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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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brauchen einen Krankenwagen …«
    Er wurde von dem Heulen einer Sirene in der Ferne unterbrochen.
    »Lara«, flüsterte der Mann noch einmal. Seine Augen erstarrten und weiteten sich für einen kurzen Augenblick, als sähe er sie jetzt. Dann drifteten sie wieder ab, ohne etwas wahrzunehmen.

98
    IN DER FERNE ROTIERTE ein scheinbar frei schwebendes Blaulicht, das kein bisschen näher zu kommen schien. Eine Sirene heulte, schien aber nicht lauter zu werden. Vielleicht wollten sie gar nicht zu ihnen, sondern waren anderswohin unterwegs, wie Naomi befürchtete, während sie über den Rasen stolperte und mit wachsender Verzweiflung alle paar Augenblicke » LUKE ! PHOEBE !«, rief. Sie starrte in die Büsche, in die Schatten, dann blickte sie wieder zurück zu John, der noch immer neben dem Mann hockte, dann wieder zu dem Blaulicht, dann über die dunklen, leeren Felder.
    In das Nichts, das ihre Kinder verschluckt hatte.
    Jetzt wurde die Sirene lauter, und plötzlich befürchtete sie, die Kinder würden auf der Auffahrt spielen und die Polizei übersähe sie in ihrer Eile und bei dieser Dunkelheit. Mit ihren durchnässten Pantoffeln balancierte sie mühsam über das Viehgitter und leuchtete mit ihrer Taschenlampe in die Finsternis, ohne die Kälte und den strömenden Regen zu bemerken. Über die unbefestigte Auffahrt stolpernd rief sie wieder: » LUKE ! PHOEBE ! LUKE ! PHOEBE !«
    Scheinwerfer durchbohrten jetzt die Dunkelheit vor ihr. Zwillingsblaulichter glitten an der Hecke unten an der Auffahrt entlang. Alarmierend schnell. Naomi trat an den Rand. Ihr Morgenmantel blieb an einer Brombeerranke hängen, aber sie achtete gar nicht darauf, sondern schwenkte wild ihre Taschenlampe.
    Als das Auto um die Kurve bog, stand sie paralysiert wie ein Kaninchen im grellen Scheinwerferlicht. Das Auto hielt direkt neben ihr. Der Lack reflektierte das Blaulicht wie abprallende Splitter, und so prallten sie auch vom Gesicht der Polizistin ab, die das Fenster herunterließ und unter ihrer Mütze hervorspähte. Eine Stimme sprach krächzend aus dem Funkgerät im Wageninneren, und der Polizist am Steuer sagte etwas, was Naomi nicht verstand.
    Hektisch zeigte Naomi zum Haus und stieß atemlos hervor: »Ein Verletzter – da – ein Notarzt – haben Sie Kinder gesehen – unterwegs – auf der Straße – zwei Kinder?«
    Die Polizistin musterte sie besorgt und antwortete: »Ist jemand bewaffnet? Droht jemand mit einer Waffe?«
    »Nein, ein Mann wurde angeschossen«, sagte Naomi. »Kopfschuss – da – da hinten liegt er – und meine Kinder – meine Kinder sind weg!«
    »Geht es Ihnen nicht gut? Möchten Sie einsteigen?«, fragte die Polizistin.
    »Nein, ich muss meine Kinder suchen!«, erwiderte Naomi.
    »Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen.«
    Noch bevor sie den Satz beendet hatte, schoss das Auto los und klapperte über das Viehgitter. Naomi sah die Bremsleuchten aufglühen, als es auf dem Kies anhielt, sah die Polizistin und ihren Kollegen aus dem Auto springen.
    Naomi drehte sich um und lief weiter den Zufahrtsweg entlang, dem Strahl der Taschenlampe folgend. Ihre Pantoffeln klatschten auf den Asphalt und alle paar Schritte rutschte sie heraus. Sie trat bis zum Knöchel in eine Pfütze, verlor die Pantoffeln, zog sie wieder an und rief, schon ganz heiser: » PHOEBE ? LUKE ? LUKE ? PHOEBE ?«
    Auf halbem Wege die Straße entlang führte ein offenes Tor auf ein Stoppelfeld, auf dem sie manchmal mit Luke und Phoebe spazieren ging. Mehrere Fasane, die in einem Jagdrevier in der Nähe von Caibourne gezüchtet wurden, hatten hier eine Zuflucht gefunden, und Luke und Phoebe machten sich einen Spaß daraus, sie aus ihren Verstecken aufzuscheuchen. Kichernd lauschten sie dem seltsamen Geräusch ihres Flügelschlags und ihren metallischen Schreien. Naomi betrat das Feld, leuchtete mit der Taschenlampe umher und rief nach ihren Kindern.
    Stille. Nur die Geräusche des Windes und das Quietschen der Torangeln. Und eine weitere Sirene.
    Wenige Augenblicke später raste auf der Straße ein zweiter Streifenwagen vorbei. Sekunden darauf, wie in seinem Kielsog, folgte ein dritter Wagen mit vier Insassen, ungekennzeichnet und ohne Sirene. Man hörte nur das Röhren des Motors und das Rauschen der Räder.
    Naomi stolperte weiter und rief in kurzen Abständen die Namen der Zwillinge. Sie weinte vor Angst, Verzweiflung und Erschöpfung. »Luke! Phoebe! Wo seid ihr? Antwortet mir! Wo seid ihr?«
    Die Morgendämmerung setzte ein. Wässrig

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