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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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viel Stoff zum Nachdenken. Nicht nur über den Kuss und den Rausch der Begierde, der in ihm geweckt worden war. Hatte er Latonas Reden über Vampirjäger beim ersten Mal nur für Aufschneiderei gehalten, so stieg nun das ungute Gefühl in ihm auf, sie wisse wirklich, wovon sie sprach, und dies habe nichts mehr mit der blühenden Fantasie eines Mädchens zu tun. Was sollte er jetzt machen? Zum Conte gehen und seine Geschichte erzählen? Malcolm lachte hart auf. Das würde ihm schlecht bekommen! Doch wie konnte er von dem Mädchen und den Vampirjägern berichten, ohne die Treffen zu erwähnen?
    Er wälzte das Problem in seinem Kopf hin und her. Bis er seinen Sarg erreicht hatte, war er zu der Überzeugung gelangt, der Conte habe seine Dienste sicher nicht nötig. Vermutlich wusste der Clan längst über diese Menschen Bescheid und beobachtete sie, um sie bei Gefahr unschädlich zu machen.
    Und wenn nicht? Malcolm versuchte, sein Unbehagen zu verdrängen. Selbst wenn er mit dem Conte redete, was konnte er ihm schon sagen? Er wusste nicht einmal, wo das Mädchen wohnte, wer die anderen waren und was sie planten.
    Ja, zischte eine Stimme in ihm, die er nicht hören wollte. Deine kläglichen Informationen würden nichts nützen, weil du die Gelegenheit, das Mädchen auszufragen, ungenutzt hast verstreichen lassen. Für den Kuss eines Menschen!
     
    In der nächsten Nacht machten sich Alisa und Ivy noch einmal zur Bibliothek auf. Nachdem sich Leandro in der Anatomiestunde fast zugänglich gezeigt hatte, wollten sie noch einen Versuch wagen, einmal auf eigene Faust die Bestände durchstöbern zu dürfen.
    Gleich nach dem Unterricht zogen sie los.
    »Ich möchte unbedingt mehr über Anatomie lernen und außerdem bin ich mit meinem Aufsatz über die Vampirjagd einfach noch nicht zufrieden«, sagte Alisa.
    Ivy lächelte. »Und wenn du die ganze Bibliothek umgedreht und selbst ein ganzes Buch darüber geschrieben hättest, würdest du immer noch denken, es könnte noch mehr geben.«
    »Bin ich wirklich so schlimm?«
    Ivy schüttelte den Kopf, dass ihre silbernen Haarlocken flogen. »Nicht schlimm, wissbegierig und gründlich. Zwei sehr gute Eigenschaften.«
    »Die den anderen auf die Nerven gehen!« Alisa seufzte.
    »Nur denen, die ihr Dasein allein nach ihrer Gier und deren Befriedigung ausrichten! Davon solltest du dich nicht beeinflussen lassen.«
    Alisa blieb stehen. »Aber selbst Luciano macht sich über mich lustig!«
    »Vielleicht damit er nicht zeigen muss, wie sehr er dich bewundert?«
    »Er bewundert dich!«, sagte Alisa bestimmt.
    »Oh nein. Er hat sich ein wenig in meine ungewöhnliche Lockenpracht verguckt, aber seine Bewunderung gilt deinem Geist!« Alisa seufzte noch einmal. »Was ist?«, wollte Ivy wissen. »Du bist doch nicht etwa wie die jungen Menschenfrauen, deren Putzsucht nur dazu dient, dass ihre so vergängliche äußere Hülle von Männern bewundert wird?«
    »Aber nein«, sagte Alisa so würdevoll wie möglich. »Ich hoffe doch sehr, dass ich diese menschliche Oberflächlichkeit nicht in mir trage.«
    »Ob sie allein menschlicher Natur ist, bezweifle ich«, murmelte Ivy und nickte zum Ende des Ganges hin, von wo ihnen die beiden Wienerinnen in ihren üppig mit Rüschen und Schleifen dekorierten Reifrockkleidern entgegengerauscht kamen.
    »Macht gefälligst Platz!«, herrschte Anna Christina sie an und drängte sich dann mit hochgerecktem Kinn an ihnen vorbei. Kaum waren die beiden um die Ecke verschwunden, hörten sie sie jemanden ankeifen, der ihnen leichtsinnigerweise in den Weg gelaufen war. Kurz darauf kam Luciano schnaufend herbeigestürzt. Er wirkte ein wenig, als habe er gerade einen Kampf auf Leben und Tod überstanden. Alisa und Ivy musterten ihn fast mitleidig.
    »Hier seid ihr«, keuchte er. »Ich habe euch schon überall gesucht. Wo geht ihr hin?«
    »In die Bibliothek«, gab Alisa bereitwillig Auskunft. Luciano schien enttäuscht, bot aber an, sie zu begleiten. Sie gingen weiter, überquerten den Hof und folgten dem Gang, der sie zur achteckigen Halle brachte. Stimmen schallten ihnen entgegen. Sie blieben stehen und lugten neugierig um eine der Säulen herum in die Halle.
    »Claudio, Ihr müsst herausfinden, wer dafür verantwortlich ist, und den oder die Täter entsprechend bestrafen«, forderte einer der Altehrwürdigen, den Alisa nur vom Sehen kannte. »Es ist Euer Neffe, der verschwunden ist! Wenn Ihr nicht Manns genug seid, den Vorfall zu klären, dann kann ich mich auch selbst

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