Nottingham Castle, letzte Tuer links
lieber hier die Stellung halten sollte. Trotzdem war ihr irgendwie
nicht wohl bei der Sache.
Sie blieb noch im Türrahmen stehen, bis beide Pferde samt Reiter am Horizont
verschwunden waren. Dann ging sie zurück ins Haus und setzte Wasser für einen Tee
auf. Melisse. Zur Beruhigung.
*
Eadric
gab seinem Pferd die Sporen. Dieser verdammte Locksley war ihm schon wieder
entwischt! Seine Soldaten durchkämmten seit Tagen das Gelände, aber alles, was
sie von dort zurückbrachten, waren Pfeile in ihren Gliedmaßen. Es war zum
Verrücktwerden!
Er
selbst war nun auf seinen Hengst gestiegen, um nach dem Rechten zu sehen. Doch
dieses Waldstück war in der Tat undurchdringlich für berittene Wachen. Und
dieser verfluchte Hurensohn versteckte sich irgendwo dort drinnen und lachte
sich ins Fäustchen! Ließ ihn, den mächtigen Sheriff von Nottingham, dastehen
wie einen Narren! Und wagte es tatsächlich, ehrwürdige Mitbürger zu überfallen,
ihnen Schmuck und Gold abzunehmen und sich damit bei der niederen Bevölkerung
einzukaufen.
Eadric
lockerte den Kragen seines Hemdes, ihm war heiß geworden vor Zorn über diesen
erneuten Fehlschlag.
Seinem
Pferd tropfte der Schaum aus dem Maul, als er es zum wiederholten Mal am Wald
entlang trieb. Irgendwo musste diese Halunkenbande doch stecken! Er brüllte ein
paar Kommandos und schickte seine Soldaten an einer anderen Stelle in den
Forest hinein.
Was
würde seine Mutter wohl sagen, wenn er erneut mit leeren Händen ins Castle
heimkehrte? Sie würde ihn einen Versager schimpfen, wie so oft. Und recht hatte
sie. Er wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und ritt
weiter.
Sie
war stets eine gute Ratgeberin gewesen, sein Leben lang. Die einzige, der er
vertraute. Alle anderen Adjutanten hatten sich als Ehrgeizlinge herausgestellt,
die nur auf ihren eigenen Vorteil erpicht waren. Blut war eben dicker als
Wasser, daran gab es keinen Zweifel. Und Mutter hatte ihm, ihren einzigen Sohn,
immer tatkräftig unterstützt. Nach dem frühen Tod des Vaters war er der einzige
Mann in der Familie gewesen und sie hatte dafür gesorgt, dass er nicht
verweichlichte, oh ja!
Er
würde sie nicht enttäuschen, er würde ganz nach oben kommen, an den Hof, wie es
seinem Namen und seinem Stand gebührte! Und selbstverständlich würde er seine
treue Mutter mitnehmen, ihr einen goldbesetzen und reich bestickten Rollstuhl anfertigen
lassen und sie weiterhin als seine Ratgeberin in alle Belange miteinbeziehen.
Sie war mit Sicherheit keine einfache Person, aber ihr Blut floss durch seine
Adern, also würde er sie stets respektieren. Ein Nottingham hatte Ehre im Leib!
Als
die Männer wiederum mit leeren Händen aus dem Waldstück kamen, erschöpft und
mit müden Rössern, brach er den Versuch ab.
„Zurück
zum Castle”, befahl er. „Wir überfallen sie zu einem anderen Zeitpunkt, wenn
sie nicht damit rechnen.”
Er
riss die Zügel herum, um sein Pferd zu wenden. Seit heute Morgen saß er im
Sattel und seine Schultern schmerzten heftig. Er würde sich die Hebamme holen,
am besten sofort, sie musste ihn ablenken von dieser Enttäuschung und ihm ein
paar schöne Stunden schenken. Der Gedanke an sie ließ ihn den heutigen
Fehlschlag ein wenig leichter ertragen.
Als
ihm dies bewusst wurde, stutze er. Verflucht, dieses Weib hatte sich schon
wieder in seinem Kopf eingenistet! Vielleicht hatte seine Mutter doch recht, es
war nicht gut, immer die gleiche Frau ins Bett zu holen. Noch dazu – und das
machte ihn jetzt richtig wütend – noch dazu eine, die es geschickt verstand,
ihm gar nicht richtig zu Diensten zu sein! Ihn zu befriedigen mit abartigen
Spielen, statt für ihn die Beine breit zu machen. Willig, so wie er es ihr
befohlen hatte! Es war kaum zu glauben, er war immer noch nicht richtig in sie
eingedrungen!
Tanzten
ihm, dem mächtigen Sheriff, nun sämtliche Untertanen auf der Nase herum? Soweit
würde er es nicht kommen lassen! Er würde ihr zeigen, wer der Herr war! Doch
aufs Castle holen konnte er sie nicht, das würde seine Mutter, die gern am
Fenster ihres Erkergemaches saß und alles beobachtete, vollkommen rasend
machen.
„Wache!”,
rief er einen seiner Soldaten zu sich. „Hol dir von irgendeinem Hof einen
Bauern und droh ihm damit, sein Hab und Gut anzuzünden, wenn er nicht gehorcht.
Dann schick ihn zum Arzt Williams und lass diesen nach Piddleton reiten.”
Der
Soldat nickte und gab seinem Pferd die Sporen.
Somit
wäre ihr Vater aus dem Weg. Und er würde sich nun
Weitere Kostenlose Bücher