Norderney-Bunker
öffnen. Sie war nicht verschlossen, nur verriegelt. Man konnte sich mit der Schulter gegen einen gewaltigen Griff aus Eisen stemmen. Von innen wie von außen. Vom Quietschen der Türangeln fuhren beide noch einmal zusammen.
Dann sagte Lübbert: „Junge. Wir haben’s geschafft. Hier ist der Bunker, in dem ich zum ersten Mal ein Mädchen geküsst habe.“
Lübbert konnte sich an das Erlebnis offenbar noch hervorragend erinnern. Mit dem Licht seines Handys tapste er zielgerichtet erst nach rechts, dann nach links. Und während Winnetou immer noch der Atem stockte, drehte Lübbert am Lichtschalter. Der warme Schein einer handelsüblichen, nackt und ohne Schirm in der Fassung baumelnden Birne gab den Gästen fürs erste Orientierung.
„Wenigstens haben wir ein Dach über dem Kopf“, sagte Lübbert, dessen Gesichtszüge sich gründlich entspannten.
Auch Winnetou schien nun irgendwie erleichtert. Doch da konnten sie noch nicht ahnen, welche unangenehme Überraschung bereits wenige Stunden später auf sie zukommen würde.
Die Volksseele kocht
Als Gent noch selbst rauchte, hatte ihn der penetrante Geruch nie gestört. Nun aber setzte sich der Qualm wie zwei daumendicke Pfropfen in den Nasenflügeln fest, während der warme, stickige Dunst gleichzeitig unaufhaltsam beißend in die Augen zog, dass ihm die Tränen liefen. Trotzdem wollte Gent nicht auf den Skatabend in seiner Lieblingskneipe verzichten. Jeden Donnerstag traf er sich mit Thomas und Hinni im Windjammer an der Kirchstraße, und wenn es die Zeit zuließ, mischte auch Pogo, der Wirt, gerne einmal mit. Dass ihm heute Abend gleich mehrere zynische Blicke entgegenfuhren, hatte er nicht gedacht. Hinni und Thomas waren noch nicht da. Dafür aber saß eine Gruppe junger Norderneyer an dem kleinen runden Tisch in der Ecke des Schankraums.
„Na, Herr Oberkommissar. Hast du den Mörder schon hinter Schloss und Riegel“, fragte ein ganz offenkundig bereits angetrunkener Blondschopf. Gent wusste, dass die johlende Dreierbande zwar im Grunde harmlos, für ihre Stänkereien aber bekannt war. Deshalb trat er den jungen Männern betont sachlich entgegen.
„Nein, ich muss euch enttäuschen“, entgegnete Gent, während er die Jacke an den Haken hing und über die Theke hinweg ein Mineralwasser bestellte. „Ich hoffe, dass wir den Fall schnell klären. Eine heiße Spur haben wir noch nicht. Aber wir ermitteln wie immer in alle Richtungen.“
Der Blonde nahm einen großen Schluck aus dem Weizenglas und prustete dann los: „Ja, ja. Das kenne ich. In alle Richtungen. Heute von Norden nach Süden und morgen von Osten nach Westen.“ Seine beiden Kumpels grölten nun los, dass man es bis nach draußen hören konnte. Gent merkte, wie sein Blutdruck anstieg. Es fiel ihm schwerer als er dachte, die Haltung zu bewahren. Wie gern hätte er sich jetzt eine Zigarette angezündet und ein Bier bestellt. Doch er hatte nicht nur seinem Arzt, sondern besonders seiner Frauke alle Eide geschworen, ab sofort gesund zu leben. Also riss er sich zusammen.
„Jungs. Passt auf. Entweder ihr unterhaltet euch vernünftig mit mir, oder ich schmeiße euch raus. Pogo wird garantiert nichts dagegen haben. Viel passt in euch sowie nicht mehr rein.“
Dass auf der Stelle Ruhe war, hätte Gent nicht gedacht. Sein ebenso rabiater wie entschlossener Gesichtsausdruck hatte offensichtlich auf der Stelle Wirkung gezeigt. Murmelnd wandte sich die Dreiergruppe wieder ihrem Bier und ihren Zigaretten zu.
Gent schnappte sich einen Hocker und nahm an der Theke Platz. Pogo hatte ihm das Mineralwasser bereits an seinen Stammplatz gestellt, als Hinni sich dazugesellte.
„Na, Gent. Wie sieht’s aus?“, fragte Hinni.
„Nichts Neues. Nur dass wir noch im Dunkeln tappen.“
„Ich habe gehört, ihr sucht zwei Typen. Irgendwelche Gangster, die sich noch auf der Insel aufhalten sollen.“
„Stimmt. Aber, ob die wirklich noch auf der Insel sind, wissen wir nicht.“
Hinni nahm den ersten kräftigen Schluck Guinness. Dann legte er die Stirn in Falten, fuhr sich durch das dünne, braune Haar, schob mit gestrecktem Zeigefinger die Brille zurück aufs Nasenbein und sagte: „Also wenn der Aden in der Nacht zu heute gekeult worden ist, dann müssen die Täter noch auf der Insel sein. Es sei denn, sie sind mit den ersten beiden Fähren um 6.15 oder 7.30 Uhr abgehauen. Die dritte Fähre ging um 8.45 Uhr. Zu der Zeit war der Hafen aber von der Polizei und der Feuerwehr bereits hermetisch abgeriegelt."
„Also
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