollen...“
Wir durchquerten einen
weitläufigen living-room, vollklimatisiert und totenstill, und ließen
uns von einem Aufzug in die zweite Etage bringen. Hier erwartete uns ein Flur,
der Emil Zatopek zum Training dienen konnte. Der Domestik klopfte an eine der
Türen, meldete mich und trat zur Seite, um mich eintreten zu lassen.
Jean-Paul Montferrier thronte
auf einem antiken Stuhl mit hoher Rückenlehne hinter einem
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