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Nur ein Augenblick des Gluecks Roman

Titel: Nur ein Augenblick des Gluecks Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dianne Dixon
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der Kommunionbank der St.-Sebastians-Kirche gekniet hatte.
    Und dann hatte sie Kevin geheiratet.
    Kevin stammte aus einer großen, krakeelenden Familie ungebildeter Yankees; ein mit Vorurteilen beladener Clan, dessen karg bemessener Stolz sich allein aus der Tatsache speiste, dass sie in Neuengland geboren und aufgewachsen waren, wenngleich im eher ländlichen Bereich. Kevin war dünn und drahtig und gewalttätig, wenn er trank. Er arbeitete im Lager eines Supermarkts, wo er Dosensuppe und Frühstücksflocken und Pintobohnen mit dem Gabelstapler transportierte, weil die Reparaturwerkstatt, die er zusammen mit seinem Bruder eröffnet hatte, seine Zeit als Amway-Vertreter und der Job, bei dem er Swimming-Pools am Telefon verkauft hatte, ihn nicht reich gemacht hatten, obwohl er jedes Mal fest davon überzeugt gewesen war.
    Angela war inzwischen 35 und mit einem Kind schwanger, das sie nicht geplant hatte; enttäuscht, weil sie nicht mehr in der Lage war, mit einem Blinzeln die Knie der Männer weich werden zu lassen, und unglücklich, weil sie
dem Mann, den sie geheiratet hatte, nichts weiter verdankte als ein baufälliges Haus und einen motorlosen Wagen auf dem Hof.
    Kevin und Angela hatten zwei vorpubertäre Kinder - eine Tochter, Angie, und einen Sohn, Kevin junior, der taub war. Als an einem Septembernachmittag T. J. bei ihnen auftauchte, hatten sie außerdem ihr erstes Pflegekind.
    Anfangs hatten sie sich von ihrer besten Seite gezeigt. Es kam ihnen vor, als seien sie mit einem zahlenden Gast gesegnet worden, der recht wenig Platz beanspruchte und die meiste Zeit damit zubrachte, still eine Reihe von Fotografien in einem Spiralheft zu betrachten oder vor einem Miniaturklavier zu sitzen, auf dem er sich selbst das Spielen beibrachte und zusammenhanglose, melancholische Klänge hervorbrachte. Doch es dauerte nicht lange, bis sich die Loudons an T. J. Anwesenheit gewöhnt hatten, so dass der alte Groll und die alten Enttäuschungen wieder ihre wahren Persönlichkeiten hervortreten ließen. Bis Weihnachten hatte Kevin wieder mit dem Trinken begonnen, Angela war im siebten Monat schwanger, und sie stritten sich.
    Der Streit drehte sich ums Geld. Er begann beim Abendessen und zog sich in die Nacht hinein.Als das Dröhnen ihrer Stimmen bis ins Zimmer drang, das T. J. sich mit Kevin junior teilte, wachte T. J. auf. Er schreckte hoch und sah, dass Kevin junior schlief, eingehüllt in seine Taubheit.T. J. spürte, dass er allein war, und er begann zu zittern.
    Seit er im Haus der Loudons wohnte, hatten die Rhythmen der häuslichen Gewalt ihn erschreckt und seine Aufmerksamkeit geschärft. Diese Gewalt schaukelte sich auf wie eine Wiege. Kevin begann, dann zog Angela nach; dann schaukelten sie beide mutwillig immer schneller, bis die Wiege bedrohlich schwankte. Bis alles explodierte. Es folgten
unausweichlich die Geräusche von Gegenständen, die durchs Zimmer geworfen wurden. Und Angelas Kreischen. Und das Bellen der Hunde. Und Angie, die aufwachte und weinend von Zimmer zu Zimmer lief und ihren Daddy anflehte, doch aufzuhören.
    In der Dunkelheit seines Schlafzimmers erkannte T. J. am Dröhnen der Stimmen im Wohnzimmer genau, dass das Chaos seinen Lauf nahm. Bald würde der Lärm splitternden Glases und zerberstender Möbel das Haus füllen. Er kletterte aus seinem Bett wie ein kleines, verwundetes Tier, das einem Flächenbrand zu entkommen versucht. Er lief zum Schrank, nahm das Spiralheft aus dem blauen Koffer und kroch zurück ins Bett. Die bebenden Arme verschränkte er über der Brust; darunter hielt er das Notizbuch ganz fest. Das Zittern seines Körpers begann erst schwächer zu werden, wenn er sein Gesicht zur Wand drehte und sagte: »Kenn ich meinen Namen …? Aber ja, aber ja. Mein Name, der ist Justin. Und auch Fisher, ist doch klar.«
    Im Wohnzimmer tobte die Auseinandersetzung weiter. Kevin schrie, dass die Weihnachtsgeschenke, die Angela für Angie und Kevin junior gekauft hatte, scheiße wären. Angela schrie, dass sie sich nur Scheiße leisten könnten, weil er ein Versager wäre, und dass sie sich wünschte, er wäre tot.
    Kevin packte Angela und zerriss ihr Nachthemd. Und Angela lief, unbekleidet, in Kevin juniors Zimmer. Sie versuchte, die Tür hinter sich zu schließen, doch Kevin stieß sie mit einem Tritt auf, und Splitter des Türrahmens landeten auf dem Bett seines Sohnes. Kevin - das Gesicht knallrot, die Venen am Hals bläulich hervortretend und den Atem voller Whiskygeruch - zerrte seine nackte

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