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gerunzelt. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und
fluchte erst mal ausgiebig.
„Fabre muß Blanchards Karte
mitgenommen haben. Werd Ihnen morgen sein Foto zeigen. Aber ich glaub nicht,
daß Sie dem Burschen jemals begegnen werden.“
„Fazit?“
„Fazit? Lucie Ponceau ist tot,
und über Tote redet man nicht schlecht. Aber je mehr ich überlege, desto mehr
bin ich davon überzeugt, daß sie mit den Verbrechern in Verbindung stand, die
uns seit ein paar Tagen immer wieder beschäftigen: Venturi, Melganno,
Blanchard. Ihr Selbstmord hatte Folgen, die wir im Moment noch nicht übersehen
können.“
„Melganno“, warf ich ein. „Noch
einer, den ich vom Namen her kenne. An der Grenze verhaftet, hm?“
„Ja“, gab Faroux ungern zu.
„An Ihrer Stelle würde ich mich
um diesen Italiener kümmern. Der Drogenhandel schien in letzter Zeit etwas
eingeschlafen zu sein. Wacht aber allmählich wieder auf, hm? Blanchard
erscheint wieder auf der Bildfläche; Venturi, angeblich aus dem Geschäft
ausgestiegen, macht sich wie ein Dieb aus dem Staub; Melganno macht eine kleine
Tour de France... um den würd ich mich ganz besonders kümmern. Vielleicht hat
er sich mit Blanchard getroffen, und durch ihn...“
„Gute Idee“, lachte der
Kommissar gequält. „Sie haben gute Ideen. Ich hab gute Ideen. Wir haben alle gute Ideen. Leider auch die andern. An Melganno hab ich auch
schon gedacht, mein Lieber. Hab mit Lyon telefoniert. Dort war Melganno
eingesperrt. Ist ausgebrochen. Dabei hat’s ‘ne Schießerei gegeben. Einzelheiten
folgen. Kann ich aber gut drauf verzichten!“
14.
Der Tag
bricht an
Müde und schlechtgelaunt kehrte
ich ins Cosmopolitan zurück. Ich hatte das Gefühl, irgendwas Wichtiges am Quai
des Orfèvres vergessen zu haben: eine Frage zu stellen oder mehr in
Einzelheiten zu gehen. Ich gab der Rezeption Anweisung, mich nicht vor Mittag
zu wecken, unter gar keinen Umständen. Dann legte ich mich schlafen. Ich weiß
nicht, ob das ganze Durcheinander Grace Standford gefallen hätte. Sie war ein
sehr ruhiger Star.
* * *
Um viertel nach zwölf ließ sich
Marc Covet bei mir melden.
„Lange nicht gesehen“, begrüßte
er mich.
„Kann man sagen.“
„Ich nehm an, Sie haben in der
Zwischenzeit einiges erlebt?“
„Kann man sagen.“
Ich erzählte ihm, was ich
erlebt hatte. Kaum war ich damit fertig, da klingelte das Telefon. Mademoiselle
Annie, Montferriers energiegeladene Sekretärin.
„Ich hab Auskünfte über Raymond
Morgues“, sagte sie. „Laumier hatte ihn nie in seinem Stall. Auch ist nie die
Rede davon gewesen, gemeinsam zu arbeiten. Die beiden haben sich nie
kennengelernt. Ich werd wohl meine Ansicht über den bösen Blick überdenken müssen“,
fügte sie als gute Verliererin lachend hinzu.
„Vielleicht, ja. Vielen Dank
für Ihre Bemühungen. Oh! Warten Sie... Die Produktionsfirma, mit der Morgues
gearbeitet hat, als er wieder rückfällig wurde... hatte die vielleicht Streit
mit Laumier?“
„Ach, wissen Sie... Laumier hat
immer irgendwelchen Streit mit irgendwem.“
„Aha. Na ja, nochmals vielen
Dank. Werd heute wahrscheinlich Monsieur Froment wiedersehn. Ich sag Ihnen
Bescheid.“
„Was gibt’s denn?“ fragte Marc
Covet neugierig, als ich aufgelegt hatte.
„Kino verpflichtet. Ich fang
auch schon mit Überblendungen an... Was guckt denn da aus Ihrer Tasche?“
„Die neueste des Crépu.“
„Mit Bericht über Melgannos
Ausbruch?“
„Lang und breit.“
Ich zog ihm die Ausgabe aus der
Tasche. Der Rauschgifthändler war geflohen, als er von einem
Untersuchungsgefängnis in ein andres verlegt werden sollte. Die Grüne Minna war
von motorisierten Gangstern überfallen worden. Zwei Tote hatte es gegeben, aber
nur einer wurde beklagt: ein Ordnungshüter namens Lavérune. Der andere war
einer von Melgannos Komplizen und hatte keinen Namen. Hatte weder Papiere bei
sich noch ein Zeichen in der Wäsche. Wahrscheinlich ein Vorbestrafter, den die
Polizei bald identifizieren würde. Melganno war in dem Überfallwagen
geflüchtet. Alle Fahndungen waren bisher ergebnislos verlaufen...
Das hatte ich schon alles aus
dem Mund meines Freundes Florimond Faroux erfahren. Ich kannte nur noch nicht
das Gesicht des toten Banditen. Im Crépuscule sah ich sein Foto. Jung,
die schmalen Lippen durch den Tod noch schmaler, die leblosen Augen starr,
leicht vorstehend, aber nicht mehr so wie bei einer Kuh. Monsieur Clovis würde
nicht mehr auf wertvollen Köpfen von Privatdetektiven
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