Nubila 01: Das Erwachen
seufzte. Wahrscheinlich hatte sie soeben ihre vermutlich einzige Gelegenheit zunichte gemacht, um aus diesem Käfig zu entkommen, aber sie hatte sich einfach nicht kontrollieren können. Aus irgendeinem Grund schienen ihre Instinkte immer wieder Überhand zu nehmen und sie reagierte ganz anders, als sie eigentlich wollte. Aber sie musste auf jeden Fall eine Möglichkeit finden, um zu entkommen. Wenn Jason nämlich ernsthaft glaubte, dass sie für immer und ewig hierbleiben würde, um seine Dienerin zu sein, dann hatte er sich geirrt.
Jason hatte beschlossen, dass es das Klügste wäre Kathleen erst einmal die Gelegenheit zu geben über alles nachzudenken und hatte sich deswegen erst einmal zurückgezogen. Er hatte mit Violette geredet und war dann in sein Zimmer geflüchtet. Er musste eigentlich noch einiges erledigen und ärgerte sich regelrecht, dass er so viel Zeit mit Caroline verplempert hatte. Er wusste nicht einmal genau, weshalb er sich überhaupt auf sie eingelassen hatte. Möglicherweise hatte er sich in den letzten Monaten doch einsamer gefühlt, als er es gegenüber seiner Familie zugeben mochte.
Dabei hatte er doch wirklich genug andere Dinge zu tun. Laney redete immer noch nicht mit ihm und Kathleen schien ziemlich unwillig zu sein sich in die neuen Begebenheiten einzufügen.
Kathleen verwirrte ihn. Ihm war klar gewesen, dass er ihr alles würde beibringen müssen, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es ihn dermaßen aus dem Konzept bringen würde. Alle Diener, die er bisher kannte, waren von Theodor gekommen. Theodor hatte sie verwandelt, sie aufgezogen und erzogen. Bei ihrer Ankunft hatten sie die Regeln gekannt und gewusst wie sie sich verhalten mussten. Kathleen hingegen wusste nichts von alledem. Sie war wie ein Neugeborenes, das man vorsichtig an diese neue Welt heranführen musste. Ihre Art die Welt zu betrachten war naiv und geradezu hoffnungslos optimistisch. Sie schien zwar durchaus verstanden zu haben, dass sie von nun an eine Dienerin sein würde, aber dennoch hatte Jason das Gefühl, sie würde hoffen, dass sich dieser Zustand irgendwann einmal änderte.
Unzufrieden beugte sich Jason wieder über einige Papiere, die er eigentlich lesen wollte, aber er merkte schnell dass er sich nicht konzentrieren konnte. Sein Gespräch mit Violette war auch nicht sonderlich erfreulich verlaufen. Sie hatte ihm Vorwürfe gemacht, dass er ein blinder Vogel sei, der ja wohl hätte merken müssen dass Caroline mehr für ihn empfand als er für sie. Jason hätte sich wahrscheinlich denken können, dass Violette zu Caroline halten würde, aber das gute an der Geschichte war, dass Caroline vermutlich in den nächsten Tagen aufbrechen würde, um schlafen zu gehen. Und das bedeutete, dass Jason sich die nächsten zehn Jahre auf jeden Fall keine Sorgen um dieses Problem machen brauchte.
„ Hey, Jason“, erklang plötzlich eine Stimme hinter ihm und er drehte sich um. Cynthia stand mit verschränkten Armen in der Tür und beobachtete ihn neugierig. „Brauchst du vielleicht Hilfe?“
Sie trug einen ölverschmierten Overall, weil sie vermutlich mal wieder an einem ihrer Autos herumgeschraubt hatte. Ihr Haar war streng nach hinten gebunden und sie wirkte in dieser unweiblichen Kleidung wirkte sie sehr mädchenhaft und jung auf ihn. Als er nicht sofort antwortete schenkte sie ihm ein vorsichtiges Lächeln.
„ Hilfe wobei?“, fragte Jason, als er sich wieder daran erinnerte, dass sie ihm eine Frage gestellt hatte.
„ Ich habe von der Sache mit Caroline gehört“, sagte sie. „Das tut mir wirklich leid.“
Jason war sich nicht ganz sicher, ob sie das wirklich ernst meinte, denn wie er wusste hatte Cynthia Caroline nie sonderlich gemocht.
„ Und von Kathleen . “, fügte Cynthia hinzu. „Wie ich hörte soll sie ganz schön stur sein. Ich habe die Diener dazu gebracht mir ein wenig von ihr zu erzählen.“
Jason zuckte mit den Schultern und drehte Cynthia wieder den Rücken zu. Er hatte nicht wirklich Lust sich mit ihr zu befassen.
„ Das mit Caroline ist Carolines Problem und nicht meins“, sagte er. „Und was Kathleen angeht… Sie hat noch viel zu lernen. Verdammt viel sogar.“
Cynthia blieb einen Augenblick unsicher in der Tür stehen, bevor sie vorsichtig einen Schritt in das Zimmer hinein machte.
„ Jason…“, fing sie an. „Weißt du, es gibt da schon länger etwas worüber ich mit dir reden wollte…“
Unentschlossen sah Cynthia auf ihre Hände und schien sich jetzt erst
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