Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
weismachen, dass München der reinste Sündenpfuhl ist, in dem es jeder mit jedem treibt, ohne Rücksicht auf Verluste? Und selbst wenn es so wäre, muss jeder für sich unabhängig davon eine persönliche Geradlinigkeit entwickeln, denn die Freiheit des einen endet bekanntlich dort, wo die Freiheit des anderen beginnt - und wo dessen Gefühle verletzt werden.
Zudem stellt sich die Frage, warum er mich – Hunderte von Kilometern entfernt – angeschrieben hatte, wo er doch in München viel einfacher und besser aus dem Vollen hätte schöpfen können.
In einer späteren Kurznachricht teilt Albrecht unvermittelt mit, dass er seiner sehr attraktiven Therapeutin von mir berichtet habe und dass diese meine Reaktion vorhergesehen habe. „Was für eine Therapeutin“ antworte ich „und warum schreibst Du mir das, was habe ich mit dieser Therapeutin zu tun? Und wenn Deine Therapeutin angeblich meine Reaktion orakelt hat, dann aus dem Grund, dass diese eben weiß, welches Verhalten Du Frauen gegenüber an den Tag legst - und um dann deren Echo zu prophezeien, dazu braucht man beileibe kein Hellseher zu sein.“
Als Resonanz teilt mir Albrecht mit, dass ihm die Therapie helfe und er sich diesen Luxus gönne - womit meine Frage natürlich nicht beantwortet ist.
Wen oder was hofft Albrecht bei neuerlichen Kontakten bei Edelagentur zu finden, fragen Sie vielleicht.
Hat er Dir doch versichert, dass er Dich attraktiv findet, Sex mit Dir als explosiv bezeichnet und hat alles doch auch ganz gut angefangen. Warum also ein erneuter Anlauf bei „Edelagentur“?
Ich kann’s Ihnen sagen: Er hofft, bei „Edelagentur“ die Goldhenne zu finden, die ihm das schöne und sorgenfreie Leben ermöglicht. Eine wie seine Ex, mit dem Vater als Studiobesitzer, und einer Familie mit Geld wie Heu.
Kaum hatten wir uns das erste Mal getroffen, hatte Albrecht mir sogleich von einer ihm gut bekannten Apothekerfamilie erzählt, die sehr wohlhabend sei, und gleichsam alle Reichtümer des Ortes in sich vereinigt habe. Und an diese Apothekerfamilie habe er gedacht, als er mich über „Edelagentur“ angeschrieben habe.
Klar, denke ich nun, mit der Erfahrung, die ich in der Zwischenzeit gemacht hatte - er hatte schon damals die Dollarzeichen vor Augen, und war der Ansicht, auch ich sei ein Huhn, das goldene Eier legt. Als er gemerkt hatte, dass er sich auf dem falschen Dampfer befand, ging die Suche weiter, die Jagd nach der cash-cow .
Und in diesen Tagen muss ich oft an Albrechts Vater denken - den die Geldgier dazu gedrängt hatte, vom geraden Weg abzuweichen und sich auf kriminelle Machenschaften einzulassen - und dass diese Gier ihn letztlich in den Tod getrieben und das Leben gekostet hatte. Denn bekanntlich werden die Geldjäger selbst vom Geld gejagt, und irgendwann von diesem überholt.
Und beim Gedanken an Albrecht kommt mir auch immer wieder Gandhis weiser Spruch in den Sinn, dass die Welt genug für jedermanns Bedürfnisse hat, nicht aber genug für jedermanns Gier.
Und ich frage mich weiter, ob es tatsächlich so etwas wie eine Erbschuld gibt, die sich von einer Generation auf die nächste überträgt und in die wir unweigerlich verstrickt sind.
Setzt sich in Albrechts Familie die Habsucht und das unersättliche Verlangen nach Geld und dem schönen Leben fort und ist dieses Laster in der Familie verwurzelt wie ein uralter Baum im Boden?
Ich komme zu dem Schluss, dass es Dinge gibt, die wir nicht verstehen und die ich, wenn ich ehrlich bin, auch gar nicht verstehen will - und so beende ich meine Grübeleien über Albrecht.
Und warne Albrecht, nur in stillen Gedanken, pass auf, dass die Gier sich nicht wie eine Schlinge um Deinen Hals zieht, eine Schlinge, die immer enger wird, und Dir schließlich das Genick bricht.
Was am Ende bleibt, wenn alles aus ist, ist nur ein bitterer Nachgeschmack und die Erkenntnis, dass man es hätte besser wissen müsse.
Und so schlage ich Albrechts mehrfaches Angebot, dass man telefonieren könne, wenn ich mich wieder beruhigt hätte, auch mit allem Nachdruck aus. Denn bei mir ist das Ende der Fahnenstange schon lange erreicht.
„Wozu noch telefonieren“ frage ich ihn und auch mich selbst „sollen wir uns etwa über das Wetter unterhalten, was in aller Welt soll das bringen?“
Nach dieser Geschichte werde ich von einer tiefen Traurigkeit übermannt, gegen die ich mich nur schwer zur Wehr setzen kann. Ich fühle mich wie auf einem unendlich weiten Ozean treibend, auf
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