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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ihren Plakaten noch immer vor ihrem Haus kampierten. Bei Lori und Irwin fühlte sie sich sicher. Sie hatten elektrische Tore und Überwachungskameras und ringsum Schilder mit der Warnung »Betreten verboten. Bei Zuwiderhandlung Schusswaffengebrauch« am Zaun angebracht. »Was genau ist denn mit den Leuten und ihren Kindern passiert?«
    Die Ampel sprang auf Grün. Lori bog ab und beschleunigte den Sunset Boulevard hinunter. »Der Mann, Marty Borowitz, war sagenhaft reich«, erzählte sie. »Irwin hat ihn übrigens einmal kennengelernt. Ihm gehörten eine Supermarkt- und eine Hotelkette. Er, seine Frau und ihre beiden einjährigen Zwillinge wurden im ausgebrannten Wrack ihres Autos gefunden – in der Einfahrt ihres Hauses. Angeblich eine Autobombe. Schrecklich!«
    »Warum mussten sie sterben?«, fragte Naomi. »Gibt es eine Erklärung dafür?«
    »Darüber wurde nichts gesagt.«
    Sie schlugen die Doheny South ein, vorbei am Four Seasons Hotel und durchquerten Wilshire über den Olympic und den Pico Boulevard. Naomi sprach kaum, sondern konzentrierte sich auf den Verkehr, blickte auf die Straße vor ihnen und die Häuser rechts und links, ohne irgendetwas davon richtig wahrzunehmen.
    Es gab so viel Gewalt auf der Welt, so viel Hass. Da war der eigene Sohn an einer furchtbaren Krankheit gestorben und man versuchte, dem zweiten Kind ein besseres Leben zu garantieren. Doch wie sehr man sich auch bemühte, es würde immer Leute geben, die glaubten, sie hätten ein Recht, einen zu töten oder aus dem eigenen Haus zu vertreiben, weil sie missbilligten, was man getan hatte.
    Die Freaks mit dem grauen Kleinbus und dem alten LTD standen immer noch auf dem Bürgersteig, jetzt nur noch nur hundert Meter vor ihnen, der Bekloppte mit seinem Pferdeschwanz und die schweigenden Frauen – selbsternannte Wächter ihres Glaubens.
    Die Nachrichtensender waren abgezogen und nur wenige Reporter harrten in ihren Fahrzeugen aus. Ein Fotograf schoss ein Foto von ihnen, als sie sich näherten, einem anderen Auto entstieg eine junge Frau mit einem kleinen Mikrofon.
    »Möchtest du reingehen?«, fragte Lori und fuhr langsamer.
    »Nein, lieber nicht.«
    »Ich finde, wie beide sollten zusammen reingehen, um denen zu zeigen, dass wir uns nichts aus ihnen machen. Solange sie davon ausgehen, sie hätten euch aus eurem Haus vertrieben, fühlen sie sich als Sieger.«
    »Vielleicht sind sie das auch«, erwiderte Naomi. »Ich wollte nur Mutter werden, Lori. Keine Märtyrerin.«
    »Wenn du es wirklich so siehst, solltest du vielleicht besser an eine Abtreibung denken«, entgegnete Lori. »Denn du wirst nicht nur vorübergehend tapfer sein müssen, oh nein, sondern für die nächsten zwanzig Jahre, vielleicht sogar länger. Eventuell wirst du dich dein Leben lang gegen Anfeindungen zur Wehr setzen müssen. Das ist dir doch hoffentlich klar, oder?«
    »Fahr in den Carport«, sagte Naomi.
    Lori tat es.
    Sie stiegen aus.
    »Hallo, Mrs. Klaesson? Ich bin Anna Marshall von …«
    Lori drehte sich mit einer Feindseligkeit zu der Frau um, die Naomi noch nie an ihr gesehen hatte. » VERPISS DICH , DU SCHMEISSFLIEGE !«, keifte sie. Die junge Frau erschrak so, dass sie mehrere Schritte zurückwich. Naomi leerte den Briefkasten und kurz darauf standen sie im Haus hinter der abgeschlossenen Tür.
    Naomi sah Lori an. »Das war ziemlich wirkungsvoll.«
    »Du musst in der Sprache mit ihnen reden, die sie verstehen.«
    Naomi lachte nervös.
    »Und die Glaubensfanatiker haben nicht gebissen.«
    »Sind wohl Vegetarier«, bemerkte Naomi. Sie ging die Post durch, trat ans Wohnzimmerfenster und starrte hinaus. Hass war ein Gefühl, das sie nie zuvor empfunden hatte, jedenfalls nicht im eigentlichen, wahren Sinne. Abneigung, ja, Zorn, ja, sogar blinde Wut. Aber Hass war etwas Neues, und genau das empfand sie gegenüber den Leuten mit den Plakaten. Einen tiefen Hass, von dem sie nicht gewusst hatte, dass sie dazu fähig war.
    Um fünf Uhr nachmittags, nach dem Mittagessen und einer Shoppingtour mit Lori auf dem Rodeo Drive, bei dem sich Naomi für nichts begeistern konnte, kehrten sie nach Lago Vista zurück. An der Tür wurden sie von John begrüßt. Sein Gesicht war aschfahl, vollkommen blutleer. Er begrüßte die Frauen fröhlich, aber Naomi merkte sofort, dass etwas Schlimmes geschehen war.
    Einige Minuten später, in der Abgeschiedenheit ihrer Gästezimmer, erzählte er es Naomi.
    »Kalle Almtorp hat mich angerufen. Hast du das mit dem Ehepaar und den beiden Kindern

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