Nora Roberts
Gedanke an Kuchen, den er sich dazu erhofft, der ihn derart zärtlich werden läßt«, stellte Rogan trocken fest. »Eigentlich wollte ich zu Ihnen, Shannon. Dadurch, daß ich Sie hier treffe, habe ich mir einen Teil des Weges erspart.«
»Oh!« Da es so schien, als säße sie fest, trug sie schicksalsergeben Liam ins Haus.
»Geht schon ruhig in die Küche«, sagte Murphy. »Ich wasche mich nur schnell.«
Während Liam in seinem Kauderwelsch eine Geschichte zum besten gab, setzte sich Shannon an den Küchentisch. Zu ihrer Überraschung trat Rogan an den Herd, füllte den Kessel mit Wasser, holte die Teedose aus dem Regal und wärmte die Kanne vor. Sie nahm an, daß er sein Tun als etwas vollkommen Normales betrachtete, aber er war so – elegant, dachte sie. Seine Kleidung mochte lässig sein, aber alles an ihm sprach von Geld, Privilegien und Macht.
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen?« sagte sie, ehe sie es sich anders überlegen konnte.
»Aber sicher doch.«
»Was macht ein Mann wie Sie an einem solchen Ort?«
Er lächelte, so schnell und so überraschend, daß ihr beinahe die Kinnlade herunterfiel. Sein Lächeln, erkannte sie, mußte eine seiner gefährlichsten Waffen sein.
»An einem Ort ohne Bürogebäude, ohne Theater und ohne französische Restaurants, meinen Sie?«
»Genau. Nicht, daß es hier nicht wunderschön wäre, aber ich erwarte ständig, daß irgend jemand > Schnitt < ruft, die Leinwand schwarz wird und der Film zu Ende ist.«
Rogan öffnete die Dose und nahm eins von Murphys Plätzchen für Liam heraus. »Meine erste Reaktion auf diesen Teil der Welt war eindeutig weniger romantisch. Als ich das erste Mal hierherkam, habe ich jede schlammige Meile des Wegs verflucht. Himmel, ich hatte den Eindruck, daß der Regen nie mehr aufhören würde und als wäre der Westen Irlands von Dublin durch viel mehr als nur die Meilen entfernt. Hier, lassen Sie ihn mich nehmen. Er krümelt Sie sonst von oben bis unten voll.«
»Das macht mir nichts.« Shannon zog Liam dichter an sich heran. »Und trotzdem haben Sie sich hier niedergelassen«, kam sie auf das eigentliche Thema zurück.
»Wir haben hier ein Zuhause und in Dublin eins. Das Konzept für die neue Galerie hatte ich bereits erarbeitet, ehe ich Maggie traf. Und nachdem ich sie unter Vertrag genommen hatte, verliebte ich mich in sie, setzte ihr so lange zu, bis sie mich schließlich heiratete, und verwandelte mein bloßes Konzept in die Worldwide Gallery von Clare.«
»Sie meinen, es war eine geschäftliche Entscheidung?«
»Nur in zweiter Linie. Sie ist hier verwurzelt. Hätte ich sie hier herausgerissen, dann hätte es ihr das Herz gebrochen. Also haben wir Clare und Dublin, so daß wir beide zufrieden sind.« Er stand auf, nahm den Kessel dampfenden Wassers vom Herd und goß es über den Tee. »Maggie hat mir die Skizze von Liam gezeigt, die Sie gemacht haben. Man braucht schon einiges Talent, damit man mit so wenigen Linien und Schattierungen so viel ausdrücken kann.«
»Kohle ist einfach, und Zeichnen war schon immer ein Hobby von mir.«
»Ah, ein Hobby.« Ohne seine Karten auf den Tisch zu legen, drehte sich Rogan um, als Murphy die Küche betrat. »Ist deine Musik ein Hobby, Murphy?«
»Sie ist ein Teil von mir.« Er trat an den Tisch und fuhr Liam durchs Haar. »Klaust einfach meine Kekse. Warte nur, dafür bezahlst du mir.« Er nahm den Jungen hoch und kitzelte ihn, bis er juchzend zu lachen begann.
»Laster«, forderte Liam.
»Du weißt, wo er ist, nicht wahr? Also geh und hol ihn dir.« Murphy stellte Liam auf die Füße und schickte ihn mit einem Klaps auf den Allerwertesten in den Flur. »Setz dich auf den Boden und spiel damit. Wenn ich irgendwas höre, was ich nicht hören sollte, komme ich und sehe nach.«
Während Liam aus der Küche trabte, nahm Murphy drei Tassen aus dem Schrank. »Er ist ganz begeistert von einem alten Holzlastwagen, den ich als kleiner Junge hatte«, erklärte er. »Begeistert genug, um ruhig damit zu spielen, so daß man zehn, fünfzehn Minuten ungestört Tee trinken kann. Setz dich, Rogan, ich kümmere mich um den Rest.«
Rogan setzte sich zu Shannon an den Tisch und sah sie beide lächelnd an. »Außerdem habe ich mir Ihr Gemälde vom Steinkreis angesehen. Ich hoffe, es stört Sie nicht?«
»Nein.« Doch ihre gerunzelte Stirn verriet das Gegenteil.
»Offenbar doch, und auch Brie war alles andere als glücklich, als ich darauf bestand, mir das Bild anzusehen, als sie davon sprach. Sie sagte, ich
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