Notrufsender Gorsskij
er seine Frage gestellt hatte.
»Sie können mit uns rechnen. Gern stellen wir uns Ihnen nicht zur Verfügung, aber wir glauben, daß wir diesmal gebraucht werden.«
»Wieder einmal! Danke«, korrigierte er trocken. »Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Ohne Sie sind wir verloren. Gorsskij hätte schon vor einem Monat in dieser Zentrale erscheinen sollen. Es ist sein Fehler, daß er es unterließ. Wie hoch schätzen Sie in Ihrer Eigenschaft als erfahrener GWA-Schatten die Chancen einer Gangsterbande ein, die es sich in den Kopf gesetzt hat, die russischen Goldreserven aus der wahrscheinlich sichersten Festung der Welt herauszuholen? Nun …?«
Ich schaute ihn entgeistert an. Jedermann kannte das Wolkowgrader Bollwerk tief in Sibirien. Nur ein Narr hätte auf eine derartige Idee kommen können.
»Gleich null, Sir.«
Er nickte und stieß ein humorloses Lachen aus.
»Das hätte ich vor wenigen Stunden ebenfalls behauptet. Trösten Sie sich, HC-9 – die Festung von Wolkowgrad ist ausgeraubt worden! Ohne einen Schuß, ohne einen Verletzten. Unsere östlichen Freunde besitzen keinen schäbigen Kilogramm-Barren mehr. Dabei verfügten sie über enorme Vorräte. Sagt Ihnen das etwas?«
»Wenn Sie nicht sofort in voller Offenheit sprechen, ziehen wir uns zurück«, drohte ich, die Beherrschung verlierend. »Die Situation ist gefahrvoll, wir spüren es. Wir sind daher nicht daran interessiert, ein für Sie typisches Frage- und Antwortspiel über uns ergehen zu lassen. Also?«
McNaird hielt die Luft an. Reling, der nahezu allmächtige Abwehrchef, schaute mich durchdringend an.
»Wissen Sie schon etwas?«
»Nichts, gar nichts«, entgegnete ich mit einem scharfen Unterton in der Stimme. »Wir orten wattierte Muster. Wen hat Gorsskij mitgebracht?«
»Seinen üblichen Stab, dazu drei Wissenschaftler, Experten auf dem Gebiet der Radiobiologie und deren Auswirkungen. Okay, Sie scheinen wirklich die Nerven zu verlieren. Schade, Sie berauben mich um eine Sensation. Sie haben aber recht. Erinnern Sie sich an den mißglückten russischen Kohlenstoffbomben-Versuch des Jahres 1991? Am 10. August explodierte über Nordostsibirien eine schwere Ladung, die eigentlich mit einer Rakete in den Raum geschossen und dort zur Probezündung gebracht werden sollte. Der Versuch war eine Folge des Nuklearstoppvertrages, der jeden atomaren Test innerhalb der Atmosphäre und auch unterirdisch verbot. Wir hatten unsere Umwelt schon beina he zerstört gehabt.«
Ja, ich konnte mich sehr lebhaft erinnern. Damals war ein riesiger Landstrich Sibiriens vernichtet worden. Die weitere Umgebung galt als sekundärgeschädigt.
Dreizehn Jahre später, im Oktober 2004, war ich zusammen mit Hannibal in diese Hölle vorgedrungen. Sie hatte noch immer gestrahlt – und in ihr war ein unheimliches Leben entstanden.
Wir hatten überwiegend negative Mutanten angetroffen, Ungeheuer mit bestialischen Instinkten und Fähigkeiten.
Die Genveränderung ihrer Erzeuger hatte sich katastrophal ausgewirkt. Damals hatten wir auch einige »Positive« kennengelernt, wie sich der von einem Deneber übernommene Chef der russischen »Abschußarmee«, Marschall Potrinskij, korrekt ausgedrückt hatte.
In mir keimte eine schreckliche Ahnung. Wer konnte die stärkste Goldfestung der Welt restlos ausrauben, ohne dabei Ge walt anzuwenden? Doch wohl nur Mutanten; Männer oder Frau en von unserem Schlage.
Auf Grund meines Gesichtsausdruckes schien Reling meine Überlegungen zu erraten.
»Genauso ist es!« bestätigte er. Seine Stimme begann zu be ben. »Gorsskij ist der Verzweiflung nahe. Er
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