Nur dein Leben
dümmlichem Lächeln, lauschte offensichtlich, was Naomis Unbehagen noch vergrößerte.
»Tja, es liegt wohl einfach an der Art, wie Luke und Phoebe mit den anderen Kindern hier umgehen. Sie gehören zu den Jüngsten in der Gruppe, sehen aber nicht so aus und verhalten sich auch nicht so. Sie wirken viel älter, schon allein körperlich, aber auch ihr Benehmen entspricht ganz und gar nicht ihrem Alter. Sie terrorisieren die anderen, ein anderes Wort fällt mir dazu nicht ein.«
»Sie terrorisieren sie? Aber das ist doch lächerlich!«, protestierte Naomi.
Die Spielgruppenleiterin nickte. »Ich weiß, es klingt lächerlich, aber ich habe sie heute die ganze Zeit beobachtet und muss sagen, dass ihr Verhalten ziemlich unsozial ist. Sobald sie hereinkamen, sind sie zum Computer gegangen und haben kein anderes Kind herangelassen. Wenn andere Kinder es versucht haben, haben entweder Luke oder Phoebe sie so wütend angegiftet, dass sie anfingen zu weinen. Beim letzten Mal war es genau dasselbe. Sie wollen einfach nicht teilen und können nicht akzeptieren, dass auch die anderen Kinder das Recht haben, mit allem zu spielen.«
»Ich werde mit ihnen reden«, versprach Naomi. »Sie müssen lernen, nicht so egoistisch zu sein. Es tut mir leid, ich …«
Pat Barley schüttelte den Kopf. »Nein, mir tut es leid. Es ist einfach so, dass zwei Mütter ihre Kinder heute nicht gebracht haben, weil Luke und Phoebe da waren. Auch andere Mütter haben gedroht, ihre Kinder aus der Gruppe herauszunehmen.« Sie wirkte plötzlich sehr verlegen. »Es ist mir wirklich äußerst peinlich, und ich finde es einfach schrecklich, aber ich muss Sie bitten, Ihre Kinder aus der Spielgruppe herauszunehmen. Vielleicht sollten Sie versuchen, Sie in einer Gruppe mit älteren Kindern unterzubringen – zu Fünfjährigen würden sie gut passen, ja vielleicht sogar zu Sechsjährigen. Ich bedauere es sehr, aber hier sind sie nicht mehr willkommen.«
64
AUF DEM NACHHAUSEWEG beobachtete Naomi mehrmals ihre Gesichter im Rückspiegel. Luke und Phoebe saßen mucksmäuschenstill in ihren Kindersitzen. Jedes Mal, wenn Naomi sie anblickte, erwiderten zwei Augenpaare ihren Blick. Es fiel ihr schwer, sich auf die Straße zu konzentrieren.
»Mummy ist ein bisschen sauer auf euch«, sagte sie, innerlich aufgewühlt und zittrig. »Ich habe gehört, dass ihr nicht nett zu den anderen wart. Stimmt das, Luke? Phoebe?«
Schweigen.
Sie schlängelte sich an zwei Radfahrern vorbei. »Luke?«, fragte sie, eine Spur strenger. »Phoebe? Ich rede mit euch. Ich habe euch etwas gefragt. Ich erwarte eine Antwort! Ja oder nein?«
Das Schweigen auf dem Rücksitz hielt an. Sie bog in die Auffahrt ein und bremste scharf und wütend vor der Haustür. Als sie ausstieg, brüllte sie: »Ihr wollt Spielchen spielen? Dann viel Spaß damit!«
Sie knallte die Tür zu, drückte zornig auf den Knopf der Zentralverriegelung und marschierte zum Haus. Im Schutz der Veranda schaute sie hinüber zum Auto. Der Regen prasselte noch genauso heftig nieder und durch die Seitenscheibe konnte sie gerade so die reglose Gestalt Phoebes erkennen.
Sie ging ins Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
Ihr könnt schön draußen warten, verdammt und zugenäht! Da lernt ihr mal, dass nicht immer alles nach eurer Nase geht. Ich muss euch dringend ein paar Manieren und etwas gutes Benehmen eintrichtern, bevor ihr euch zu zwei ziemlich unangenehmen kleinen Gören entwickelt.
Sie hängte ihren nassen Regenmantel an die Garderobe, hob das Gemeindeblättchen von der Fußmatte auf und ging in die Küche, zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um lesen zu können. Sie füllte Wasser in den Kocher, schaltete ihn ein, löffelte Instantkaffee in eine Tasse, setzte sich, legte den Kopf in die Hände und fragte sich, was sie tun sollte.
Aus der Spielgruppe rausgeschmissen. So ein Mist!
Sie rief John an, erreichte aber nur die Mailbox. »Bitte ruf mich an«, sagte sie. »Wir haben ein Problem, ich muss mit dir reden.«
Das Wasser kochte, und sie schaltete den Kocher aus. Reglos blieb sie stehen und überlegte, was sie unternehmen konnten. Sollten sie noch einmal mit ihnen zu dem Verhaltenspsychologen Dr. Talbot gehen, der sie für hochintelligent hielt? Sie musste jemanden finden, der ihnen helfen konnte, sie steckten in einer Situation, die …
Das Telefon klingelte. In der Hoffnung, es sei John, stand sie auf und nahm es aus der Wandhalterung. »Hallo?«, meldete sie sich kurz angebunden. Es war
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