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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ist sehr unhöflich, eure Freunde einfach sitzen zu lassen! Das dürft ihr auf keinen Fall!«
    Wütend rannte sie hinter ihnen her und sah sie in den Abstellraum gehen.
    Der Computer, den sie ihnen zum Geburtstag geschenkt hatten, stand auf dem Boden, wo John ihn provisorisch eingerichtet hatte, nachdem sie ihn heute Morgen ausgepackt hatten. Beide Kinder hockten davor.
    »Luke!«, rief Naomi.
    Luke ignorierte sie, berührte die Tastatur und ein leeres Word-Dokument erschien auf dem Monitor.
    Phoebe sagte etwas zu ihrem Bruder und schlug dann blind mehrere Tasten hintereinander an, mit der Geschicklichkeit einer Sekretärin. Im ersten Augenblick war Naomi zu erstaunt, um wütend zu sein. Doch dann ging sie zur Wand und zog den Stecker heraus.
    Keines der Kinder sah sie an.
    »Das ist eure Party, Luke und Phoebe«, sagte sie. »Ihr habt Freunde zu Besuch. Mummy und Daddy haben Mr. Pineapple Head für euch gebucht, um euch eine besondere Freude zu machen. Es ist unhöflich von euch, seine Vorstellung zu verlassen und eure Freunde einfach sitzen zu lassen. Steht jetzt auf und geht sofort wieder runter!«
    Keine Reaktion.
    Voller Zorn packte sie Luke und Phoebe am Arm und zog sie hoch. Noch immer reagierten sie nicht. Sie standen einfach nur mürrisch da.
    » RUNTER !«, blaffte Naomi.
    Sie erhielt nicht die leiseste Antwort.
    Sie versuchte, sie zur Tür zu zerren, doch zu ihrem Entsetzen schaffte sie es nicht. Sie leisteten so starken Widerstand, dass sie ihn nicht brechen konnte.
    Naomi ließ Phoebes Hand los und zerrte so heftig sie konnte an Lukes, gab ihm einen Ruck, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Doch er stand da wie angewurzelt und seine glänzend geputzten Lederschnürschuhe rutschten nur wenige Millimeter über den Teppichflor, bevor sie sich hineingruben.
    Kurz davor, die Beherrschung zu verlieren, schrie Naomi: »Wenn ihr nicht sofort runterkommt, geht ihr ins Bett, und zwar beide. Kein Computer, gar nichts. HABT IHR MICH VERSTANDEN ?«
    John erschien mit der Kamera in der Hand an der Tür und fragte: »Was ist denn hier los?«
    »Dr. Michaelides hat recht«, sagte Naomi. »Wir sollten sie in ein Heim stecken, diese sturen kleinen Blagen.«
    Sie ließ Lukes Hand los. John kniete sich vor ihn und sah ihm in die Augen. Dann nahm er ihn sanft, aber fest an den Händen. »Hör mal zu, kleiner Mann, du und deine Schwester feiern eine Geburtstagsparty, und ihr habt Gäste und einen tollen Clown zu Besuch. Ich möchte, dass ihr runterkommt und euch so benehmt, wie es sich für eine Gastgeberin und einen Gastgeber gehört. Verstanden?«
    Naomi musterte Luke. Mit seinen marineblauen Hosen, dem weißen Hemd mit Krawatte, den schwarzen Schnürschuhen und dem ernsten Gesicht glich er eher einem Miniaturerwachsenen als einem Kind. Phoebe, die ein Blumenkleid mit Spitzenrüschen trug, blickte kalt wie Eis.
Ihr seid keine Kinder,
dachte Naomi schaudernd.
Ihr seid kleine, verkorkste Erwachsene.
    Mein Gott, was seid ihr bloß?
    John stand auf. Luke und Phoebe warfen einander einen undefinierbaren Blick zu. Dann folgte Luke nach einem letzten kurzen Zögern seinem Vater hinaus auf den Treppenabsatz, Phoebe ging mit zusammengepressten Lippen hinterher.
    Sie kehrten ins Wohnzimmer zurück. Luke und Phoebe marschierten feierlich nach vorne, setzten sich vor die kleine Gruppe auf den Boden und richteten den Blick starr auf Mr. Pineapple Head, der, assistiert von Ben, Teller auf Stäben rotieren ließ.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte Harriet Naomi zu.
    Nein,
hätte sie am liebsten geantwortet.
Gar nichts ist in Ordnung.
Stattdessen nickte sie lächelnd.
Alles in Ordnung. Alles in scheißbeschissen bester Ordnung.
     
    Am Abend, nachdem ihre Mutter und Harriet beide rauf ins Bett gegangen waren, stand Naomi müde in der Küche, räumte die Spülmaschine aus und reichte John die Teller an, der sie in den Schränken stapelte. Karamell und Nutella waren hellwach, pressten die Schnauzen an die Gitterstäbe ihres Käfigs und gaben lustige kleine Quietschlaute von sich, als führe man mit einem Fensterleder über eine Scheibe.
    »Dieses Internat, das Dr. Michaelides erwähnt hat – vielleicht sollten wir doch einmal darüber nachdenken. Ich bin mit meinem Latein am Ende, John. Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll. Vielleicht würden sie leichter Disziplin lernen, wenn es ihnen andere beibrächten. Vielleicht kämen sie nach ein paar Wochen zur Vernunft.«
    Sie griff nach ihrem Glas und trank es zur Hälfte aus.

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