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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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unangefochten wie bei jeder anderen.«
    »Monsieur de Siorac«, sagte Samarcas, unbeeindruckt von meinem kalten Ton, »ich bezweifle nicht, daß Ihr künftig mit äußerster Sorgfalt wachen werdet, Larissa kein zweites Mal |108| mit ihrer Zwillingsschwester zu verwechseln, denn dies hätte Folgen, die ich nicht in Betracht ziehen, geschweige denn benennen will.«
    Hiermit verneigte er sich knapp, faßte Larissa bei der Hand und zog sie mit fort.
    Verflixt! dachte ich, völlig außer mir, ums Haar hätte er mich gefordert! Hafen der Gnade, ein Duell! Hier! Und mit einem Jesuiten! Dieser Samarcas schien ja maßlos auf seine berühmte Finte zu vertrauen!
    Doch mein Zorn verrauchte, und nachdem ich mich in Muße besonnen hatte, weil Angelina noch ausblieb, beschloß ich, Samarcas nicht, wie er wollte, zu gehorchen und Larissas Streich zwar ihren Eltern und meinem Vater zu verschweigen, nicht aber Giacomi, der für das arme Kind Mitleid und Anteilnahme zu hegen schien, und vor allem nicht Angelina, die einiges Recht darauf hatte, über das falsche Spiel ihrer Zwillingsschwester unterrichtet zu sein, dazu fühlte ich mich sogar verpflichtet.
    Ich glaubte zu träumen, als ich wiederum weibliche Absätze auf den Fliesen des Wachgangs vernahm, und als sich vor dem helleren Nachthimmel die dunkle Gestalt meiner Liebsten abhob, die ihrem Reifrock zuliebe ebenfalls schräg durch den Eingang der »Pfefferbüchse« trat, bot ich ihr meine ausgestreckten Hände, die sie ergriff, doch ohne mir näher zu kommen, tief beklommen, wie es schien, um diese Stunde und an so beengtem Ort mit mir allein zu sein. Und weil sie vor Aufregung ganz atemlos war, verzichtete ich fürs erste auf die Freude, ihren frischen Mund zu küssen, und wahrte Abstand, wie die Gorgone sagte, um ihr erst einmal zu erzählen, was Larissa getan hatte. Sie hörte mir aufmerksam zu, glaube ich, doch konnte ich nicht sehen, mit welcher Miene, erkannte ich im Halbdunkel doch kaum ihre Züge. Als ich endete, schwieg sie eine Weile, dann seufzte sie.
    »Die Ärmste! Sie möchte ich sein, das ist alles!« sagte sie, doch ohne die kleinste Spur von Zorn oder Groll in der Stimme. »Sie wollte es von klein auf, und immer litt sie unter dieser unglücklichen Warze, verachtete sich dafür, fühlte sich mir unterlegen und so unwürdig, daß sie sich, wenn man sie gelassen hätte, ganz zerstört hätte. Und nur, weil sie sich selbst so feind war, hat der böse Geist in sie fahren können.«
    |109| Ich war sprachlos, obwohl ich begriff, daß Angelina nur wiederholte, was sie in ihrer Umgebung gehört hatte, und weil ich eine so allseits anerkannte Meinung nicht bestreiten, aber durch Schweigen auch nicht bestätigen wollte, verlegte ich mich aufs Scherzen.
    »Der böse Geist«, sagte ich, »hat einen breiten Rücken! War es denn der Dämon, der sie trieb, ihr Lager mit dem Pagen zu teilen?«
    »Wer sonst?« sagte Angelina mit der größten Ruhe. »Unser Cousin wird Euch ja erzählt haben, daß meine Mutter ganz vernarrt war in diesen Jungen, er war wunderschön, lebhaft, liebenswert, spielte zum Entzücken die Viole und dichtete Verse. Ich verliebte mich in ihn, um die Wahrheit zu gestehen, wie Mädchen sich in dem Alter verlieben, schwärmerisch, doch ohne ihm irgend etwas zu erlauben, und steckte mit diesem törichten Gefühl schließlich Larissa an.«
    »Aber, wenn Larissa so darauf brannte, Euch zu gleichen«, sagte ich, »wie kam es dann, daß sie nicht auch Eure Scheu und Scham nachahmte?«
    »Weil der Dämon schon in ihr war«, sagte Angelina.
    Ach! dachte ich, wie soll man eine so unumstößliche Gewißheit erschüttern, nicht einmal kratzen kann ich daran!
    »Aber«, sagte ich, »wenn ich danach gehe, was heute abend hier geschah, muß ich mich doch fragen, ob der Teufel sie wirklich gänzlich verlassen hat?«
    »Das ist eben der Punkt«, sagte Angelina, und aus ihrer Stimme klangen Schmerz und Sorge. »Pater Samarcas, den alle hier wie einen Heiligen verehren, meint, der Dämon habe Larissa zwar verlassen, verweile aber trotzdem in den Vorhöfen ihrer Seele und werde bei erster Gelegenheit in sie zurückkehren, wenn er, der Pater, nicht über sie wache. Darum will der wunderbare und heilige Mann die Seele, die er gerettet hat, bei Tag und Nacht keinen Augenblick aus seiner Obhut lassen.«
    »Wie! Auch bei Nacht?«
    »Besonders bei Nacht. Er schläft in einem Kabinett neben Larissas Kammer, und beide sind fest verriegelt und mit dicken Eichenläden vor den Fenstern,

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