Noch nicht mal alleinerziehend
Familienglück um sich herum nicht ertragen.«
»Das ist doch lächerlich! Ehrlich! Absurd.« Nora wurde langsam wütend. »Ich hab ja auch kein Problem damit!«
»Du bist ja auch ne coole Sau, wie du heute wieder bewiesen hast«, kicherte Frauke und deutete mit dem Kopf auf ihre nun friedlich vor dem Fernseher sitzende Tochter.
»Keine Ahnung. Aber ich finde es völlig normal, mal abzutauchen, weg von allem. Warum sollte das bedeuten, dass man mit dem ›Glück‹ um sich herum nicht klarkommt? Ich mach das doch auch regelmäßig.«
»Ja«, sagte Schorsch. »Aber du machst dann keinen Kurs im Pilzesammeln und streifst dann wochenlang durch den Wald.«
»Oder lernst, wie man Bastkörbe flechtet …«, feixte Marie.
Kim lachte laut auf: »Nee, mein Favorit war der Kutschlehrgang.«
»Das war kein Lehrgang«, verbesserte Daggi. »Steffi hat das bronzene und silberne Fahrabzeichen auf der Kutsche gemacht und fährt jetzt mit wer-weiß-wie vielen Gäulen vor dem Ding für irgendwelche Schleifen auf Turniere!«
»Oder durch den Wald. Und wenn sie müde und hungrig wird, hält sie an, sammelt Pilze und kocht sich über dem offenen Feuer ein Süppchen. Ob die auch Fährten lesen kann?!« Kim liefen jetzt vor Lachen die Tränen über die Wangen.
»Na und?!«, sagte Nora. »Ich stricke! Ist doch völlig egal, Hauptsache, sie hat Spaß bei dem, was sie macht, und fühlt sich gut!«
»Und dann dieser Otto«, lachte Schorsch.
»Hermann«, mischte sich jetzt Sven zum ersten Mal ins Gespräch ein, welches Daggi gleich wieder an sich riss: »Also, bitte! Steffi stand immer auf Kerle mit Erfolg und Kohle. Männer, die ihr etwas bieten konnten. Und dann kommt sie plötzlich mit diesem Typ von der Post um die Ecke. Was fuhr der noch mal? So nen alten Käfer.«
»Das ist ja wohl scheißegal.« Nora war fassungslos. So viel oberflächliche Kacke hatte sie lange nicht mehr gehört.
»Nora! Die Kinder«, maßregelte Frauke sie.
»Ich glaube nicht, dass ›Scheiße‹ schlimmer ist, als der inhaltliche Müll, der hier gerade die Runde macht.«
Daggi erhob den Zeigefinger Richtung Nora. »Ich sag dir eins, Nora. Steffi wollte ein Kind. Egal mit wem. Und dann kam Hermann. Und jetzt zieht sie das Ding eben alleine durch! Unterhalt will sie keinen. Na ja, sie hat ja auch ihre Eltern im Rücken …«
Nora schaute Daggi ernst an: »Das kann unmöglich dein Ernst sein. Leute?!«
Keiner sagte etwas.
»Hey?! Selbst, wenn es so wäre?! Was spricht eigentlich dagegen? Zigtausend Single-Frauen adoptieren oder gehen zur Samenbank. Wenn Steffi meint, sie möchte jetzt Mutter werden, dann ist das doch ihre Sache. Auch wie und vom wem. Ich hoffe, der Zeugungsakt war wenigstens gut. Ehrlich, ich verstehe die ganze Aufregung nicht! Oder gibt’s jetzt ein Gesetz, das besagt, dass man verheiratet sein oder in einer Partnerschaft leben muss, wenn man sich ein Kind wünscht? Sie hat’s ihm ja schließlich nicht untergeschoben und zockt ihn jetzt ab …«
»Na ja …«, sagte Schorsch.
»Ey, ihr habt doch eben gesagt, sie zieht das alleine durch!« Nora war deutlich lauter geworden.
»Lass gut sein, Nora«, unterbrach Daggi sie. »Du kannst da eh nicht mitreden. Du hast dich ja gegen all das entschieden.«
»Bitte?!« Noras Stimme bebte.
»Du willst doch keine Beziehung!«
»Daggi«, ermahnte Schorsch seine Frau.
»Sag mal, spinnst du?! Ich will vielleicht keine Kinder. Ja! Und ich will auf keinen Fall als Cinderella verkleidet gen Altar schreiten, um irgendwelche Eide zu leisten, die sowieso keiner einhalten kann, die mich aber für alle Zeit knechten. Aber ich habe mich doch nicht gegen Beziehungen entschieden. Ich war zehn Jahre mit Tobi zusammen. Und natürlich will ich Liebe …«
Noras hitzige Ausführungen wurden von einem markerschütternden Schrei unterbrochen. »Auuuuuuuuuu! Maaaaaaaaaama! Wuuuuhuuuu.« Claire kam zum Tisch gerannt und hielt mit schmerzverzerrtem, tränenüberströmtem Gesicht ihr linkes Ärmchen.
»Was ist denn passiert?«, fragte Marie besorgt und nahm die Kleine auf den Arm.
Anton, der Claire gefolgt war, antwortete für seine Schwester. »Der Axel hat die Claire in den Arm gebissen – voll rein, einfach so!«
Claire streckte ihrer Mama den Arm entgegen, auf dem ein tiefer Gebissabdruck zu sehen war, der bereits unterschiedliche Nuancen von Rot und Lila angenommen hatte.
»Axel«, schrie Schorsch. »Du entschuldigst dich sofort bei Claire.«
Axel, der sich selbstbewusst, die Arme hinter dem Kopf
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