Nottingham Castle, letzte Tuer links
in
österreichischer Gefangenschaft? Sein eigen Fleisch und Blut?”
„Für
sentimentales Getue ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt”, erwiderte die Alte
barsch. „Ich muss dir sicher nicht erklären, was das für dich bedeutet, Eadric.
Nun, da Richard aus dem Weg ist, steht deinem Aufrücken an den Hof nichts mehr
im Wege. Du musst dich nur unentbehrlich machen für Sir John.”
„Ich
habe bereits alle waffentauglichen Männer rekrutiert, um Sir Johns Heer zu
unterstützen”, erwiderte er. „Und du weißt, dass ich aus den Bauern alles
herauspresse, was möglich ist.”
„Das
reicht nicht! Dann lass sie eben noch mehr bluten, sie sollen ihre Kinder auf
die Felder schicken und ihre Weiber arbeiten lassen! Du musst mehr aus ihnen
herausholen als diese mickrigen Beträge, die du Sir John bisher überbracht
hast. Was bist du, ein Mann oder ein weinerliches Weib, das Mitleid hat mit dem
niederen Volk?”
„Ich
versichere dir, ich lasse ihnen sowieso nur das Allernotwendigste…”
„Herrgott
nochmal”, unterbrach sie ihn mit kalter Stimme. „Was hab ich dich eigentlich
dein ganzes Leben lang gelehrt? Nur mit Härte kommt man weiter! Verdopple ihre
Steuern, sonst kannst du Sir John nicht gegenübertreten. Sollen sie dich ruhig
hassen, Hauptsache, du erweist dich würdig für seinen Hof!”
Das
rollende Gefährt wurde ein Stück weiter bewegt. „Was ist denn eigentlich mit
diesem Bastard Locksley?”, wollte sie wissen. „Hast du ihn immer noch nicht
gefangen?”
Susannah
hörte Nottingham schwer ausatmen. „Meine Männer werden ihn bald ergreifen, das
steht fest”, erwiderte er.
„Deine
Männer, dass ich nicht lache! Eine Handvoll Schweinehirten könnte diesen Robin
Hood besser aufspüren als deine Soldaten. Was bist du nur für ein Versager,
Eadric. Ich kann es manches Mal kaum glauben, dass du meinem eigenen Leib
entsprungen bist.”
„Mutter!”
„Wenn
ich könnte, würde ich selbst in den Sherwood Forest reiten, vielleicht wäre das
eine Lösung”, spottete sie. „Sorg dafür, dass er endlich hängt! So schwer kann
das doch nicht sein. Du bist immer wieder eine Enttäuschung für mich. Tust du
das eigentlich in voller Absicht? Als wenn mein Leben nicht sowieso schon
schwer genug wäre!”
Der
Rollstuhl bewegte sich dem quietschenden Geräusch nach in Richtung der Tür. „Und
das nächste Mal, wenn mein Diener dich zu deiner Mutter rufen lässt, kommst du
gefälligst sofort!”
Susannah
hörte, wie jemand die Tür öffnete, dann entfernte sich das quietschende Gefährt
nach draußen. Zitternd verharrte sie in ihrer Ecke. Was würde er mit ihr
machen, nun, da sie mitbekommen hatte, wie seine Mutter ihn beschimpfte? Sicher
war er mehr als aufgebracht.
Ihr
Mund war schlagartig völlig ausgetrocknet. Ein Zuhörer war sicher das Letzte,
was er sich bei so einer Unterhaltung gewünscht hatte. Und vielleicht würde er
sie auf ganz einfache Art zum Schweigen bringen, mit einem kurzen Hieb seines
Schwertes. Das würde seine Mutter sicher besänftigen …
Susannah
zitterte am ganzen Leib.
Es
dauerte lange Minuten, bis er ins Zimmer kam.
Sein
Gesicht war fahl und er sah sie kaum an. „Pack deine Sachen und nimm den Weg
hinter der Kemenate, da sieht dich niemand”, befahl er ihr tonlos.
Susannah
tat, wie er ihr geheißen hatte.
*
Zwei Tage hatte Susannah nichts vom Sheriff gehört, was ihr durchaus nicht
unrecht war.
Sie
hatte kein Auge zugetan nach diesem letzten Abend, als seine Mutter so
überraschend im Zimmer nebenan aufgetaucht war. Welch abstoßende Frau! Und
Nottingham stand offenbar auch als Erwachsener noch vollständig unter ihrem
Einfluss. Susannah hatte schon damit gerechnet, dass er ihr selbst den Garaus
machen würde, weil sie Zeugin dieses Streitgesprächs geworden war. Aber
offenbar hielt er sie für völlig harmlos. Damit hatte er recht. Wer würde schon
einer dummen Hebamme glauben, wenn diese über Angelegenheiten des Königreiches
mitredete!
Ob
seine Mutter ihren Willen durchsetzte und ihm weiterhin verbot, sie, die
Hebamme, aufs Castle zu holen? Dann wäre sie fein raus. Eigentlich sollte sie
dieser Alten dankbar sein, denn die war ganz offensichtlich dagegen, dass ihr Sohn
sich regelmäßig mit der gleichen Frau traf. Susannah war sehr gespannt, ob er
sich an die Weisung seiner Mutter halten würde.
Sie
ging ins Zimmer ihres Vaters, der wieder einmal eilig weggeholt worden war,
weil es Kämpfe im Sherwood Forest gegeben hatte und Verletzte zu versorgen
waren. Es
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