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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dunja M Pechner
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wann sie dies das letzte Mal gemacht hatte. Heute musste sie einfach. »Lauf, Ferris. Lauf!«, klang es in ihrem Kopf. Nora lächelte. »Irre. Jetzt bist du die Irre«, sagte sie – diesmal in einem viel sanfteren Ton – zu sich selbst. Sie ging zwei Runden durch den Park, ehe sie auf der Berrenrather wieder den Heimweg antrat. Bei ihrer Lieblingsbäckerei hielt sie kurz an und holte sich ein Dinkelbrötchen und ein Dinkelcroissant. Wenig später eilte sie die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf – immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Sie war klitschnass, als sie in ihrer Wohnung ankam. Aber sie fühlte sich gut. Sie sprang unter die Dusche und saß eine halbe Stunde später, mit Handtuch um den Kopf und in ihrem Bademantel, einem Brötchen mit Kräuterquark und einem Becher Kaffee, auf dem Futon-Sofa auf ihrem Balkon. Es war halb elf. Nachdem sie auch ihr Croissant mit Nutella verschlungen hatte, kuschelte sie sich in eine Decke und hielt ein langes, tiefes Schläfchen an der frischen Luft.
    Am frühen Abend kam Tobi zum verabredeten After-Birthday-Dinner. Ein Lichtblick für Nora. Endlich, ein normaler Mensch, dachte sie. Die Gesellschaft von Tobi würde ihr nach den letzten Tagen guttun. Er brachte ihr eine riesige Aloe Vera im Topf mit. Der Typ hatte es schon in ihrer Beziehung fertig gebracht, jahrelang an Nora’s Persönlichkeit und Vorlieben vorbeizuschenken. Warum sollte sich das je ändern? Auch wenn er immer den grünen Daumen gehabt hatte, konnte es ihm unmöglich entgangen sein, dass unter Noras Obhut sogar Kakteen starben. Nora wusste genau, dass der Aloe Vera das gleiche Schicksal blühte. Dennoch hatte sie fast laut gelacht, als er ihr das Ding stolz überreichte. »Wenn du dich mal kratzt oder Schürfwunden auf den Knien hast oder einen Sonnenbrand, dann kannst du ein Blatt abschneiden und den Saft darauf verteilen. Das heilt dann irre schnell.«
    »Das ist ja praktisch«, sagte Nora, die sich nicht erinnern konnte, wann sie sich das letzte Mal gekratzt hatte oder mit offenen Knien nach Hause gekommen war. Sonnenbrand hatte sie auch nie, da war sie viel zu vorsichtig. Sie benutzte Lichtschutzfaktor 60. Eigentlich musste er das wissen.
    Sie gingen zu ihrem Chinesen und bestellten die Nr. 67, Titpanplatte mit Fisch und Gambas . Wie immer, seit sie sich kannten und hier aßen. Tobi erzählte von seinem Job, wo er überall gewesen war in den letzten Wochen, welche Sportler er interviewt hatte und wie viele von denen eine Imageberaterin wie Nora nötig hätten. »Also, manche kommen rhetorisch nicht mal von A nach B. Denen müsste man ein Interviewverbot aussprechen. Das ist ja auch nicht förderlich für die Reputation der Vereine. Von den Sponsoren will ich gar nicht erst reden. Und? Hast du dich jetzt entschieden, was du machen willst?«, fragte er.
    »Ich habe keine Ahnung. Ehrlich gesagt habe ich mich derart daran gewöhnt, nicht mehr meinen Koffer zu packen und zu verreisen. Ich will nicht mehr so viel unterwegs sein. Ich habe schon überlegt, ob ich wieder schreiben soll.«
    »Na ja, du weißt, dass ich immer geliebt habe, wie du schreibst. Aber deine Stärke liegt im Umgang mit Menschen. Dafür hast du einfach ein Händchen, einen siebten Sinn. Du solltest dir überlegen, ob du nicht wieder darauf aufbauen möchtest.«
    Die Arbeit mit Menschen machte Nora wirklich Spaß. Aber irgendwie hatte sie sich in den letzten Monaten nur noch wie Mary Poppins gefühlt. Und das wollte sie nie sein.
    »Ich werde übrigens Vater.« Ohne Ankündigung oder Einleitung knallte Tobi Nora nun völlig unverhofft diese Nachricht um die Ohren.
    »Waaaaas?!« Nora war ehrlich entsetzt. Oder vielmehr geschockt. Ein komisches, kaltes und ihr völlig unbekanntes Gefühl machte sich in ihrem Brustkorb breit. Ihr Solarplexus zog sich schmerzhaft zusammen. So lange waren sie doch noch gar nicht auseinander. Eineinhalb Jahre. »Wie konnte das denn passieren?« Nora konnte sich nicht bremsen, für sie war klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Tobi lachte, er strich sich durch seine blonden, kurzen Locken und lehnte sich über den Tisch zu ihr. Seine braun-blauen Augen schauten sie zärtlich an, als er nach ihrer Hand griff. »Na, Süße, wie so etwas halt passiert. Junge verliebt sich in Mädchen, Junge und Mädchen ziehen zusammen. Junge und Mädchen sprechen über die Zukunft und beschließen, eine Familie zu gründen. Dazu hat man dann meistens S…«
    »Ja, schon gut, ich bin aufgeklärt«, fauchte sie ihn

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