Noch nicht mal alleinerziehend
Anton und der zweieinhalbjährigen Claire, gemacht hatte. Kira heulte immer noch, als das BING - BANG - BONG ihre Ankunft verkündete. »Es reicht jetzt, Kira«, zischte Sven, als Kim die Tür öffnete.
»Leute, wie schön! Oh Gott, was ist denn mit dir, Kira?«, fragte Kim besorgt.
»Lass mich!«, entgegnete Kira und schoss an ihm vorbei in das Loft.
Nora zuckte erschöpft mit den Schultern, während Frauke sagte: »Ignorieren. Einfach ignorieren!«
»Kommt doch erst mal rein!«, bat Kim.
Das 180 Quadratmeter große Loft war – bis auf das Elternschlafzimmer, die zwei Kinderzimmer sowie Bad und Gäste-WC – ein einziger, riesiger Raum inklusive »Kinderparadies«. Hier gab’s eine Minihüpfburg, auf der sich auch Nora – mal unter mehr, mal unter weniger Alkoholeinfluss – gerne vergnügte, zwei Schaukeln, die von der Decke baumelten, ein Trampolin, umringt von Matten und Kissen, und ein Planschbecken voll mit Bällen. An den Wänden standen Regale mit allerlei Spielsachen. Gegenüber lag Kims »Malbucht«, wie Nora seinen Kreativbereich nannte, mit mehreren Staffeleien, einem hohen Holztisch, Körben mit Papierrollen, Farbpaletten, leeren Leinwänden, unzähligen Stiften, Kohlestücken und Kanistern mit irgendwelchen Lösungen und Pinseln. In der Mitte des Raums stand ein Ecksofa mit Fernseher, von der man einen freien Blick auf den offenen Kamin hatte. Rechts und links vom Kamin stapelten sich unzählige Holzscheite. Schräg gegenüber stand der Esstisch, ein paar Meter dahinter lag die offene Küche im Industrial-Design. Wie draußen bestimmten auch hier Holz und Weiß das Bild. Überall standen und hingen Kunstwerke von Kim, außer an der Wand zwischen Malbucht und offener Küche. Hier hingen ausschließlich Schwarz-Weiß-Bilder der Familie und ihrer Verwandten in Form eines Stammbaums. Es roch nach Maries berühmtem Thai-Curry. Schorsch und Daggi saßen bereits mit Weinkelchen auf dem Ecksofa. Ihr Sohn Axel bearbeitete mit Anton gekonnt die Hüpfburg, während die zweijährige Claire damit beschäftigt war, zwischen den tobenden Jungs wenigstens für ein paar Sekunden ihre Balance zu halten und nicht auf ihren Windelpopo zu plumpsen. Kira hatte sich heulend ins Ballbecken zurückgezogen. Nora ging zu Marie, umarmte sie und stellte die Flasche Prosecco in den Kühlschrank. »Mmmmh, das riecht köstlich. Marie. Das ist jetzt genau das, was ich brauche!«
»Abgestürzt gestern Nacht?!« Marie zwinkerte Nora zu und wandte sich dann an alle. »Leute, das Essen ist fertig. Setzt euch schon mal. Nora, hilfst du mir?«
»Klar!«
Wenig später saßen sieben Erwachsene zwischen vier Kinder-Hochstühlen am gedeckten Tisch. Nur Kira, die sich zwischenzeitlich kurz beruhigt hatte, stand in der Ecke und heulte schon wieder.
»Kira«, sagte Frauke streng. »Jetzt setz dich hin, wir wollen Essen.«
»Wiiiiiiiiiiiiiill aber deeeeeeeeeeeen Stuhl!«
»Das ist Antons Stuhl, du setzt dich augenblicklich auf den hier neben mir, verstanden?!«
»Wiiiiiill aber neben Nola!«, schrie Kira.
»Kira, es heißt No-ra, mit r.«
Nora atmete tief durch: »Komm, Kira, du kannst neben mir sitzen, o. k.?! Aber pronto, ich habe nämlich echt Hunger, du Prinzessin!«
Als das Essen endlich auf dem Tisch stand, nahm Kira diese neue Gelegenheit, um gleich wieder aufzuheulen.
Wie viel Wasser kann eigentlich noch über die Tränenkanäle aus diesem kleinen Körper kommen?, fragte sich Nora, als Kira schrie: »Ich mag das nicht!«, und sich die Hände vors Gesicht schlug. Die anderen Kinder schauten erschrocken auf.
»So, es reicht!« Sven wurde jetzt richtig laut, was Claire veranlasste, ebenfalls zu weinen. »Wenn du nicht augenblicklich aufhörst, fahren wir sofort nach Hause! Hast du mich verstanden, Fräulein?!«
Wenn das nicht genau das ist, was die kleine Zicke erreichen will, dachte Nora schmunzelnd.
»Ich weiß auch nicht, was heute mit ihr los ist«, schmiss Frauke entschuldigend in die Runde. Daggi schaute verständnisvoll und irgendwie erleichtert, weil es nicht Axel war, der den Abend zu sprengen drohte.
Nora entschloss sich, die Initiative zu ergreifen. »O. k., Leute, aufgepasst. Für alle Kinder, die schnell aufessen, gibt’s gleich ›König der Löwen‹.«
»Jaaaaaa!!«, schrien alle.
»Nora«, zischte Schorsch.
»Was?!«, zischte sie zurück.
»Das ist wirklich nicht förderlich.«
»Finde ich schon. Ich hätte nämlich große Lust, in Ruhe zu essen und mich mit euch zu unterhalten! Und außerdem – es
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