Nora Roberts
in der Sonne blitzen sah.
»Jetzt verliert er es wie jedesmal. Er jagt ebenso automatisch, wie das Kaninchen flieht.«
»Wenn_ Sie ihn rufen, kommt er bestimmt zurück«, sagte Shannon in drängendem Ton. »Er kommt zurück und läßt das Kaninchen in Ruhe.«
Bereit, ihr einen Gefallen zu tun, stieß Murphy einen Pfiff aus, der Con fröhlich hechelnd kehrtmachen ließ.
»Danke.«
Murphy schwieg. Es wäre sinnlos, ihr zu erklären, daß Con sofort wieder losstürzen würde, sobald er die nächste Kaninchenfährte aufnahm. »Haben Sie immer in der Stadt gelebt?«
»Wenn nicht direkt, dann zumindest in der Nähe einer Stadt. Wir sind ziemlich oft umgezogen, aber wir haben immer eine dichter besiedelte Gegend gewählt.« Sie blickte auf. Während sie so neben ihm ging, kam er ihr größer vor. Was vielleicht an dem Selbstbewußtsein lag, mit dem er über die Felder schritt. »Und Sie haben immer hier gelebt?«
»Seit meiner Geburt. Ein Teil des Landes hat den Concannons gehört, aber Tom hat die Farmarbeit nie gemocht, und so hat er im Lauf der Jahre immer mal wieder ein Stück an meinen Vater und später dann an mich verkauft. Jetzt gehören ihnen nur noch schmale Streifen links und rechts von meinem Land.«
Sie hob den Kopf und blickte über die Hügel hinweg. Sie hatte keine Ahnung, wie viele Hektar sein Land umfaßte oder wo die Grenze war. »Scheint mir eine Menge Land zu sein.«
»Es ist genug.« Er kam zu einer Mauer, stieg mit einer leichten Bewegung darüber hinweg, legte Shannon zu ihrer Überraschung die Hände um die Hüfte und hob sie neben sich, als wäre sie das reinste Federgewicht. »Das hier wollte ich Ihnen zeigen.«
Sie hatte sich immer noch nicht von seiner schockierenden Kraft erholt, als sie den Kopf drehte und den Steinkreis erblickte.
Ihre erste Reaktion war weder Überraschung noch Ehrfurcht noch Vergnügen, sondern schlichte Akzeptanz.
Erst später sollte ihr der Gedanke kommen, daß sie diesem uralten Kunstwerk bereits in ihren Träumen begegnet war.
»Wie schön.« Nun allerdings wallte Freude in ihr auf. Sie schirmte die Augen mit den Händen gegen die Sonne ab und musterte, ganz die Künstlerin, die Form, die Struktur, den Ton.
Es war kein großer Kreis, und mehrere Steine, die als Stürze gedient hatten, hatten die Zeit und das Wetter von ihren Plätzen gefegt. Aber die Form war erhalten, und das Werk stand majestätisch und irgendwie magisch in einem grünen Feld, an dessen anderem Ende man Pferde grasen sah.
»Außer auf Bildern habe ich einen solchen Kreis noch nie gesehen.« Unbewußt hatte sie ihre Finger mit Murphys Fingern verflochten, so daB sie ihn mit sich zog, als sie eilig näher trat. »Es gibt alle möglichen Legenden und Theorien in bezug auf diese Steinkreise, nicht wahr? Raumschiffe oder Druiden, erstarrte Riesen oder Festplätze der Feen. Wissen Sie, wie alt er ist?«
»Ich würde sagen, so alt wie die Feen.«
Sie lachte. »Ich frage mich, ob an diesem Ort wohl Gottesdienste abgehalten oder Opfer gebracht worden sind.« Der Gedanke schickte ihr einen wohligen Schauder über den Rücken, als sie eine Hand ausstreckte und vorsichtig über einen der Steine strich.
Dann jedoch zog sie ihre Finger eilig zurück und riß erstaunt die Augen auf. Der Stein hatte Hitze ausgestrahlt, eine viel zu große Hitze für einen solch kühlen Tag.
Murphy hatte den Blick nicht für eine Sekunde von ihrem Gesicht gewandt. »Ein seltsames Gefühl, nicht wahr?«
»Ich – einen Augenblick lang war es, als hätte ich etwas Lebendiges berührt.«
Da sie sich idiotisch vorkam, legte sie entschlossen die Hand auf den Stein. Sie hatte das Gefühl, als bekäme sie einen leichten Schlag, aber sie sagte sich, daß der Grund dafür bestimmt ihre plötzliche Aufregung war.
»Dieser Kreis verströmt eine ungeahnte Kraft, was vielleicht an den Steinen liegt, vielleicht aber auch an dem Ort, an dem das Monument errichtet worden ist.«
»An solche Dinge glaube ich nicht.«
»Sie sind viel zu sehr Irin, um es nicht zu tun.« Sanft zog er sie unter einem der steinernen Bögen hindurch, bis sie genau in der Mitte des Kreises stand.
Entschlossen, nüchtern zu bleiben, kreuzte sie die Arme vor der Brust und trat einen Schritt zurück. »Wenn Sie erlauben, würde ich ihn gern malen.«
»Er gehört nicht mir. Das Land drum herum gehört mir, aber der Kreis gehört allein sich selbst. Sie können ihn also malen, wenn Sie wollen.«
»Und ob ich will!« Wieder einigermaßen entspannt,
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