Nördlich des Weltuntergangs
wenn man verkatert war.
»Von mir aus können Sie weiterfahren. Ziehen Sie Ihr Fass meinetwegen bis zum Ural. Hauptsache, Sie trans portieren auf dem Schlitten keine Waffen«, entschied der Streifenführer. Er schnallte die Skier unter, die beiden anderen taten es ihm gleich, dann glitten sie in Richtung Valtimo davon. Horttanainen trieb die Ochsen an. Die Karawane zog weiter in Richtung Osten.
Am Murtovaara wurde die Bombe in einer eigens aus gehobenen Grube untergebracht, der stabile Schlitten diente als Gestell. Die Grube lag etwa einen Kilometer vom Feldposten entfernt, sie wurde getarnt und die Abschussvorrichtung in einem Erdloch versteckt. Die Ochsen hatten ihre Schuldigkeit getan. Man würde sie wieder holen, wenn das Dorf beabsichtigen sollte, den Atomkrieg zu führen. Es war schon ein beängstigender Gedanke, dass auf dem Stützpunkt nun eine funktions tüchtige Wasserstoffbombe bereitlag. Andererseits gab das den Partisanen ein stolzes Sicherheitsgefühl: Wenn sie die Bombe inmitten der Feinde zündeten, wäre es mit deren Angriffslust garantiert vorbei. In einem Weltkrieg war alles möglich.
Nach erfolgreicher Mission kehrten Eemeli Toropai nen, Severi Horttanainen, der Schmied und die Pastorin mit den Ochsen und dem Pferd nach Hause zurück, wobei sie einen Umweg über Valtimo machten. Dort luden sie zwei inzwischen eingetroffene französische Kriegslieferungen auf den Pferdeschlitten, zwei eben jener Holzkisten mit den sonderbaren Metallplatten, die mit bemerkenswerter Beharrlichkeit immer wieder aus Frankreich an die Partisanenkompanie von Ukonjärvi geschickt wurden. Eemeli Toropainen sagte sich, dass er sich wohl ein französisches Wörterbuch besorgen muss-te, um die mitgelieferten Anweisungen zu übersetzen.
Am Löytölampi fuhr der Somalischmied Nabulah mit der Demontage des Flugzeugrumpfes fort. In dem Dü senbomber fand sich erstaunlich viel Verwertbares. Allein hunderte Meter starken Kabels, das als Zugseil geeignet war, holte er aus dem Wrack. Für das Dampf kraftwerk gewann er ebenfalls viele nützliche Teile, und die Spulen aus der Turbine des Elektrizitätswerkes am Fluss konnte er bei der Gelegenheit gänzlich erneuern. Weitere Teile der Düsenmotoren legte Nabulah für eine künftige Molkerei beiseite, die teuren Metalllegierungen des Rotors würden sich ausgezeichnet als Material für eine Buttermaschine eignen. Zahlreiche Messgeräte wurden ebenfalls einer neuen Verwendung zugeführt, zum Beispiel bekam die Kräutertrocknungsanlage von Grünberg ein hoch empfindliches Gerät für die Messung der Luftfeuchtigkeit. Auf dem Dachreiter der Kirche brachte Nabulah den Impulsgeber eines Windmessers an, die Anzeigentafel, die er dem Cockpit des Flugzeugs entnommen hatte, befestigte er an der Schranktür in der Sakristei. Aus den Spanten des Flugzeugrumpfes schmiedete er Stubbenhaken und Pflugschare.
32
In diesem Winter wurden in Ukonjärvi zwei neue Zug garne fertig. Das Fischen mit dem Wintergarn erwies sich im Vergleich zum Sommer sofort als lohnender. Die Fangplätze im Südteil des Laakajärvi-Sees waren sehr ertragreich; gleich beim ersten Mal holten die Männer an die sechshundert Kilo kleiner Maränen heraus.
Im Spätwinter fischten die Männer beinah jeden Tag. Eemeli Toropainen konnte sich wegen seiner Herz krankheit nicht mehr an der schweren Arbeit beteiligen, aber er gab kompetente Ratschläge und war gern mit draußen auf dem schimmernden Eis des großen Sees. Er pflegte sich in seinen Kirchenschlitten zu setzen, der an den Fangplatz herangefahren wurde. Der Schlitten wurde so gedreht, dass Eemeli die Sonne von vorn hatte und sich bräunen konnte, während er die Männer bei ihrer Arbeit beaufsichtigte. Der frische Wind rötete sein Gesicht, und die Sonne besorgte den Rest. Oder war die Gesichtsfarbe auf den feurigen Kräuterschnaps zurück zuführen, von dem Eemeli ab und an einen Schluck nahm?
An diesen goldenen Wintertagen war hoch oben am blauen Himmel hin und wieder ein weißer Streifen zu sehen, der sich schnell vorwärts bewegte. Es war nicht die Spur eines Düsenflugzeugs, sondern die einer klei neren Energiequelle. Wenn man solch einen sonderba ren Streifen durchs Fernglas betrachtete, konnte man feststellen, dass da eine Rakete, die auf tödliche Mission geschickt worden war, am Himmel entlangflog. Die Flugbahnen durchkreuzten den Himmel im Nordosten und Südwesten. Die Massenvernichtungswaffen hinter ließen ein wunderschönes
Weitere Kostenlose Bücher