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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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und
die Fahndung läuft. Ich bin ein Mörder, der gerade eine Waffe auf einen Beamten
richtet. Lisa ist für die Gesellschaft ein Klotz am Bein. Meine Frau ist tot.
In diesem Augenblick ist aller Voraussicht nach ein Trupp schwer bewaffneter
Polizisten auf dem Weg zu uns.
    „Wir
fliegen sofort.“
    „Es
tut mir Leid, aber das ist nicht möglich.“
    „Doch,
das ist möglich“, sage ich mit Nachdruck und drücke dem Beamten den kalten Lauf
an die Stirn. Er zittert. Schluckt. „Wir können Ihnen in kürzerer Zeit kein
Raumschiff flugfertig herrichten.“
    „Das
bedeutet?“
    „Allein
um die notwendigen Lebensmittelvorräte und Sauerstoffreserven an Bord zu
bringen, benötigen wir mehrere Stunden.“
    „Wie
lange brauchen Sie, um eine Maschine für einen Flug in den Raum tauglich zu
machen?”
    „Wohin
denn genau?”
    Wohin
... ? Meine Frau ist tot. Mein Sohn ist tot. Ich werde nie wieder einen
unbedachten Schritt machen können, ohne verhaftet und für mein restliches Leben
eingebuchtet zu werden. Vielleicht werde ich sogar erschossen, hier, während
ich die Waffe auf den Beamten richte, oder später, sollte ich versuchen zu
fliehen. Mir bleibt nur noch wenig Zeit, zu wenig. Es gibt keine Rettung.
Nichts spielt mehr eine Rolle.
    „Einfach
nur in den Raum”, sage ich.
    Der
Beamte schaut mich irritiert an. „Aber der Sauerstoff, wie wollen Sie –“
    „Einfach
nur in den Raum.” Ich zögere und überlege. Niemand soll unschuldig in den Tod
gehen müssen. „Autopilot”, ergänze ich. „Und zwar sofort.”
    Feuchte
Finger umklammern meine Hand und drücken sie fest. „Und zwar für zwei“, sagt
Lisa erstaunlich souverän.
    Der
Beamte telefoniert und arrangiert den Flug. Ich sehe Lisa an. Sehe, dass sie es
ernst meint; dass es ihre finale Entscheidung ist, durchdacht mit letzter Konsequenz
und deshalb irreversibel. „Lisa, du weißt …”, setze ich trotzdem an.
    „Kevin,
ich habe nichts zu verlieren.”
    „Genau
wie ich.”
    „Genau
wie du.”
    „Am
Gate Fünf steht jetzt ein Schiff bereit“, sagt der Beamte.
    Lisa
und ich spielen unser Spiel. Sie bricht die Regeln. Die Wärme ihrer Finger
beruhigt mich, und für einen Moment gleite ich aus meinem Körper und sehe uns
beide, verschwommen wie in einem Traum, von weit oben, zwei Schlafwandler, die
zum Gate und aus der Welt spazieren.
    Zurück
bleibt nur der Koffer.
     
     
    Copyright © 2012 by Sami Salamé
     
     

 

I hre
Zeitrechnung begann, als die große Maschine zerbrach. Die Lauscher meinten, es
sei ein Überdruck gewesen, der Rohre und Dampfkessel und die gewaltigen
Planetenräder weit versprengte, obwohl keine Aufzeichnungen vorhanden waren
außer den Kratzbildern auf manch alter Eisenplatte. Vielleicht hatte Kälte die
Getriebe beschädigt oder ein Sturm die Gerüste geschwächt. Es gab so viele
Geschichten wie Sterne, erzählt in den dunkleren Nächten, wenn die Feuerbüchsen
nicht brannten.
    Die
neue Maschine stand hoch auf einem Fels, wieder ein mächtiger Bau, mit einem
Dampfdom, der den Horizont füllte; mit Schloten und Schornsteinen; mit
Ventilen, Zylindern und einem Wald aus Kolbenstangen, die erst die Kurbeln und
damit die Wellen und Riemen antrieben – und dennoch: Viele Bänder kreisten im
Leerlauf oder blieben ganz gesperrt.
    Seit Stillstand wurden keine neuen Kinder gemacht.
    Es
gab vier Arbeiterklassen; einmal die Träger, zuständig für Holzfällerei und
Verkohlung und Befeuerung der Dampfkessel. Die Werker, beschäftigt mit Aufbau,
Wartung und den Reparaturen, wo nötig, falls ein Dampfrohr platzte oder ein
Zylinder den Kolben fraß. Dann die Sucher, die das Umland nach verlorenen
Teilen durchkämmten und immer weniger fanden, hier auf dem Felsen, auch unten
im Tal, meistens nur Schrauben, ein kleines Metallstück, obwohl so viele
Zahnräder fehlten. Und die Lauscher, die Älteren, die Baumeister, nach deren
Plan die Maschine instand gesetzt wurde, bisher erfolglos. Bloß Teilstücke
liefen.
    Jede
Klasse hatte einen Titanen:
    Bochochs
mit den Schaufelhänden, für die Träger. Und Orrok, der Magier, der alles
reparieren konnte. Oyo, ein Lauscher, zu dem allein die große Maschine sprach –
und Rorron, von dem noch erzählt werden soll, der beste aller Sucher. Keiner
wagte sich näher zur Sonne, keiner so weit in den Abgrund hinab, zu den Wäldern
im Schatten und tiefer … Aber der Ruhm hatte seinen Hochmut geschürt: Er hasste
das Eisen, so unrein und rostend, nicht glanzvoll für sein Format; aus Gold war
sein

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