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Noch ein Kuss

Noch ein Kuss

Titel: Noch ein Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carly Phillips
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die Augen und kämpfte mit den Tränen, die bei diesem Kuss in ihr aufstiegen. Sie wusste, dass es nicht in Mikes Macht stand, dieses Versprechen zu halten, aber sie widersprach ihm nicht. Sie musste diese Worte aus seinem Mund hören, um sie in ihrem Herzen bewahren zu können.
    »Du wirst damit fertig, Mike.« Sein Selbstvertrauen zu stärken, auch wenn ihr eigenes schwächelte, war das Mindeste, was sie für den Mann tun konnte, den sie liebte. Denn das tat sie. Es war sinnlos, es weiter zu leugnen. »Und wenn du wieder an Ort und Stelle bist, wirst du es merken. Alles, was du liebst, wartet dort auf dich.«
    »Nicht alles.« Mike drückte Carly so fest an sich, dass sie Mühe hatte, Luft zu bekommen.
    Aber es machte ihr nichts aus. In dieser Nacht war nur eines wichtig – dass er sie in seinen Armen hielt.
    Schweigend lagen sie beieinander. Die Uhr im Flur machte sich über sie lustig, indem sie laut tickend mitzählte, wie die Zeit verrann. Mit jeder Minute, die vorüberging, rückte die Morgendämmerung näher.
    Ohne es zu wollen nickte Carly ein. Als sie wach wurde, hatte sie einen steifen Nacken von ihrer seltsamen Lage auf der Couch. Sie wusste es, bevor sie die Augen öffnete.
    Mike war fort.
    Er hatte sein Versprechen gehalten. Er hatte sie nicht geweckt, um »Auf Wiedersehen« zu sagen.
    Und geliebt hatten sie sich auch nicht mehr.
    Den ganzen nächsten Monat widmete Carly ihrem Bedürfnis, eine Beziehung zu betrauern, die vorüber war, ehe sie begonnen hatte. Ihrem Verlobten hatte sie keine Träne nachgeweint, doch Mikes Verlust traf sie mitten ins Herz. Er war nicht nur ein Mann, der einmal ihren Weg gekreuzt hatte. Er hatte nicht nur ihr Leben, sondern auch sie verändert, und zwar zum Besseren.
    Carly konnte kaum etwas essen; selbst Joghurt oder Getränke hatten Mühe, an dem Kloß in ihrem Hals vorbeizukommen. Jedes Mal, wenn sie sich in der sonnigen Küche aufhielt, versuchte sie, die Erinnerungen an Liebe, Lachen und laut schreiende Hummer zu verdrängen – ohne Erfolg. Also richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Arbeit, die sie zwar nicht tröstete, aber von der schmerzlichen Wahrheit ablenkte.
    Doch sie konnte sich nicht für immer verstecken. Als Carly den hellen Sonnenschein, der auf den Strand niederbrannte, nicht mehr ertragen konnte, weil ihre eigene Stimmung so düster war, kam sie zu dem Schluss, dass es Zeit wurde, etwas zu ändern. Sich abzukapseln und in Selbstmitleid zu versinken brachte sie nicht weiter. Sie musste Mikes Beispiel folgen und ihr Leben wieder in die Hand nehmen. So schnell, wie sie die Koffer gepackt hatte und in die Hamptons gefahren war, hatte sie alles wieder eingepackt, um in die Stadt zurückzukehren.
    In ihrer gewohnten Umgebung angekommen riss Carly sich zusammen. Sie rief in der Schule an und erklärte sich bereit, bei Bedarf auch in den Sommerferien Beratungstermine anzubieten. Und sie arbeitete nicht nur an ihrem Buch, sondern auch an einigen neuen Ideen für die Kolumne, bis sie schließlich so erschöpft war, dass sie abends körperlich und geistig am Ende ins Bett fiel. Sie traf Juliette zum Abendessen oder auf ein paar Drinks, einige andere Freunde zum Mittagessen und versuchte, ihr altes Leben wieder aufzunehmen.
    Doch im Traum sah sie immer noch Mike: sein Lachen, seinen lässigen Gang, seine Lippen. Nichts lenkte sie ab, und nichts fiel ihr leicht. Nicht einmal das Buch. Wenn sie auf alles zurückblickte, was sie während des Sommers geleistet hatte, war es oberflächlich gesehen eine ganze Menge, aber nichts Tiefergehendes. Oh, mit dem Teil über Freundschaften war sie recht gut vorangekommen, mit dem über die Familie allerdings weniger. Sie hatte ja gleich gewusst, dass es nicht einfach sein würde. Doch mit Mikes aufmunternden Worten im Kopf hatte sie es immerhin geschafft, für beide Teile einen groben Entwurf zu erstellen. Und obwohl sie sich gern darüber gefreut hätte, gelang es ihr nicht, denn dem Entwurf fehlte es an Herz. Vielleicht weil ihres so großen Schaden genommen hatte.
    Da sie ohne Mike viel allein war, wurde Grübeln ihre Lieblingsbeschäftigung. Sie musste sich unbedingt davon befreien. Wenn sie sich nicht mit ihren irrationalen Ängsten auseinandersetzte, schaffte sie es nie, sich auf irgendjemanden oder irgendetwas einzulassen. Daran, dass die Sache mit Mike zu Ende gegangen war, war nichts mehr zu ändern. Sie hatte ihn nicht gebeten zu bleiben, weil sie wusste, wie unglaublich wichtig es für ihn war, sich seiner

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