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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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entspricht, die Sie bestellt haben, sind sie trotz allem Ihre Kinder, Ihr Fleisch und Blut.«
    »Wie soll es denn jetzt weitergehen?«, fragte Naomi niedergeschlagen. »Geraten wir in eine Endlosschleife von sozialen Experimenten? Werden Luke und Phoebe zu Laborratten von Seelenklempnern und Wissenschaftlern?«
    »Und was ist mit der ganzen
Nature-or-Nuture-
Debatte?«, fragte John. »Dr. Dettore hat behauptet, egal wie er die Gene unseres Kindes – unserer Kinder – manipuliere, mache es nur einen kleinen Teil ihrer Persönlichkeit aus. Er sagte, trotz allem würden wir als Eltern unser Kind maßgeblich prägen. Mit viel Liebe und Aufmerksamkeit müssten wir sie doch beeinflussen und formen können? Sollten nicht meine Frau und ich auf lange Sicht mehr für sie bedeuten als alles, was Dr. Dettore getan hat?«
    »Unter normalen Umständen würde ich Ihnen im Wesentlichen zustimmen. Letzte Woche haben wir uns doch über
Epistemic boundedness
unterhalten, im Zusammenhang mit der Funktionsweise und den Grenzen menschlichen Verstandes. Das manipulative Verhalten Ihrer Kinder lässt jedoch darauf schließen, dass die für Menschen üblichen Grenzen für sie nicht gelten. Im Alter von drei Jahren zeigen Ihre Kinder Charakteristika, die ich bei fünfmal so alten Jugendlichen erwarten würde.«
    Sie schraubte den Verschluss einer Mineralwasserflasche auf und füllte ein Glas auf ihrem Schreibtisch. »Am wichtigsten für alle Eltern ist es, eine Verbindung zu ihrem Kind aufzubauen. Eine Bindung. Mir kommt es so vor, als fehle Ihnen diese Bindung und als sehnten Sie sich danach. Sehe ich das richtig?«
    »Ja«, bestätigte Naomi. »Vollkommen. Ich bin ihre Dienerin, sonst nichts. Ich wasche sie, gebe ihnen zu essen und räume hinter ihnen her. Mehr kann ich nicht tun – und das wollen sie auch nicht. Neulich hat sich Luke geschnitten, wollte aber nicht von mir in den Arm genommen werden. Stattdessen ist er zu Phoebe gegangen und hat ihr die Wunde gezeigt. Er hat sich nicht mal bedankt, als ich ihm ein Pflaster daraufgeklebt habe.«
    »Ich glaube, es könnte ganz hilfreich für Sie sein, sich mit einigen der anderen Eltern zu unterhalten, sofern sie dazu bereit sind.«
    »Gibt es noch andere außer uns in England?«, fragte Naomi.
    »Nicht, dass ich wüsste, aber es muss noch viele geben, von denen ich bisher nichts gehört habe.«
    »Ich möchte unbedingt mit anderen Eltern sprechen, meinetwegen sonstwo auf der Welt«, sagte Naomi.
    Die Psychologin trank einen Schluck Wasser. »Ich werde sehen, was sich arrangieren lässt – aber ich warne Sie, haben Sie nicht zu hohe Erwartungen. Patentlösungen gibt es nicht. Alle, mit denen ich bisher gesprochen habe, haben mir gesagt, sie seien in genau der gleichen Situation wie Sie.«
    »Haben noch andere dieser Kinder ihre Haustiere getötet, so wie Luke und Phoebe es getan haben?«, fragte John.
    »Ein Zwillingspaar in La Jolla, in Kalifornien, hat den Cockerspaniel der Familie erdrosselt, nachdem sich der Vater über sein ständiges Gebell beklagt hatte. Sie dachten, ihr Vater würde sich freuen, weil sie das Problem für ihn beseitigt hatten. Ein deutsches Zwillingspaar hat in Krefeld der Hauskatze die Kehle durchgeschnitten. Die Mutter hatte geschrien, weil sie eine Maus mitgebracht hatte. Dass diesen Kindern die Tötungshemmung gegenüber anderen Lebewesen fehlt, könnte eine gemeinsame Eigenschaft sein. Dabei sind sie jedoch nicht etwa grausam; vielmehr handeln sie nach einem vollkommen anderen Wertesystem. Was Sie und ich für normal erachten, gilt für sie nicht.«
    »Aber es müsste doch Mittel und Wege geben, sie zu erziehen?«, fragte Naomi. »Es muss Methoden geben, wie wir als Eltern mit ihnen umgehen können, und die sollten Sie uns vermitteln.«
    »Ich glaube, wir sollten mit den anderen Eltern reden«, sagte John. »Wir sollten das Angebot annehmen, Schatz, und uns mit so vielen wie möglich austauschen.«
    »Sie haben offenbar glückliche Kinder, die ihren Weg gehen, Dr. Michaelides«, sagte Naomi. »Bestimmt können Sie sich gar nicht vorstellen – wie – wie unzulänglich ich mich fühle. So leer. Als sei ich bloß ein Wegwerfbehälter, in dem sie eine Mitfahrgelegenheit ergattert haben. Ich will die Babys zurück, die ich geboren habe, Dr. Michaelides, das wünsche ich mir. Ich will meine Kinder zurück, nicht die Freaks, sondern normale Kinder. Bitte helfen Sie mir dabei!«
    Die Psychologin lächelte sie verständnisvoll an. »Das verstehe ich, das

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