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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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reisten mit dem Geld, das sie bis dahin verdient hatten, nach Thailand. Es war eine herrliche Zeit gewesen. Sonne und Wärme, ein billiges Leben, und man konnte rund um die Uhr feiern, wenn einem danach war. Und ihnen beiden war danach. Sie selbst hatte zunächst ihre Bedenken gegen all die Drogen, die dort im Umlauf waren, halluzinogene Pilze und billige Diätpillen, die einen tagelang tanzen ließen, aber in Jannes Gesellschaft fühlte sie sich sicher und ließ sich zu Dingen überreden, die sie ansonsten nie auszuprobieren gewagt hätte.
    Nach fast einem Jahr fuhren sie wieder nach Hause, heirateten und bekamen Kinder. Aber Janne kam nie wieder richtig im Alltagsleben an. Er experimentierte weiter mit seinen Drogen, und Lena wusste, dass er nicht einmal bei der Arbeit nüchtern war. Er wurde gleichgültig und abgestumpft, und als sie die Todesnachricht von einem Brückenbau im Westen der Stadt erreichte, war sie am Boden zerstört, aber nicht überrascht.
    Elise war gerade geboren worden, und ihr Leben zerbrach. Kurz nach dem Unfall starb ihre Mutter an Krebs und kurz danach auch ihr fünfzehn Jahre älterer Vater. Aber ihre Mädchen hatte sie niemals im Stich gelassen. Trotz aller Trauer und Trübsal hatte sie nicht aufgegeben, war immer für sie da gewesen. Hatte sie getröstet und ihre Wunden verpflastert. Ihretwegen hatte sie sich zusammengerissen, auch wenn es nicht immer ganz leicht gewesen war. Keine neuen Männer nach Janne, keine Drogen. Außer dem Alkohol natürlich, dem sie nie widerstehen konnte, obwohl sie sich unzählige Male geschworen hatte, damit aufzuhören. Und jetzt stand sie hier und starrte sich in ihrem Badezimmerspiegel an. Aufgedunsen und faltig und rot im Gesicht. Und vom Weinen wurde es nicht besser.
    Mit kullernden Tränen auf den Wangen setzte sie sich auf den Badewannenrand und ließ der Trauer um ihre Tochter freien Lauf. Zum ersten Mal, seit sie die Nachricht von Jennifers Tod erhalten hatte, überließ sie sich ihren Gefühlen. Sie sah ihr kleines, geliebtes Mädchen vor sich, bleich und nackt auf einer metallisch glänzenden Bahre in einem weiß gekachelten Raum. Ein unerträglicher Anblick. Sie brauchte dringend etwas zu trinken.

Montagabend
    S chon am Morgen hatte Hanna vorausschauend gehandelt und alle Packungen aus dem Tiefkühlfach gezogen, denen sie von außen ansehen konnte, was sich darin befand. Jetzt kniete sie auf Papas Stuhl in der Küche und aß kalte, aber nicht mehr gefrorene Fleischklößchen direkt von der Tischplatte. Am Vormittag hatte sie eine ungeöffnete Packung Leberpastete im Kühlschrank gefunden und hatte nach langem Zögern schließlich doch das große Messer benutzt, um sie aufzumachen. Und es war ihr gelungen, ohne dass sie sich dabei geschnitten hatte. Dann hatte sie die ganze Leberpastete ohne Brot verschlungen, aber es war lecker gewesen, und satt war sie auch geworden.
    Am Morgen hatte sie erst eine Weile in ihrem Zimmer gespielt, aber sie hatte sich einsam dabei gefühlt. Obwohl sich außer ihr niemand in der Wohnung befand, fühlte sie sich sicherer, wenn sie in einem der Zimmer war, in dem sich sonst auch der Rest der Familie aufhielt. Sie hatte ihren kleinen Puppenwagen voll mit Spielsachen geladen und ihn ins Wohnzimmer gezogen. Anschließend hatte sie den Rest des Tages mit ihren Spielsachen vor dem Fernseher verbracht. Obwohl sie das meiste von dem, was sich auf dem Bildschirm abspielte, nicht verstehen konnte, war es ihr lieber, sich in einem Raum voller Stimmen und Geräusche aufzuhalten. Als sie sich am Nachmittag langsam müde zu fühlen begann, hatte sie sich eine Weile im Bett der Eltern schlafen gelegt und war erst wieder aufgewacht, als die Sonne schon niedrig am Himmel stand.
    »Dumme Barbro«, sagte sie laut vor sich hin.
    Diese dumme Barbro, die versprochen hatte, zu kommen und sie zu retten. Sie hatte zwar gesagt, dass es eine Weile dauern könnte, aber jetzt hatte Hanna schon eine Ewigkeit gewartet. Und den ganzen Tag hatte niemand angerufen. Nicht einmal Mama. Wenigstens Mama könnte doch anrufen und eine Weile mit ihr reden. Auch wenn sie nicht mehr hier wohnen wollte. Hanna hatte selber versucht anzurufen, aber nirgendwo war jemand ans Telefon gegangen. Sie stopfte sich noch ein Fleischklößchen in den Mund, und das war so groß, dass der Mund ganz voll davon wurde.
    »Gumme Gaggo«, kam heraus, als sie zu sprechen versuchte.
    Das klang lustig. Sie lachte, dass ihr die Fleischklößchenbröckchen aus dem Mund

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