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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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die Clubraum-Ruhe im Inneren. August. Sommer in England. Stickige, feuchte Luft. Zwischen den grauen Wolken sah man nur hier und dort ein Stück blauen Himmel. Naomi erinnerte sich daran, dass es oft so aussah, kurz bevor es zu regnen begann. Aber es machte ihr nichts aus. In Los Angeles war Regen die Hölle, in England dagegen okay. Hier mochte es regnen, soviel es wollte – solange John und sie hierher zurückkehren konnten, war es ihr egal, wie viel Sonnenschein sie opfern musste.
    Sie fuhren in Richtung Süden. In der Ferne erspähte sie die grünen Wellen der South Downs. Hier waren sie und John gewesen, kurz nachdem sie sich kennengelernt und ineinander verliebt hatten. Naomi hatte ihn mit nach England genommen, erst nach Bath zu ihrer Mutter und Harriet, die beide sehr angetan von ihm gewesen waren. Anschließend war er mit ihr nach Sussex gefahren, um sie Carson Dicks und seinen anderen Freunden von der Universität vorzustellen. Stolz hatte er sie präsentiert wie eine Trophäe, aber das hatte ihr nichts ausgemacht. Sie waren beide wahnsinnig glücklich gewesen.
    Und jetzt war sie wieder glücklich. Glücklicher als …
    Der Schmerz schlug ohne Vorwarnung zu. Es war, als sei in ihr ein Kastenteufel herausgesprungen und eine Faust am Ende versuche, sich einen Weg aus ihrem Bauch herauszuboxen. Jeder Muskel in ihr schien sich zusammenzuziehen, zu zucken und ruckartig wieder nachzugeben. Sie klappte vornüber und prallte so fest gegen den Sicherheitsgurt, dass er ihr in die Haut schnitt und sie aufschrie. Dann stieß sie eine Reihe tiefer, schrecklicher, zittriger Stöhnlaute aus, die umso lauter wurden, je schlimmer der Schmerz sie quälte, immer schlimmer, so extrem, dass sie die Augen schloss und sich auf die Lippen biss. Ganz am Rande bekam sie mit, dass der Mercedes einen heftigen Schlenker vollführte und Johns Laptop herunterfiel. John schreckte hoch, starrte sie in verwirrter Panik an und glaubte im ersten Moment, sie hätten einen Unfall gehabt. Dann sah er Naomis Gesicht und hörte wieder ihre Stimme.
    »Schatz? Schatz?«
    Die Schmerzen verschlimmerten sich noch mehr, als würde ihr Inneres mit einem weißglühenden Messer herausgetrennt.
    »Biiitte nicht … oh … biiiiitte nicht … nein … nein …«
    » ANHALTEN !«, brüllte John.
    Eine Vollbremsung. Lautes Hupen.
    »Hilfe-Hilfe-Hilfe-Hilfe-Hilfe …«
    Sie fuhren seitlich auf den Randstreifen. Ein Lkw donnerte nur wenige Zentimeter an ihnen vorbei. Naomis Gesicht war aschfahl, verzerrt und tränenüberströmt. Blut quoll ihr aus dem Mund. Sie zitterte wie ein wild gewordenes Tier im Käfig, schüttelte den Kopf, dass die Haare flogen und stieß immer schneller dieses schreckliche Stöhnen aus.
    Sie blutet aus dem Mund. Oh mein Gott! Sie stirbt. Verdammt, nein, was haben Sie mit ihr gemacht, Dr. Dettore?
    »Schatz … Schatz … Naomi … Schatz …«
    Das Stöhnen verstummte.
    Das Blut tropfte von ihrer Lippe, nicht aus ihrem Mund.
    Einen Moment lang war es still. Naomi drehte ihm das Gesicht zu, die Augen starr, als erblicke sie einen Dämon, das Gesicht zu einem Ausdruck verzerrt, den er nicht deuten konnte, Schmerz, Hass oder beides. Dann flüsterte sie ihm leise zu: »Hilf mir! Bitte hilf mir, John. Ich kann das … das … nicht noch mal … aaaaaaaaaaaaaaaaaaa!«
    Sie bäumte sich heftig auf, ihre Augen drehten sich weg, sie fing an zu zittern und stieß ein Stöhnen aus, das nicht mehr aufhören wollte und bestimmt dreißig Sekunden lang, ja, vielleicht sogar eine Minute oder länger andauerte, John hätte es nicht sagen können. Verzweifelt versuchte er, klar zu denken und sich vorzustellen, was in ihr vorgehen könnte.
Eine Fehlgeburt? Oh Gott!
    Er fühlte ihre Stirn. Sie war klamm vor Schweiß. »Schatz«, sagte er. »Alles wird gut, du wirst sehen, gleich geht’s dir besser.«
    Sie gab zusammenhanglose Worte von sich und schüttelte heftig den Kopf, aber er verstand nicht, was sie ihm sagen wollte, und auch in ihren wilden Augen konnte er keine Botschaft lesen.
    »Schatz!«, beschwor er sie. »Bitte beruhige dich, beruhige dich und erzähl mir, was los ist, bitte, sag’s mir!«
    Sie versuchte zu sprechen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken, als sie erneut zu zittern begann. Dann rammte sie sich die Rückseite ihres Handgelenks in den Mund und biss mit geschlossenen Augen darauf herum.
    John wandte sich an den Fahrer. »Wir brauchen einen Notarzt! Oder ist hier irgendwo in der Nähe ein

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