Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)
...«
»Ah, jetzt weiß ich es wieder!«, rief Sheila prompt. »Judy Kappel und Eden. Sie stecken unter einer Decke.«
Sie sah James erwartungsvoll an. »Geben Sie zu, James, das ist viel wahrscheinlicher als Ihre Serienmörder-Fantasie. Dieses perfide Gaunerpärchen hat die Kreuzfahrt dazu benutzt, sich davonzustehlen. Alle sollen erst einmal glauben, dass sie einem Mörder, einem Serientäter zum Opfer gefallen sind. So wie dieser Mann, der auf einer früheren Fahrt über Bord geworfen wurde. Wahrscheinlich kannten sie die Geschichte, und sie kam ihnen gut zupass. Und währendwir uns Sorgen machen, tauchen die beiden in Ruhe ab und lachen sich ins Fäustchen über unsere Blödheit.«
James schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß nicht. Die Gans ist doch noch nicht ausgenommen, um bei Ihrem Bild zu bleiben. Was für einen Sinn ergibt es zu verschwinden, wenn sie noch gar nicht an das Geld Ihrer Mutter herangekommen sind? Mit Ihrer Theorie, dass Miss Kappel und Eden Philpotts irgendwie zusammenhängen, mögen Sie vielleicht recht haben. Aber diese Geschichte ist noch nicht vorüber. Da kommt noch etwas. Das habe ich im Gefühl.«
Er blickte zum Horizont, wo das tiefe Blau des Meeres in das dunstige Hellblau des Himmels überging, und dachte an Judy Kappel, wie sie am ersten Morgen zum Frühstückstisch gekommen war. Sie hatte jugendlich-frisch und voller Lebensfreude gewirkt in ihrem weißen Twinset und den Jeans. Eine Frau in Urlaubslaune, die sich auf den Landausflug freute. »Tut mir leid, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Judy Kappel und Eden Philpotts unter einer Decke stecken«, sagte er.
»Ach, das hatte ich ganz vergessen«, sagte Sheila gedehnt. »Einigermaßen junge, einigermaßen gut aussehende Frauen, die mit Ihnen flirten, können ja nicht böse sein.«
»Unsinn. Mir ist etwas anderes eingefallen. Wissen Sie noch, als wir abends in Nizza am Hafen gesessen haben? Da kam auch Miss Kappel vorbeispaziert.«
»Ach ja? Habe ich gar nicht bemerkt!«
James lächelte. »Sie waren zu beschäftigt mit Ihren Muscheln. Aber das tut ja auch nichts zur Sache, nicht wahr. Jedenfalls spazierte Judy Kappel am Restaurant vorbei, kurz bevor wir Eden sahen.«
»Na, das passt doch perfekt«, triumphierte Sheila. »Sie haben sich heimlich getroffen.«
»Eben nicht! Sie war in Begleitung eines anderen Mannes. Deswegen war ich mir zunächst gar nicht sicher, ob sie es überhaupt ist, bis ich genauer hinsah und das weiße Twinset erkannte, das sie beim Frühstück trug, wissen Sie noch?«
Sheila schüttelte unwirsch den Kopf. »Du meine Güte, woher soll ich wissen, was diese Person vor zwei Tagen beim Frühstück getragen hat.«
»Nun, jedenfalls besteht kein Zweifel, dass sie es war.«
Sheila legte den Kopf schief. »Und Sie denken nun, es steckt noch ein weiterer Mann mit unter der Decke.«
James seufzte. Wenn Sheila einmal eine Theorie entwickelt hatte, war es schwer, sie davon abzubringen. »Nein, ich denke, dass Ihre Überlegung bezüglich Eden Philpotts und Judy Kappel falsch ist, nicht wahr. Die beiden sind kein Liebespaar. Der Altersunterschied ist viel zu groß. Er könnte ihr Vater sein.«
»Das Thema Alter scheint Sie ja ausgesprochen stark zu beschäftigen, James. Das ist doch nun wirklich kein Argument. Viele ältere Männer stehen auf junge Frauen.«
Er seufzte. »Mag ja sein, dass Eden sich für Miss Kappel interessiert, aber warum sollte es umgekehrt so sein? Eden ist weder besonders interessant noch charmant, noch sieht er blendend aus, kennt wichtige Leute, hat eine interessante Vergangenheit oder ist sagenhaft reich. Er hat doch einer jungen, attraktiven Frau nichts zu bieten.«
»Meine Güte, James, glauben Sie etwa wirklich, dass die Liebe immer nur eine Gleichung aus Attraktivitätsposten ist?«
»Ich glaube, die beiden haben nichts weiter miteinander zu tun, als dass sie beide durch die Einladung Ihrer Mutter auf diesem Schiff gelandet sind. So wie wir alle, die wir ihre Gäste sind.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Obwohl ich fast wünschte, Ihre romantische Liebespaar-Theorie würde stimmen, Sheila. Die Bonnie-und-Clyde-Nummer hätte nämlich einen großen Vorteil.«
Sheila pustete sich spöttisch eine Locke aus der Stirn. »Na immerhin, und der wäre?«
Er sah sie ernst an. »Es gäbe ein Ende.«
Sheila erwiderte seinen Blick, während ihr die Locke wieder in die Stirn fiel. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich fürchte, es wird weitere Fälle geben.«
Sheila
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