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Noch mehr Krimikatzen

Noch mehr Krimikatzen

Titel: Noch mehr Krimikatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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mitgeteilt hat, daß sie seit anderthalb Jahren mit Jimmy Holt schlafe und es ihr egal sei, wer davon wisse. Als Mary Beth und Jimmy Holt Wochen später verschwanden, glaubten die meisten, sie seien zusammen durchgebrannt. Das ist schon möglich, aber ich kann mir genauso gut vorstellten, daß Harley die beiden umgebracht und ihre Leichen draußen in den Wäldern vergraben hat. Aber dann denke ich wieder, daß es gar nicht in Frage kommt, selbst wenn er es gewollt hätte. Harley ist ein Meister im Große-Töne-Spucken und Klein-Beigeben.
    Er sagt immer, eines Tages baut er an, oder er verkauft und zieht nach St. Paul, um dort etwas Vornehmeres aufzumachen, wo man sogar das Tischgedeck berechnet. Oder wie er mich ins Bett kriegen könnte. Von wegen, Harley! Vielleicht sollte ich Angst vor ihm haben, hab’ ich aber nicht. Schließlich habe ich mitgekriegt, wie er vor dem Bürgermeister und dem Sheriff oder sonst jedem kriecht, der ihm durch seine Position Scherereien bereiten oder nützlich sein könnte. Er steht auf vertrautem Fuß mit den Bullen, die alle Stammkunden sind. Ich habe nie einen von denen für einen Drink zahlen sehen. Das ist Harleys Angelegenheit, aber sie geben außerdem kein Trinkgeld. Harley weiß, was für eine Goldmine die Kneipe in einer Stadt bedeutet, die von der Rezession schwer angeschlagen ist, und er will, daß es so bleibt. Darum hat er auch einen Billardtisch in das Hinterzimmer gestellt, obwohl der Raum so klein ist, daß man aus bestimmten Winkeln kaum stoßen kann. Und dann läßt er mich diese kurzen Röcke und engen Pullover anziehen, weil er der Meinung ist, das lockt Kunden an. Harley verhält sich wie ein allzu fürsorglicher Kampfhund, wenn es um seinen Besitz geht. Vielleicht will er mich verteidigen, schließlich bin ich eine ganz passabel aussehende Frau, die gerade mal auf die Fünfundzwanzig zugeht und so. Aber ich schaue zuallererst, wo einer seine schwache Stelle hat. So wie bei dem Vorfall mit dem Windfang.
    Die letzten fünf Winter habe ich Harley in den Ohren gelegen, daß er dringend einen Windfang im Eingangsbereich bauen lassen soll. Da sich die Kundschaft von der Kälte nicht abhalten läßt, sah er allerdings keine Veranlassung dazu. Die Tische wären ohne einen gelegentlichen Schluck aus der Whiskyflasche zum Warmhalten wohl kaum noch zu bedienen, sagte ich ihm; aber er grinste bloß und meinte, ich sollte aufhören, mich zu beklagen. Schließlich teilte ich ihm mit, wenn er nicht den Windfang bauen ließe, finge ich an, Jeans und Sweatshirts zu tragen. Um ihm zu zeigen, daß es mir ernst war, erschien ich daraufhin in einer ausgebeulten Jeans und einem Pullover, der mir bis zu den Knien reichte. Am nächsten Tag rief er Fred Carson an, damit er den Anbau machte.
    Jetzt wird ein Teil der Kälte vom Windfang aufgefangen, was hilfreich ist; aber besonders gefällt mir das Geräusch, das dadurch entsteht. Öffnet man die Außentür, entsteht durch den Luftsog so ein Zischen, und mir bleiben etwa fünf Sekunden, um zu raten, wer hereinkommt. An manchen Tagen stelle ich mir vor, es sei Kevin Costner. Vielleicht ist er bis hier oben vorgedrungen, auf der Suche nach einem Drehort für einen Film, der in Sibirien spielen soll. Sein Blick wird auf mich fallen, und er wird seine Assistentin anweisen, Julia Roberts zu feuern. Das kommt vor allem an solchen Tagen vor, an denen es schneit, und ich das Gefühl habe, meine Zeit im Knast abzusitzen. Aber meistens denke ich praktischer und hoffe, es kommt irgendein netter Typ vorbei, der mich an einen warmen Ort bringt.
    Im selben Moment, als er zur Tür hereinkam, dachte ich, Tom Lloyd sei dieser Typ. Die Nacht war ruhig gewesen – vielleicht zehn Leute – wie immer am Montag. Ich stand hinter der Bar und trocknete einen Bierkrug ab. Harley befand sich im Vorratsraum, bloß Haywood Henderson, ein dürrer alter Farmer mit einem Glasauge, saß als einziger Kunde an der Bar. Einige der Tische waren besetzt, aber selbst die größten Säufer schwiegen vor sich hin. Die Musikbox spielte ›All My Exes Live in Texas‹, und Haywood erzählte mir gerade von der Gicht seiner Frau Edna, als ich das Zischen hörte. Eins… zwei… Stiefel schüttelten den Schnee ab… drei… bitte jemand Neues… vier… jedermann in der Bar drehte sich zur Tür… fünf. Sie öffnete sich, und herein kam ein Mann, der aussah, als wäre er einer Marlboro-Reklame entstiegen. Eine Augenweide, das schwöre ich. Ich wußte sofort, daß er nicht aus der

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