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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Händen ein Rechteck in die Luft. »Antrag! In Personalabteilung. Oben. Zweiter Stock.«
    »Ich brauche die Uniform sofort, den Antrag bringe ich später runter!«, entgegnete Lara. »Ein Notfall!«
    Die Frau zuckte mit den Schultern, brummelte verärgert vor sich hin und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
    Lara griff sich rasch einen Schwesternkittel und ein Häubchen – nur Schuhe konnte sie nirgendwo finden. Ihre Turnschuhe mussten genügen. Viele Schwestern hier trugen ganz ähnliche. Sie verbarg alles unter ihrem weiten Anorak, nahm ihre Tasche und eilte hinauf ins Erdgeschoss, wo sie in die nächstbeste Toilette huschte, sich in eine Kabine einschloss und sich umzog.
    Sie brachte ihre Tasche ins Parkhaus, schloss sie im Kofferraum ihres Wagens ein und kehrte ins Krankenhaus zurück. Sie ging eilig, wie eine Schwester, die nicht zu spät zur Arbeit kommen will, nahm diesmal einen Seiteneingang und stieg wieder hinauf zur Station für Neurochirurgie.
    Das geht ja ganz leicht,
dachte sie.
Gar kein Problem, man muss nur selbstbewusst auftreten!
    Als sie am Schwesternzimmer vorbeikam, zog sie eine Subkutanspritze und eine Ampulle aus der Tasche und hielt beides offen in der Hand. Der Polizist las immer noch in seiner Zeitung und hob kaum den Blick, als sie sich näherte.
    »Hat Ihnen jemand Tee gebracht?«, fragte sie munter.
    Sein Gesicht hellte sich auf. »Nein, schon seit einer Weile nicht, aber ich würde mich über eine Tasse freuen.«
    Mit einem besonders freundlichen Lächeln sagte sie: »In zwei Minuten!«, betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Dann blieb sie stehen.
    Und starrte ihn an.
    Jenen Mann, an den sie in den letzten drei Jahren jeden Tag und jede Nacht gedacht und für den sie stets gebetet hatte. Timon. Lieber, lieber Timon, mit seiner sanften Stimme und seinen liebevollen Händen. Sie starrte sein verzerrtes, geschwollenes Gesicht an, die durchsichtigen Beatmungsschläuche in seinen Nasenlöchern, die Infusionsschläuche in seinem Handgelenk und das Gewirr von Drähten, die von Elektroden an seinem Kopf zu einer großen Maschine mit ungefähr zehn verschiedenen digitalen Anzeigen führten.
    Sie trat ans Bett und betrachtete die weiße Mullbinde über seiner Stirn und die geschlossenen Augen. Sie berührte seine freie Hand und drückte sie. »Timon«, flüsterte sie. »Hör zu, ich muss mich beeilen, ich habe keine Zeit. Ich bin’s, Lara. Kannst du mich hören?«
    Zu ihrer Freude spürte sie, wie er ebenfalls ihre Hand drückte, als wolle er antworten.
    Dann öffnete er die Augen.
    »Timon!«, sagte sie. »Timon, mein Liebling!«
    Er rollte mit den Augen, als versuche er, sie anzusehen, habe aber die motorischen Fähigkeiten dazu verloren.
    »Hör mir zu«, flüsterte sie. »Ich muss dir etwas sagen. Du hast einen Sohn, einen wunderhübschen Jungen, er heißt Saul. Unser Sohn!« Eine Träne lief ihr über die Wange. »Er ist jetzt fast zweieinhalb. Er wird so stolz auf dich sein!«
    Die Augen des Apostels weiteten sich. Er öffnete den Mund. »Lara!«, murmelte er. »Lara!«
    Sie warf einen nervösen Blick auf die Tür, befreite ihre Hand, stach die Nadel durch das Siegel der Ampulle und zog die Spritze auf. Sie machte sich nicht die Mühe, etwas Flüssigkeit herauszuspritzen, damit garantiert keine Luft in die Vene geriet. Stattdessen beugte sie sich nach vorn und küsste ihn auf die Stirn. »Ich muss das tun«, flüsterte sie. »Es tut mir so leid! Aber wir müssen sichergehen, dass du nicht versehentlich etwas verrätst. Das verstehst du doch, oder?«
    Er verdrehte die Augen, und für eine Sekunde war sie sich sicher, dass er sie tatsächlich ansah. Und ihr sein Einverständnis signalisierte.
    Dann suchte sie rasch eine Vene an seinem Handgelenk, stach die Nadel hinein und injizierte ihm den gesamten Inhalt der Spritze.
    »Auf Wiedersehen«, flüsterte sie, als sie die Nadel herauszog. »Auf Wiedersehen, mein lieber, süßer Apostel.«
    In diesem Moment öffnete sich die Tür.
    Lara drehte sich um und stand einer Schwester Mitte vierzig mit strenger Miene und schwarzen Locken gegenüber, auf deren Namensschild SCHWESTER EILEEN MORGAN stand.
    »Wer sind Sie? Was geht hier vor? Was machen Sie …«
    Lara rammte ihr die Spritze in den Nacken, stürzte aus dem Zimmer, prallte mit einem Mann in weißem Kittel zusammen, einem Arzt, stieß ihn beiseite, ignorierte die Rufe hinter ihr, rannte den Flur entlang, am Schwesternzimmer vorbei und dann die Treppen hinunter.
    Sie sah sich

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